Nuttlar/Velmede. Bestwiger Tankstellenbetreiber bekommen den Frust der Autofahrer über die Spritpreise ab. Aber wann und wo tankt man eigentlich am günstigsten?

Vollgetankt wird nur noch selten. Kevin Mikus als Betreiber der Esso-Tankstelle in Velmede wundert das angesichts der aktuellen Spritpreise nicht. Bei 1,69 Euro liegt der Preis für den Liter Benzin gerade. Auch heute wird sich dieser Preis im Laufe des Tages wieder mehrmals ändern. Mal rauf! Mal runter! Mal zwei oder drei Cent! Mal 8 oder 10 Cent. „Es ist quasi ein Glücksspiel“, sagt Kevin Mikus, während sein Vater Christoph zustimmend nickt. Er betreibt die Avia-Tankstelle in Nuttlar.

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Nicht selten haben die beiden und ihre Angestellten zuletzt den Ärger der Autofahrer abbekommen. In Velmede mehr, in Nuttlar weniger. „Ich habe eher den Eindruck gewonnen, dass die Leute inzwischen abgestumpft sind und den Preis wortlos hinnehmen, weil viele von ihnen wissen, dass es sowie nichts ändert, wenn sie sich darüber aufregen“, sagt Christoph Mikus. Sohn Kevin und sein Team in Velmede haben da zuletzt ganz andere Erfahrungen gemacht. „Hin und wieder lassen die Kunden ihren Frust schon bei uns ab“, sagt er. Die meisten seien zwar höflich, aber es gebe eben auch solche, die auf Krawall gebürstet seien. Die Intention ist bei allen die Gleiche: „Macht den Sprit mal wieder günstiger!“

„Irgendwann macht es Klick und der neue Preis ist im System“

Wenn das nur so einfach wäre! „Wir haben mit der Höhe des Spritpreises rein gar nichts zu tun“, stellt Kevin Mikus klar und ergänzt: „Die Preise werden von den Mineralölkonzernen vorgegeben. Als Tankstellenbetreiber bist du da machtlos“. Anders sei es zwar bei den Freien Tankstellen. Aber auch dort orientiere man sich in der Regel an den Preisen der anderen Anbieter.

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Rund acht bis neun Mal ändern sich im Laufe des Tages die Preise. Vollautomatisch! Die Zeiten, in denen mit einer Leiter händisch die Zahlen an der großen Preistafel an der Straße ausgetauscht werden mussten, sind schließlich längst vorbei. Wann eine Preisänderung kommt, ob der Preis steigt oder ob er sinkt, das wissen Kevin und Christoph Mikus ebenso wenig, wie all ihre Kolleginnen und Kollegen. „Irgendwann macht es Klick und dann ist der neue Preis im Kassensystem, an den Säulen und an der großen Tafel“, erklärt Christoph Mikus. Als alter Hase im Geschäft kann er sich gut noch an die Zeiten erinnern, in denen Tankstellenbetreiber durch die Gegend gefahren sind, um die Preise der Mitbewerber zu checken und entsprechend darauf zu reagieren. Auch das ist im digitalen Zeitalter Geschichte.

Wer nicht volltankt kommt öfter

Christoph Mikus an seiner Avia-Tankstelle in Nuttlar.
Christoph Mikus an seiner Avia-Tankstelle in Nuttlar. © Frank Selter

Für die beiden macht es keinen Unterschied, ob der Liter Benzin 1,77 Euro oder 1,19 Euro kostet. „Du verdienst als Tankstellenbetreiber im Schnitt rund 1,5 Cent pro Liter, ganz egal wie hoch der Preis gerade ist“, stellt Mikus klar. Das aber wüssten eben nur die wenigsten. „Es gibt wirklich Leute, die glauben, dass sich Tankstellenbetreiber bei den aktuellen Spritpreisen eine goldene Nase verdienen“, schiebt er hinterher.

Mitnichten! „Das Geld an einer Tankstelle verdienst du mit dem Bistro, dem Backshop, dem Kiosk oder einer ordentlichen Waschanlage“, erklärt Christoph Mikus. Und das alles läuft trotz - oder gerade wegen - der hohen Benzinpreise sehr gut. Denn: Wer nicht volltankt, sondern nur halb, der kommt öfter vorbei und nimmt sich bei der Gelegenheit eben noch was aus dem Shop mit.

„Am billigsten tankst du dort, wo du gerade stehst“

Ob es Sinn macht, abends zu tanken, weil dann der Spritpreis am günstigen ist? „Statistisch und auf längere Sicht gesehen, mag es sein, dass der Preis abends im Schnitt günstiger ist“, sagt Christoph Mikus. Eine Garantie dafür gebe es aber nicht. „Du kannst abends genau so viel Pech haben, wie in der Mittagszeit. Aus seiner Sicht mache es auch wenig Sinn, den Spritpreisen aus diversen Handy-Apps hinterherzujagen, um möglichst günstig den Tank vollzubekommen. Schon gar nicht, wenn damit eine längere Fahrt verbunden ist - und das nicht nur wegen des zusätzlichen Benzins, das dabei verfahren wird, sondern vor allem deshalb, weil sich in der Zwischenzeit der Preis längst wieder geändert haben kann. „Ich sage immer: Am billigsten tankst du dort, wo du gerade stehst“, erklärt Christoph Mikus. „Ändert die eine Tankstelle ihren Preis, kannst du davon ausgehen, dass die anderen innerhalb weniger Minuten nachziehen.“

Verkauf extrem angestiegen

Dass der Spritpreis an den Tankstellen auf der Autobahn noch einmal deutlich teurer ist, als an allen anderen Tankstellen, bekommt Christoph Mikus vor allem an seiner Tankstelle in Assinghausen zu spüren. Es ist die letzte vor der Autobahn. „Dort ist der Verkauf zuletzt extrem angestiegen“, sagt er. Aber wenn es nach ihm ginge, dann hätten ohnehin alle die gleichen Preise: „Das würde vieles deutlich einfacher machen!“

  • An der Avia-Tankstelle in Nuttlar entsteht aktuell eine überdachte Ladesäule für Elektro-Fahrzeuge. Sie soll bereits in Kürze in Betrieb genommen werden. Rund 15 Minuten soll es dauern, bis ein E-Auto an der Säule komplett geladen ist.