Grafschaft. Zwei Ärzte aus dem Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft erklären was eigentlich genau hinter den Begriffen Long-Covid und Post-Covid steckt.

Long-Covid, Post-Covid. Was ist das eigentlich genau? Womit haben ehemalige Corona-Patienten genau zu kämpfen? Dr. Peter Haidl und Privat Dozent Dr. Dominic Dellweg beschäftigen sich am Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft mit Long-Covid. Ein Doppelinterview:

Was für Symptome bringt Long-Covid mit sich?

Dr. Haidl Klassisch treten Long-Covid-Symptome vier Wochen nach der Corona-Infektion auf. Nach drei Monaten werden sie dann Post-Covid-Symptome genannt. Die beiden Begriffe werden also nur nach der jeweiligen anhaltenden Dauer verwendet. Im Schnitt haben aber nur ungefähr 13 Prozent der Corona-Patienten mit diesen Symptomen zu kämpfen.

Dr. Dellweg In den meisten Fällen ähneln die Symptome denen einer Depression. Die Patienten sprechen davon, dass sie sich oft schläfrig, abgeschlagen und lustlos fühlen. Andere leiden aber auch an Atemnot und eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit.

Wie lässt sich feststellen, ob man Long-Covid hat?

Dr. Haidl Diese Symptome sind keine eigene Krankheit. Man kann aber durch verschiedene Tests durchführen. Wie zum Beispiel eine Belastungsuntersuchung auf dem Fahrrad, damit kann festgestellt werden, wie stark der Körper noch mit den Nachwehen zu kämpfen hat.

Wieso haben Patienten diese Symptome überhaupt so lange?

Dr. Dellweg Das ist nicht untypisch für Infektionskrankheiten. Wir wissen natürlich auch noch nicht alles darüber. Das Virus gibt es erst seit zwei Jahren. Was man aber sagen kann: Bei Autopsien von Corona-Patienten ist klar geworden, dass der Virus sich in vielen Organen festgesetzt hat.

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Wie kann man die Long-Covid-Symptome behandeln?

Dr. Haidl Ein Medikament gibt es nicht. Der Faktor Zeit ist bei der Behandlung ganz wichtig. Wir wissen, dass die Symptome im Laufe der Zeit immer schwächer werden. Wenn man die Diagnose erhält, muss man geduldig sein. Natürlich kann eine Reha helfen und auch mäßige Belastung. Das haben wir auch schon rausgefunden: Eine zu starke direkte Belastung nach einer Infektion ist nicht gut für den Körper.

Was sollte man tun, wenn man denkt, dass man an Long-Covid leidet?

Dr. Haidl Der erste Weg führt zum Hausarzt. Der kann dann durch Tests, vor allem Bluttests schauen, ob die Krankheitsanzeichen wirklich mit einer Corona-Infektion in Verbindung stehen. Allerdings gibt es nicht einen beweisenden Laborwert. Auch eine nicht bemerkte Corona-Infektion kann solche Folgen haben. Über den Nachweis bestimmter Antikörper kann eine solch unbemerkte Infektion nachgewiesen werden. Dann kann weitergeschaut werden, ob eine Behandlung erforderlich ist, oder nicht.

Dr. Dellweg Keinesfalls sollte man Bedenken haben, sich bei seinem Hausarzt zu melden, weil dieser eventuell die Symptome anders deutet. Ich habe auch schon gehört, dass Patienten Bedenken hatten, sich wegen Schläfrigkeit bei einem Arzt zu melden. Sie befürchten dann, man würde ihnen sagen, dass sie sich doch bitte nicht so anstellen sollen. Aber das ist nicht richtig. Man sollte durch einen Arzt abklären lassen, ob es Long-Covid ist oder nicht.

Herr Dr. Haidl, es soll demnächst auch eine Selbsthilfe-Gruppe für Long-Covid-Patienten geben?

Dr. Haidl Das ist richtig. Die ist in Planung. Die Anfrage kam tatsächlich von der Arnsberger Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen. Zuerst soll es eine Online-Veranstaltung geben. Dr. Dellweg und ich werden erst kurze Impulsvorträge halten und danach in die Interaktion mit den Betroffenen gehen. Was uns da genau erwartet, wissen wir noch nicht, freuen uns aber schon auf die Aufgabe. Der Termin wird zeitnah in der Presse bekannt gegeben.