Meschede. Investor Axel Funke im Interview: Was ist mit dem angekündigten Überraschungsmieter im Henne-Ruhr-Markt? Wie geht es nach dem Lockdown weiter?

Die Innenstädte werden sich verändern: Corona habe diesen Effekt nur beschleunigt, meint Axel Funke, Vorstandsvorsitzender der Fokus Development AG in Duisburg und Betreiber des Henne-Ruhr-Marktes in Meschede. Im Interview befürwortet er ausdrücklich mehr Veranstaltungen, um Menschen in die Stadt zu holen und hofft, auch den letzten Leerstand endlich zu beenden.

Wie geht es dem Henne-Ruhr-Markt in diesen Zeiten?

Es ist noch etwas zu früh, um die Auswirkungen von Corona zu bewerten. Die Geschäfte sind zwar wieder geöffnet. Aber trotz aller Euphorie: Wie sich jetzt der Umsatz im Vergleich 2019 verhält, als wir das Corona-Thema noch nicht hatten, dass sehen wir sicherlich nicht vor Juli, August. Generell höre ich aus Unternehmen, dass die letzten Tage fast schon wieder auf dem Niveau von 2019 lagen. Ob das auch für den Henne-Ruhr-Markt gilt, weiß ich noch nicht.

„Meschede hat einen Wettbewerbsvorteil“

In Meschede ist jetzt ein eigener kommunaler Stärkungspakt beschlossen worden, aus dem auch Gelder in zusätzliche Veranstaltungen fließen sollen. Ist das eine gute Nachricht für Sie?

Ich finde das außerordentlich lobenswert! Dadurch hat Meschede einen Wettbewerbsvorteil. Aber es ist auch richtig: Wir müssen uns etwas einfallen lassen für den Herbst und Winter. Zum Beispiel muss das Thema eines Weihnachtsmarktes in Meschede wieder auf den Tisch. Die Leute freuen sich darauf, dass sie wieder haptisch eine Innenstadt erleben dürfen. Und das muss dann attraktiv sein. Natürlich muss man dafür auch Events machen. Wir werden uns zusammen mit den Mietern – wenn die sich sortiert haben – beteiligen und wollen aus 2021 noch das Beste machen.

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Teilen Sie die Sorge, dass Corona eine Verödung der Innenstädte beschleunigen wird?

Ja, leider. Insbesondere monotone Standorte und klassische Shoppingcenter haben massiv unter den Einbußen durch Corona gelitten. Die leiden unter einer hohen Kostenbelastung. Wir werden deutliche Verwerfungen in Deutschland bekommen. Ich muss nicht einmal auf die ganze Phase der Lockdowns schauen, sondern nur auf die letzte Zeit, als man getestet oder per Click und Collect einkaufen konnte: Da sind die Umsätze enorm niedrig gewesen. Das hält der Einzelhandel nicht lange durch. Sie müssen ja trotzdem dem Kunden neue Ware präsentieren! Und was passiert mit der alten Ware, die Sie eingekauft haben? Einen Teil können Sie zwar lagern, einen Teil müssen Sie wegschmeißen. Das muss jetzt ein Ende haben.

Knallharter Wettbewerb in manchen Städten

Was brauchen die Innenstädte künftig, um die Situation zu verbessern? Wie kann man die Menschen ansprechen und sie neu dafür begeistern, in die Stadt zu gehen?

So pauschal kann das nicht beantwortet werden. Das hängt individuell von einer Stadt ab. Es wird Städte geben, die nicht nennenswert verlieren werden: Das sind solche Städte, die eine hohe Attraktivität haben und die nicht abends verwaist sind. Denn es gibt ja nach wie vor Menschen, für die ein Einkaufserlebnis verbunden ist mit einem schönen Shoppingwochenende, einem netten Abendessen und einer attraktiven Stadt, die sie besichtigen können. Das wird weiter funktionieren.

