Bestwig. Ungewöhnliche Post ist im Rewe-Supermarkt von Michael Neitzel in Bestwig eingetroffen - ein Brief mit Geld und einem Geständnis.

Einen solchen Brief bekommen Betreiber eines Supermarktes auch nicht alle Tage: Mit einem Schreiben hat sich jetzt ein Ladendieb für seine Taten entschuldigt, die er in jungen Jahren im Bestwiger Rewe-Markt begangen hat. Dem Betreiber-Ehepaar haben die Zeilen Tränen der Rührung in die Augen getrieben.

Anonymer Absender

„Auf den ersten Blick konnte ich mit dem Brief gar nichts anfangen“, sagt Michael Neitzel. Das Schreiben war an ihn persönlich gerichtet. Der Absender ist anonym.

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Ein Brief als Geständnis: Ein Ladendieb zeigt in Bestwig späte Reue.
Ein Brief als Geständnis: Ein Ladendieb zeigt in Bestwig späte Reue. © WP Meschede | Mustafa Amet

Als er den Umschlag öffnete, habe er dann seinen Augen nicht mehr getraut: Im Innern steckte ein kurz verfasstes Schreiben gemeinsam mit zwei 50-Euro-Scheinen. „Mit den Worten ‘Hier lies mal‘, hat mir mein Mann den Brief dann in die Hand gedrückt, als er zu Hause war“, berichtet Neitzels Ehefrau, die ebenfalls im Markt arbeitet. „Ich habe mich nur gewundert, was das für ein Brief ist, weil ich nichts erwartete und der Absender fehlte. Als ich den Brief jedoch gelesen habe und die zwei 50- Euro-Scheine in der Hand hielt, hatte ich Tränen in den Augen und war sehr gerührt“, fährt sie fort.

In dem Schreiben entschuldigt sich der Verfasser dafür, dass er etwa 15 bis 20 Mal im Markt gestohlen hat. Damals hatte er wohl mehrfach die so genannte „Giveaways“ - also Werbegeschenke und Beilagen - aus Zeitschriften entwendet. In diesem Fall waren es Demo-CDs für die Playstation 2. Wörtlich heißt es in dem handgeschriebenen Brief unter anderem: „Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen: Ich war noch ein Kind, 15 oder 16 Jahre alt und wusste nicht was richtig und falsch ist. Es tut mir Leid“.

Für Petra Neitzel hat der Verfasser mit der Geste Charakter bewiesen. Es sei erstaunlich und auch bewundernswert, wenn sich ein Dieb nachträglich noch meldet und um Verzeihung bittet, sagt sie. Oft haben die Neitzel das im Laufe der Jahre nicht erlebt.

Enorme Schäden durch Ladendiebstähle

„Diebstahl kennt kein Alter und keine bestimmte Schichten“, weiß Petra Neitzel aus Erfahrung. Die Eheleute Neitzel und die Mitarbeiter des Marktes haben im Laufe der Zeit Diebe mit den unterschiedlichsten Hintergründen gestellt: Jüngere, Ältere, Wohlhabende und nicht so Wohlhabende, Männer und Frauen. Eines haben alle jedoch gemeinsam: „Ladendiebstähle richten enormen Schaden an, weil so etwas nicht versichert ist“, sagt Petra Neitzel.

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Dazu zähle auch der vermeintlich harmlose Diebstahl von minderwertigen Giveaways aus den Zeitschriften. Damit lasse sich de gesamte Zeitschrift nicht mehr verkaufen. „Insofern ist diese Beschädigung mit einer Vernichtung der Ware gleichzusetzen“, so Neitzel. „Die meisten Kunden kaufen so etwas wegen des Inhalts. Wenn sie gemerkt haben, dass der Inhalt fehlt, reklamieren sie die Zeitschrift und wollen ihr Geld zurückerstattet haben.“ Mehr als aufpassen könne man nicht, sagt Neitzel. Manchmal erwische man die Diebe und manchmal eben nicht.

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In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Ladendieb von einst gemeldet habe, verzeihe man ihm die Taten. Petra Neitzel geht sogar noch einen Schritt weiter: „Ich möchte mich für das im Nachhinein korrekte Verhalten und für die Ehrlichkeit bedanken“, sagt sie.

>>> HINTERGRUND <<<

Seit 1998 betreibt Michael Neitzel den Bestwiger Supermarkt als Franchise-Partner von Rewe.

Weil in unmittelbarer Nachbarschaft aktuell ein neuer großer Rewe-Markt entsteht, wird Neitzels Markt Ende des Monats schließen.