Ostwig. Das dramatische Ende einer Maifeier in Ostwig war jetzt Thema vor dem Amtsgericht in Meschede. Ein tragischer Unfall, der vieles verändert hat.

Es war eine Feier, wie so viele am 1. Mai des Jahres 2020. Es wurde gegrillt. Es wurde getrunken. Es wurde gequatscht und gelacht. Diese private Maifeier auf einem Betriebsgelände in Ostwig sollte allerdings keinen bierseligen Abschluss finden. Das Beisammensein endete um 17.45 Uhr für zwei junge Männer in einer Katastrophe. Sie war gleichzeitig das Ende einer langjährigen engen Freundschaft und der Beginn eines langen Aufenthaltes auf der Intensivstation.

Bilder einer Überwachungskamera

Was genau sich in diesen folgenschweren Minuten auf dem Betriebsgelände abspielte, hat eine Überwachungskamera dokumentiert: Die Bilder, die während des Gerichtsprozesses im großen Saal des Mescheder Amtsgerichtes abgespielt werden, zeigen, wie ein Motorrad samt Beiwagen aus einer Halle geschoben wird. Dann drehen die beiden Männer unter den Augen weiterer Gäste, die das Geschehen zum Teil mit ihrem Handy filmen, auf dem Hof ihre Runden um einen Auflieger. Zwei Runden lang geht das gut. Dann prallt das Motorrad gegen den Auflieger.

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Durch die Wucht des Aufpralls, wird der Beifahrer, ein 32-jähriger Mann aus Ramsbeck, so schwer verletzt, dass er auf der Intensivstation behandelt werden muss. Er erleidet mehrere Knochenbrüche, ein Schädelhirntrauma und eine Lungenquetschung. Eine Erinnerung an das tragische Unglück hat er nicht.

Jetzt sitzt er als Nebenkläger auf der einen Seite des großen Amtsgerichts-Saales. Gegenüber auf der anderen Seite sitzt sein ehemals bester Kumpel als Angeklagter. Der Vorwurf: fahrlässige Körperverletzung. Denn der 27-Jährige, der ebenfalls aus Ramsbeck stammt, hatte das Motorrad an jenem Tag gefahren.

Entscheidender Fehler in der dritten Runde

Im Gegensatz zu seinem Beifahrer, kann er sich noch sehr gut an jenen Tag erinnern. Demnach sei es durch einen Fehler seines Kumpels zu dem Unfall gekommen. Denn bei dem Grasbahnmotorrad samt Beiwagen handelt es sich um kein gewöhnliches Motorrad. Ein solches Motorrad könne nur durch Fahrer und Beifahrer gemeinsam gesteuert werden. Eine Bremse gebe es nicht. Das Lenken erfolge durch die Gewichtsverlagerung. Und genau hier soll der Beifahrer in der dritten Runde einen entscheidenden Fehler gemacht haben. „Durch eine falsche Verlagerung des Gewichtes, drohte der Beiwagen abzuheben“, erklärt der 27-Jährige. Also habe er versucht, gegenzusteuern, um zu verhindern, dass das Motorrad umkippt. In der Folge sei es dann zu dem Unfall gekommen.

Ein eingespieltes Team

Bis zu jenem Tag waren Fahrer und Beifahrer nicht nur beste Freunde, sondern auch ein eingespieltes Team. Das Motorrad hatten sie sich gemeinsam angeschafft und hergerichtet - waren damit oft auf Rennstrecken unterwegs. Bis auf einen einzigen Beinahe-Unfall sei nie etwas passiert. „Wir haben das schon so oft gemacht, dass es uns in Fleisch und Blut übergegangen ist“, so der 27-Jährige vor Gericht.

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Dass Alkohol an jenem Tag eine Rolle gespielt haben könnte, verneinte er auf Nachfrage des Richters. Drei oder vier kleine Flaschen Bier habe er getrunken. „Wir waren beide nicht beeinträchtigt“, so der 27-Jährige. Dass sein Kumpel deutlich mehr getrunken hatte, will er nicht bemerkt haben. 2,31 Promille hatten die Ärzte bei den Untersuchungen im Krankenhaus festgestellt. „Damit ist man nicht angetrunken, nicht betrunken, sondern volltrunken“, fand der Anwalt des 32-Jährigen deutliche Worte, um seinem Unverständnis darüber Ausdruck zu verleihen, dass der Angeklagte diesen Zustand nicht bemerkt haben will.

„Sicher ist“, so formulierte es der Richter, „dass alle Beteiligten nicht ganz unschuldig am Unfall waren“. Er stellte das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers gegen Zahlung einer Geldauflage ein. 1000 Euro muss der Angeklagte an seinen ehemals besten Kumpel zahlen. Die Summe soll auf ein mögliches Schmerzensgeld angerechnet werden. Als Vertreter der Nebenklage hatte der Anwalt des 32-Jährigen zwar kein Veto-Recht. „Ich hätte einer Einstellung nicht zugestimmt“, ließ er den Richter allerdings noch wissen. Er könne nicht nachvollziehen, wie man dieses Prozess ohne ein Gutachten zu Ende bringen könne.

Lügengeschichten gegenüber der Polizei

Dass der Angeklagte nach dem Unfall die Polizei belogen hatte, ist im Prozess zwar angesprochen worden, eine maßgebliche Rolle spielte dieses Verhalten dabei aber nicht. Der Mann hatte den Beamten erzählt, der Unfall habe sich mit einem Elektro-Mobil ereignet. Auf diese Lüge soll sich allerdings der Rest der feiernden Gesellschaft geeinigt haben, während er nach dem Unglück an der Straße gestanden habe, um den Rettungsdienst einzuweisen. „Das habe ich dann so laufen lassen“, erklärte der Angeklagte dem Richter. Warum, das könne er sich auch nicht so Recht erklären. Er sei nach dem Unfall durcheinander und nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen. Auch der Versuch, Videoaufnahmen verschwinden zu lassen, soll ohne sein Zutun im Hintergrund geschehen sein.