Dagegen werden schwache Lagen mit kleinen örtlichen Protagonisten es schwieriger haben, sich nach dem Lockdown längerfristig am Markt zu behaupten. Die werden die Umsatzrückgänge nicht kompensieren können. In Lagen, wo es wie im Ruhrgebiet einen harten Wettbewerb gibt, wird es eine knallharte Selektion geben. Und in solchen Hochwettbewerbsgebieten wiederum wird es ganze Lagen geben, wo die Mieten deutlich sinken werden. Die Innenstädte werden sich nachhaltig verändern.

Und bei uns im ländlichen Raum?

Ich bereue die Investition im Henne-Ruhr-Markt nach wie vor nicht! Wir haben bewusst in Meschede investiert. Corona hat keine einzige Entwicklung ausgelöst, sie hat sie nur beschleunigt. Kreisstädte wie Meschede haben sehr gute Chancen, wenn sie verstehen, dass sie sich als gute Ortskerne präsentieren müssen: Wenn sie die Menschen anziehen mit Veranstaltungen und damit auch Kunden anziehen. Ich bin guter Dinge, dass wir ein gutes zweites Halbjahr haben werden. Das erste Halbjahr im Henne-Ruhr-Markt war zum Vergessen – außer vielleicht für einen Mieter wie Müller, der die ganze Zeit offen hatte. Ansonsten hat es alle getroffen.

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Hoffnung auf Belegung nach den Sommerferien

Wird es Veränderungen in der Mieterschaft im Henne-Ruhr-Markt geben?

Nein, das sehe ich im Moment überhaupt nicht. Die Veränderung, die wir uns jetzt wieder vorgenommen haben, ist, dass der letzte Leerstand verschwindet. Diese Gespräche können wir jetzt wieder aufnehmen, wo es wieder Perspektiven für den Einzelhandel gibt.

Jetzt sind wir wieder beim Thema Ihres Überraschungsmieters, den Sie versprochen haben…

Natürlich! Ich hoffe, dass der Lockdown schnell aus den Köpfen kommt und wir weitermachen können. Bei den allermeisten möglichen Mietern brauchen Sie im Moment gar nicht erst vorsprechen: Die sind so mit sich beschäftigt, ob sie alle ihre Standorte behalten. Diese Portfolio-Bereinigung wird im Mittelpunkt des Einzelhandels stehen: Wer 200 Filialen vor Corona hatte, bei dem mache ich ein Fragezeichen dahinter, ob das nach Corona auch noch der Fall sein wird. Viele der bundesweit tätigen Akteure werden sich kleiner setzen.

Das wird es für Meschede aber schwieriger machen, einen neuen Mieter zu finden.

Völlig klar, leichter wird das nicht. Niemand wollte und konnte eine Standortentscheidung treffen, weil man nicht wusste, wann dieses neue Geschäft denn aufmachen dürfte. Es ist eine sehr unerfreuliche Entwicklung, das muss ich sagen. Meine Vorstellung ist schon, dass wir nach den Sommerferien eine Belegung haben werden. Aber ich gebe zu, es ist eben gerade sehr schwierig.

Büromieter in Sicht

Neben der Stadthalle ist im Henne-Ruhr-Markt auch noch die Bürofläche zu vermieten. Das wird genauso schwierig werden, oder?

Grundsätzlich haben Sie Recht, was Büros angeht. Aber wir sind für den Henne-Ruhr-Markt tatsächlich konkret mit einem Interessenten für diese Fläche im Gespräch. Die Gespräche sind mit gewissen Verzögerungen und unter den schwierigeren Umständen, weil man sich nicht treffen konnte, weitergeführt worden. Ich bin zuversichtlich, dazu kurzfristig etwas Neues sagen zu können.

Wie geht es mit dem Fitnessstudio weiter? Muss man sich darum Sorgen machen?

Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Das Fitnessstudio konnte jetzt wiedereröffnet werden. Jetzt müssen wir hoffen, dass es auch so bleiben wird. Wir werden Corona nur los, wenn wir uns impfen lassen und eine vierte Welle vermeiden. Der Sommer muss dafür genutzt werden.