Wennemen. In Wennemen bei Meschede wird eine Marihuana-Plantage entdeckt. Nachher entwickelt sich ein bizzarer Streit zwischen Dealer und Krankenkasse.

Ausgerechnet ein Dealer fordert jetzt ein Recht ein, Marihuana rauchen zu dürfen – und die Kosten dafür soll ihm auch noch seine Krankenversicherung erstatten. Der bizarre Streit wird noch das Sozialgericht beschäftigen. Dies wurde bei einem Prozess am Landgericht Arnsberg bekannt. Der Dealer darf inzwischen sogar Cannabis offiziell besitzen.

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Verfolgen wird der 33-Jährige die Entscheidung des Sozialgerichtes im Gefängnis.

In Wennemen bei Meschede hat die Polizei eine Plantage mit Marihuana entdeckt - die erste Ernte war herangereift und trocknete für den Verkauf.
In Wennemen bei Meschede hat die Polizei eine Plantage mit Marihuana entdeckt - die erste Ernte war herangereift und trocknete für den Verkauf. © picture alliance/dpa | Abir Sultan

Denn die 4. Große Strafkammer am Landgericht hatte ihn zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt – wegen Drogenhandels. Im Sommer 2020 fand die Polizei bei einer Durchsuchung seiner Wohnung im Obergeschoss eines Hauses in Wennemen eine Marihuana-Plantage – die erste Ernte war gerade herangereift, als die Polizei kam. Der Mann war dabei, sie für den Verkauf zu trocknen. Bei ihm fanden sich auch noch Kokain und Haschisch.

Die Richter folgten seinem Verteidiger Otto Entrup (Meschede), wonach es zumindest nicht um ein bewaffnetes Handeltreiben mit Drogen ging – das hätte eine noch härtere Strafe bedeutet. Denn bei dem Mann waren zwar unter anderem ein Colt gefunden worden, der aber nicht einsatzfähig war. Eine Machete, die die Polizisten auch entdeckten, hatte ihm ein Bekannter zur Reparatur überlassen, sagte er. Der Mann gab an, er möge Waffen: „Ich bin als Naturmensch viel im Wald und brauche die Waffen wegen der Wildschweine.“ Gegen Menschen würde er nie Waffen einsetzen, versicherte er.

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Vor dem Gefängnis bewahrte ihn das nicht – denn er hatte bereits zehn Vorstrafen. Als die Polizei seine Plantage aufdeckte, stand er bereits unter laufender Bewährung (nach einer letzten Verurteilung wegen Hehlerei).

Der Dealer verlangt von seiner Krankenkasse die Übernahme von Kosten, um Marihuana rauchen zu dürfen. Cannabis-Tabletten vertrage er nicht, sagt er.
Der Dealer verlangt von seiner Krankenkasse die Übernahme von Kosten, um Marihuana rauchen zu dürfen. Cannabis-Tabletten vertrage er nicht, sagt er. © dpa | Oliver Berg

Außerdem: Ebenfalls im Sommer 2020 hatte er in der Mescheder Innenstadt Marihuana an Minderjährige verkauft – zwei Fälle waren ihm nachzuweisen. Außerdem erklärte er, gegen den Rat seines Verteidigers, nicht in Therapie gehen zu wollen. Vor Gericht gab er an, ständig unter Schmerzen zu leiden. Nur mit Drogen könne er die lindern, sagte er. Er habe eine Borderline-Erkrankung.

Wegen seiner Schmerzsymptome besitzt er inzwischen sogar eine offizielle Ausnahmegenehmigung von der Bundesopiumstelle - den hat er allerdings erst nach der Polizeiaktion erhalten. Die Behörde überwacht in Deutschland den legalen Markt mit Betäubungsmitteln und erteilt gegebenenfalls Kranken auch Nutzungsgenehmigungen. Deshalb darf der 33-Jährige zu medizinischen Zwecken Cannabis besitzen – allerdings nur in Form von Tabletten. Die Kosten dafür trägt seine Krankenkasse.

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Mit der streitet sich der Dealer allerdings: Wegen seiner Magenprobleme vertrage er keine Cannabis-Tabletten – ihm bekomme es nur, wenn er Marihuana rauche. Das Sozialgericht hat dafür ein entsprechendes medizinisches Attest angefordert.

>>> HINTERGRUND <<<

Bedingung für den Einsatz von medizinischem Cannabis ist: Nach Einschätzung des behandelnden Arztes muss es spürbar positiv den Krankheitsverlauf beeinflussen oder dessen Symptome lindern. Cannabis wird deshalb weniger für eine Heilung, sondern eher für eine Linderung der Beschwerden/Krankheiten eingesetzt.

Der Anbau von Cannabispflanzen ist in Deutschland illegal. Das Anbaumonopol liegt ausschließlich beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.

Die Krankenkassen erhielten zuletzt etwa 13.000 Anträge auf cannabishaltige Medikamente. Im Durchschnitt wurden ca. 40 bis 60 Prozent davon genehmigt.

Auch Anträge auf Kostenerstattung für Cannabis-Behandlungen gingen bei den Krankenkassen vermehrt ein – insgesamt mehr als 16.500. Ein Drittel wurde wegen fehlerhafter oder unvollständiger Angaben abgelehnt.