Meschede. Das Geld reicht vorne und hinten nicht mehr - das beobachten vor allem die kleinen Kita-Träger. Mescheder Elternvereine schildern ihre Probleme.

Das KiBiz - das Kinderbildungsgesetz - wollte die Finanzierung der Kitas auf gesunde Beine stellen. „Das hat es anfangs auch getan“, sagt Brigitta Staudinger, „doch mittlerweile ist es für uns eine Decke, die - an welcher Ecke man auch immer zieht - zu kurz geraten ist.“ Brigitta Staudinger war 30 Jahre Vorsitzende des Elternvereins Freienohl, der Träger des Regenbogen-Kindergartens ist. In diesem Jahr hat sie die Aufgabe abgegeben, sie ist aber immer noch tief drin im Thema und sieht sich auch in der Verantwortung als Fürsprecherin für die Elternvereine: „Das KiBiz braucht vor allem für die kleinen Trägervereine eine Nachbesserung.“ Eine Forderung, die auch Christian Wahle vom Vorstand des Filippo-Neri-Trägervereins Eltern für Kinder in Meschede, unterstützt.

Die Vorteile des KIBIZ

Staudinger lobt die Errungenschaften des Gesetzes: „Seitdem ist es leichter Familie und Beruf zu vereinen, weil Betreuungszeiten ausgeweitet wurden, integrative Arbeit wird gefördert und die Ausbildungswege zur Erzieherin wurden ausgeweitet.“ Auch die Träger verfügten seitdem über mehr Gestaltungsspielraum -zumindest auf dem Papier. „Aber leider reichen die Kindpauschalen nicht aus, um die anfallenden Kosten zu decken“, beklagt Staudinger. „Dadurch ergibt sich in der Realität nicht nur kein Gestaltungsspielraum, das Kindergartenjahr endet immer öfter mit einem Defizit.“

Das machen andere Träger

Auch andere Träger merken offenbar den Druck. Sie schließen sich zusammen, um Synergieeffekte zu nutzen. So umfasst allein die katholischen Kita gGmbH mittlerweile 182 Einrichtungen, früher waren die meisten dieser Kindergärten in Trägerschaft einzelner Pfarrgemeinden.

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Neue Kitas entstehen erst gar nicht mehr als Elternvereine; es sind die großen Wohlfahrtsverbände, wie Awo oder DRK, die noch Kindergärten bauen und unterhalten. Kleine Trägervereine dagegen ächzen unter der Last der bürokratischen Auflagen, der vielen behördlichen Mails und der großen Summen, die bewegt und verantwortet werden. So ist die Freienohler Kita mit einem Etat von 600.000 Euro und einem Mitarbeiterstab von 20 Personen im Grunde ein kleines mittelständisches Unternehmen.

Die Ehrenamtlichen entlasten

„Das zu führen kann ein ehrenamtlich arbeitender Vorstand kaum noch leisten“, sagt Brigitta Staudinger und erhält Unterstützung von Sara Schulz, Leiterin des Filippo-Neri-Kindergartens in Meschede. „Wir versuchen dem ehrenamtlichen Vorstand zu entlasten“, sagt sie. „Die Mitglieder machen das ja schließlich auch alle neben ihrer normalen Arbeit.“ Doch an vielen Stellen müsste der Vorstand eben doch die letzte Freigabe erteilen. Wo das KIBIZ vor allem drückt, das ist, wenn der Vorstand auf bewährte Mitarbeiterinnen setzt. „Dann steigen die Personalkosten, aber die Kindpauschalen bleiben gleich“, erläutert Wahle.

Eigene Immobilien kosten extra

Noch mal anspruchsvoller wird die Arbeit in Freienohl und Meschede, weil beide Einrichtungen eigene Immobilien unterhalten müssen. Auch da gibt es regelmäßig neue Auflagen, die umgesetzt werden müssen. Ein Vorteil der kleinen eingruppigen Kita Pusteblume in Wehrstapel. Auch dieser Kindergarten wird von einem Elternverein geführt. „Wir haben Räume der städtischen Grundschule angemietet“, erläutert Kassierer André Kehl. Mit Bauvorschriften zum Klemmschutz oder zu neuen Breiten von Treppengittern muss er sich deshalb kaum herumschlagen. Die Aufgaben seien auch als ehrenamtlicher Vorstand, unterstützt von einem Steuerberatungsbüro, gut zu schaffen.

Die Vorteile der Elternvereine

Das ist wichtig, denn natürlich lieben die Kitas in freier Trägerschaft ihre Unabhängigkeit. „Wo haben die Eltern sonst so viel Mitspracherecht?“, fragt Birgitta Staudinger. Und Christian Wahle ergänzt, er sei in den Vorstand gegangen, „um die hervorragende Arbeit der Erzieherinnen zu unterstützen. Ich wollte etwas zurückgeben.“

Aber dafür müsse man eben auch die Voraussetzungen schaffen, damit sich Ehrenamtliche finden, die diese Aufgabe überhaupt leisten wollen und leisten können, betont Staudinger. Der Freienohler Elternverein hat deshalb eine Bürokraft auf 450-Euro-Basis eingestellt, die den Vorstand unterstützt. Auch diese muss, wie das Steuerbüro und die Personalabrechnungsstelle aus dem KiBiz-Budget bezahlt werden. Staudinger: „Für uns reicht das so auf Dauer nicht.“

Hintergrund

Das KiBiz, das Kinderbildungsgesetz, regelt in NRW seit 2008 die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen über so genannte Kindpauschalen.

2014 kam es - bei der Neuauflage des Gesetzes - auch in Meschede zu großen Protesten, weil viele Träger mit den Budgets nicht einverstanden waren. In den Folgejahren wurde mehrmals nachgebessert.

Ab dem Kindergartenjahr 2020/21 wurden die letzten beiden Kitajahre beitragsfrei gestellt. 200 Millionen Euro hatte das Land dafür bereitgestellt. Zahlreiche Experten kritisierten diesen Schritt; weil ihrer Auffassung nach die Beitragsfreiheit vor allem besser verdienende Familien entlastet, die auch das letzte Kindergartenjahr ohne Weiteres bezahlen könnten. Für sozial schwache Familien ist der Kitabesuch nämlich sowieso frei. Sie hätten sich gewünscht, dass das Geld in die Unterstützung der pädagogischen Arbeit geflossen wäre.