Meschede. Frauen gründen in Meschede einen Beginenhof. „Wir bieten unseren Mitbewohnerinnen Sicherheit und Strukturen bis ans Lebensende“, sagen sie.

Ab dem 13. Jahrhundert gab es in vielen Ländern Europas fromme Frauen, die als Laienschwestern lebten und sich Beginen nannten, wobei die Herkunft des Wortes bis heute nicht eindeutig geklärt ist. Sicher ist hingegen, dass es ebenso Begarden gab, also fromme Männer, die als Laienbrüder lebten und sich der Keuschheit, der Armut und der Askese verschrieben hatten. Begarden und Beginen legten ihre Gelübde auf Zeit ab. Sie konnten den Konvent wieder verlassen. Letzteres ist das Hauptunterscheidungsmerkmal zu Klostergemeinschaften.

Die Beginenhöfe kamen dem Wunsch vieler Frauen nach Versorgung und der Verwirklichung ihrer Frauenfrömmigkeit nach. Sie stellten die gesellschaftlichen Normen in Frage, nach denen das Zusammenleben von Frauen ohne Männer nicht „normal“ war. Bis ins 20. Jahrhundert wurden sie kritisiert oder sogar verboten.

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Erst seit Beginn des 21. Jahrhundert, als die Single-Haushalte von Frauen deutlich anstiegen und sich ein großes Bedürfnis nach Eigenständigkeit feststellen ließ, lebte die Beginenbewegung in Deutschland wieder auf. Inzwischen gibt es bundesweit 16 Beginenhöfe in Städten und auf dem Land, die untereinander vernetzt sind, aber jeweils eine eigene Kultur und Ausrichtung betreiben. „In Meschede könnte im 15/16. Jahrhundert in Freienohl ein Beginenhof gestanden haben, und an diese Tradition knüpfen wir gern an“, berichten die Sprecherinnen des Beginen-Vereins, der 2011 gegründet wurde und dem derzeit 23 Beginen angehören.

Können Sie die Idee Ihrer Wohngemeinschaft kurz beschreiben?

Wir Frauen wollen in angemieteten Wohnungen in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben und uns gegenseitig unterstützen, auf einander achtgeben und das Haus gemeinsam verwalten. Wir suchen also Frauen, die selber mitbestimmen möchten und sich in einer Gemeinschaft engagieren wollen. Das Alter spielt keine Rolle, ebenso wenig der religiöse, soziale oder gesellschaftliche Hintergrund. Je bunter, umso besser. Voraussetzung ist die Mitgliedschaft im Beginenverein und die Beachtung unserer Satzung.

Können Sie das Projekt kurz skizzieren?

Zwischen Beringhauser Straße und Überhenne entstehen in Meschede zwei Gebäude nach neuestem energetischen Standard, die durch einen grünen Innenhof miteinander verbunden sind. Acht Wohnungen zwischen 65 bis 82 qm und ein Gemeinschaftsraum mit 40 qm sind fest eingeplant. Alle Wohnungen haben ein Bad und einen Balkon, im dreistöckigen Haus ist ein Aufzug vorgesehen. Die Miete soll 7,50 Euro/qm betragen plus eine Umlage für den Gemeinschaftsraum.

Welche Vorteile bietet Ihnen die Beginen-Wohngemeinschaft gegenüber anderen Wohnformen?

Wir bieten unseren Mitbewohnerinnen Sicherheit und Strukturen bis ans Lebensende, wollen aber keine Senioren-WG sein. Frauenpartnerschaft trifft unsere Lebensform vielleicht ganz gut. Derzeit haben wir mehrere Bewerberinnen von außerhalb Meschedes. In gemeinsamen Gesprächen klären wir, wer in unsere Beginen-Gemeinschaft passt.

Wie reagieren die Mescheder auf die Beginen?

Wir erleben sehr viel positives Interesse und Feedback. Vor allem unsere angedachten kreativen und kulturellen Angebote, wie zum Beispiel Lesungen, Malerei und Musik, werden jetzt schon nachgefragt und begrüßt. Die Mescheder Bürger nehmen uns wahr und begleiten uns aufgeschlossen und freundlich. Das ist ein sehr schönes Gefühl. Uns ist wichtig, dass wir für Besuche offen sind.

Da sich die Beginen als Kollektiv verstehen, wurden alle Interviewfragen gemeinsam erarbeitet und ohne Personalisierung vorgetragen.

>>> Kontakt

Wer sich für die Beginen oder eine der Wohnungen interessiert, kann sich melden bei Ingrid Wiechert, 0151 / 74240689, E-Mail: inwie@gmx.de.

Frauen des Beginenprojekts treffen sich regelmäßig am 1. Samstag im Monat von 10 bis 12 Uhr im Café Schröjahr zum „Beginenklön“.

Wer sich informieren möchte oder Lust hat zum Klönen, ist willkommen.