Meschede. Die Meschederin Katharina Becker (26) ist seit einem Jahr Bäckermeisterin. Warum sie gerade jetzt ihre eigene Filiale eröffnet.

Mit 23 Jahren hat sich Katharina Becker festgelegt: Sie wird eines Tages die Bäckerei ihres Vaters Friedel übernehmen. Jetzt - mit 26 - geht sie schon mal den ersten Schritt: Sie hat, ein Jahr nach dem Abschluss der Meisterschule, in Meschede ihre erste eigene Filiale eröffnet. „Das war schon lange mein Wunsch.“

Dafür hat die Familie die ehemalige Mühlenbäckerei an der Ecke Ittmecker Straße/ Briloner Straße mit Verkaufsstelle und Café von der Familie Mertens gepachtet. „Wann, wenn nicht jetzt“, erklärt sie bestimmt, „ich bin jung und habe meine Eltern als Rückhalt.“

In der neuen Filiale: Mitarbeiterin Anja van Daake und Mutter Angelika Becker (rechts).
In der neuen Filiale: Mitarbeiterin Anja van Daake und Mutter Angelika Becker (rechts). © WP | Ute Tolksdorf

Kurzfristige Aktion

Insgesamt handelte es sich um eine ziemlich kurzfristige Aktion: „Erst etwa vor vier Wochen haben wir vom Vermieter erfahren, dass Café und Bäckerei frei werden“, berichtet sie. „Dann haben wir das gemeinsam besprochen.“ So wie jede Entscheidung in der Familie gemeinsam besprochen werde. Ihr war es wichtig, schnell wieder zu öffnen. „Kunden, die einmal weg waren zurückzuholen, ist sehr schwer.“

Eltern als Rückhalt

Ihre Eltern, Friedel (58) und Angelika (52) Becker, stehen zu 100 Prozent hinter ihr, betont sie. Und nicht nur die Eltern - auch in der Backstube mit den beiden Bäckergesellen und der Konditorin diskutierte sie ihre Idee. Denn von dort müssen die zusätzlichen Brötchen, Brote und Kuchen ja schließlich kommen, auch wenn sie zum Teil in der neuen Filiale weitergebacken werden.

Ihre Eltern weiß die 26-Jährige hinter sich. . 
Ihre Eltern weiß die 26-Jährige hinter sich. .  © WP | Ute Tolksdorf

Dazu kommt: Katharina Becker, die sonst vor allem in der Backstube zu finden war, wird zusätzliche Zeit in ihrer Filiale verbringen, schon weil sie es gern macht. „Ich liebe den Kundenkontakt.“ Die Kollegen gaben jedenfalls ihr Okay. Und die junge Frau ist dankbar dafür: „Wir sind ein eingeschworenes Team.“

Personal schwer zu finden

Denn das Personal in der Backstube mal eben aufzustocken, wäre kaum möglich gewesen. „Ich bin froh, dass ich für die Filiale gute Mitarbeiterinnen gefunden habe“, erzählt sie. Bäcker-Azubis oder -gesellen zu finden, sei fast unmöglich. „Viele schrecken vor den Arbeitszeiten zurück.“ Dabei starte der Tag bei Beckers noch human, in der Woche um halb vier und samstags um halb zwei - morgens. „Ich habe Kollegen, die fangen freitags um 21 Uhr an.“

In Zukunft kommt für den Familienbetrieb allerdings auch der Brötchenverkauf am Sonntag hinzu. „Bisher haben wir an der Warsteiner Straße sonntags nur Kuchen verkauft.“ Ihr Vorgänger an der Ittmecke öffnete aber auch Sonntagmorgens. Das will Katharina Becker beibehalten.

Punkten gegenüber den Discountern

Sie ist zuversichtlich, dass ihr neues Projekt läuft. „Die Kunden schätzen wieder mehr das Bäckerhandwerk der kleinen Betriebe. Mit Qualität, wechselndem Angebot und Freundlichkeit können wir ganz klar gegenüber den Discountern punkten.“ Auch dass im heimischen Bäckerhandwerk wieder mehr mit selbst gemachtem Sauerteig gebacken und auf Zusatzstoffe verzichtet werde, würde honoriert.

Die Filial-Chefin hofft vor allem auf Kunden aus den oberhalb liegenden Wohngebieten, aber auch auf Honselaner und Knipschilds Busreisende. „Ich freue mich riesig darauf!“

>>>HINTERGRUND

Etwa 50 Bäcker im Hochsauerlandkreis backen noch selbst.

Nachwuchsprobleme, so Jochem Hunecke, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, gebe es deutschlandweit im Handwerk. „Da ist es natürlich schön, wenn eine Tochter in die Fußstapfen ihres Vaters tritt.“

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Zurzeit erarbeite die Bäcker-Innung eigene Standards, um den Ausbildungsberuf aufzuwerten. 100 Euro mehr als tariflich zugesichert, soll den Auszubildenden gezahlt werden.

Gleichzeitig wolle man versuchen, das Image des Berufs zu verbessern. Denn schon jetzt sei absehbar, dass viele selbstständige Bäcker Probleme haben werden, einen Nachfolger zu finden.

Hunecke ist klar: „Sie können nicht jeden Schulabgänger zum Bäcker machen. Man muss schon Freude an dem Beruf und an der Selbstständigkeit haben.“ Dann aber, so ist er sicher, gebe es viele Möglichkeiten. „Und es ist doch spannend, sein eigener Herr zu sein, oder die eigene Chefin.“