Meschede. Seit der Corona-Krise meiden viele Patienten Praxen und Kliniken. Das kann dramatische Folgen haben. Mediziner aus Meschede haben einen Appell.

Die heimischen Ärzte rund um Meschede machen sich Sorgen um ihre Patienten, weil viele von ihnen seit der Corona-Krise zu selten oder zu spät zu Untersuchungen und Behandlungen kommen. Sowohl niedergelassene Hausärzte, als auch Mediziner im Klinikum Hochsauerland berichten über diese Entwicklung. Sie appellieren an ihre Patienten, bei Beschwerden wieder schneller eine Praxis oder das Krankenhaus aufzusuchen und ihre Termine wahrzunehmen.

In Lebensgefahr

Dr. Daniel Gießmann ist Chefarzt der Kardiologie am Klinikum Hochsauerland in Meschede. Dabei betreut er Menschen, deren Herzschrittmacher routinemäßig gecheckt wird. In einigen Fällen, stellte er irritiert fest, war die Batterie komplett leer - das bedeutet: Lebensgefahr. Die Patienten hatten aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus die Überprüfungen nicht mehr wahrgenommen.

Die Impfungen gegen Corona haben die Praxen belastet. Inzwischen hat es sich aber eingespielt.
Die Impfungen gegen Corona haben die Praxen belastet. Inzwischen hat es sich aber eingespielt. © dpa | Hannibal Hanschke

Auch die Zahl der behandelten Herzinfarkte sank um 30 Prozent: „Die Patienten verspürten zwar Schmerzen, haben sich aber durchgeschleppt. Letztlich haben sich dadurch große Narben auf dem Herzen gebildet und Teile waren abgestorben“, berichtet Gießmann. Er kennt weitere krasse Fälle aus dem Alltag seiner Kollegen: Menschen, deren entzündeter Blinddarm durchgebrochen war. Vier Mal ist das bereits in diesem Jahr in Meschede festgestellt worden, sonst kommt es maximal ein Mal vor.

Auch Jörg Tigges, niedergelassener Arzt in Meschede, spürt eine Zurückhaltung bei Patienten. Nach seiner Einschätzung spielte dabei auch Rücksicht auf die gestressten Mediziner eine Rolle: „Ich habe öfter gehört: Sie haben ja jetzt Wichtigeres zu tun.“ Zum Teil wurden Vorsorgen von den Patienten mit dieser Begründung verschoben. Einige seiner Kollegen berichteten, dass chronisch Kranke nur noch Rezepte ausstellen ließen, aber nicht mehr in die Sprechstunde kamen.

Komplette Impf-Tage

„Wir hatten Stress mit den Impfungen“, sagt Tigges. „Aber wir haben jetzt wieder Luft. Vieles ist Routine geworden.“ Mit den Ferien sei die Nachfrage nach Impfungen deutlich zurückgegangen, zudem sei das Impfen inzwischen eingespielt. Tigges setzt beispielsweise auf komplette Impf-Tage. „Die Situation hat sich entspannt“, sagt er - und denkt dabei an Patienten, die sich über Wochen mit quälenden Bauchschmerzen durchgeschleppt haben, aber nicht in die Praxis wollten.

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Angst vor Corona, betont sein Kollege Gießmann, müsse niemand beim Arzt-Besuch haben: Das Personal sei überwiegend durchgeimpft, die Hygienekonzepte funktionierten. „Es mag vereinzelt Ansteckungen gegeben haben, aber nicht im nennenswerten Ausmaß.“ Für die Praxen verweist Tigges darauf, dass beispielsweise sein Team seit eineinhalb Jahren mit infektiösen Corona-Patienten konfrontiert sei und es nicht eine einzige Übertragung gegeben habe. „Es sind die einfache Dinge wie Masken, die schützen. Manches werden wir in unserer Praxis auch beibehalten.“

Steigende Corona-Zahlen

Für den Herbst und Winter rechnen die Mediziner schon aufgrund der Jahreszeit mit steigenden Corona-Zahlen - deshalb bitten sie schon jetzt darum, auch dann nicht wieder auf Arztbesuche zu verzichten: „Jeder, der will, kann sich bis dahin impfen lassen“, sagt Tigges. Allein deshalb sei der Schutz nun ein anderer und die Lage werde nicht wie bei bisherigen Wellen sein.

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