Schmallenberg. Viele Kräfte sind abgewandert, mögliche Auzubis entscheiden sich lieber für andere Branchen. Eine Nachfrage bei Betrieben, Schulen, Touristikern.
Es war schon in den vergangenen Jahren schwierig, Nachwuchs zu finden. Die Corona-Pandemie hat die Lage noch einmal deutlich dramatisiert. Ausbildung in der Schmallenberger Hotellerie oder Gastronomie? Viele junge Leute entscheiden sich dagegen, von Quereinsteigern ganz zu schweigen. Doch die Branche ist auf neue Kräfte angewiesen.
Schmallenberg Unternehmen Zukunft
„Viele Schüler entscheiden sich für eine längere Schullaufbahn und im Anschluss für ein Studium“, sagt SUZ-Geschäftsführerin Carolin Bille, „daher geht die Anzahl der Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz in vielen Unternehmen deutlich zurück.“ Doch bei der Entscheidung für ein Studium sollte beachtet werden, dass die Nachfrage nach Hochschulabsolventen nicht mehr steigt und stattdessen ein großer Mangel an Fachkräften im Handwerk, in Pflegeberufen und zum Beispiel im Hotel- und Gaststättenbereich vorliegt, für die man kein Studium benötigt, erklärt Bille. „In der Hotellerie und Gastronomie des Schmallenberger Sauerlandes hat es in den vergangenen Jahren viele positive Entwicklungen gegeben. Hier haben die Betriebe in die Ausbildung und den Nachwuchs investiert.“
Schmallenberg sei eine der führenden Regionen in der Tourismusbranche in Deutschland und biete einen sehr hohen Qualitätsstandard in den Hotels, Gaststätten, Pensionen und Ferienwohnungen in einer wunderschönen Landschaft, sodass hier junge Menschen Ausbildungsplätze und somit sichere Jobs für die Zukunft finden, so Bille.
Die Betriebe
„Es krankt seit Jahren“, sagt Andreas Deimann vom gleichnamigen Romantikhotel in Winkhausen: „Betriebe können vielerorts die Ausbildungsstellen nicht besetzen, die Schwierigkeit ist nicht von der Hand zu weisen.“ Die Lage sei durch die Pandemie verschärft: „Wir selber steuern dieser Entwicklung entgegen, in dem wir nun schon seit einigen Jahren beispielsweise Auszubildende aus Indonesien oder Spanien gewinnen.“
Grundsätzlich lasse im Allgemeinen die Qualität und Quantität der Bewerbungen nach: „Die Auswahl wird schwieriger.“ Das betreffe aber vor allem auch kleinere Betriebe, die vielleicht nur einen oder zwei Auszubildende einstellen, so Deimann: „Die Lage dramatisiert sich durch die Pandemie. Aber das ist auch keinem jungen Menschen zu verübeln, dass er sich dagegen entscheidet, nachdem, was mit der Branche gemacht wurde.“
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Auch viele Fachkräfte, die in der Hotellerie beschäftigt waren, haben der Branche aufgrund der Pandemie und Kurzarbeit den Rücken gekehrt. Deimann: „Es gibt Betriebe, da sind zehn Prozent der Belegschaft gegangen.“ Die Arbeitszeiten würden viele von der Arbeit im Hotelfach abhalten, bei der Vergütung habe man aber bereits nachgezogen und sei konkurrenzfähig: „Und es gibt auch viele Vorteile. Man arbeitet dort, wo die Menschen Urlaub machen, kann die ganze Welt kennenlernen.“ Doch die Corona-Spuren seien nicht zu übersehen, dass könne sich auch langfristig auf die Vielschichtigkeit der Branche auswirken, so Deimann.
Die Schulen
Berufsorientierung sei ein wichtiges Thema, sagt Lisa Richter, Schulleiterin der Schule am Wilzenberg. Zwar seien während der Corona-Pandemie auch einige Praktika durchgeführt worden, viele Projekte und Messen - und damit Entscheidungshelfer - seien aber ausgefallen: „Ich habe aber nicht das Gefühl, dass deshalb niemand mehr in die Hotellerie oder Gastronomie möchte. Wir haben in diesem Jahr auch wieder mehrere Schüler, die sich dafür entscheiden.“ Grundsätzlich habe Richter aber festgestellt, dass Entscheidungen wesentlich schwieriger fallen, als noch in Vor-Corona-Zeiten.
Auch an der Erich-Kästner-Realschule sei Berufsorientierung ganz wichtig, sagt Schulleiter Marcel Plöger. Trotzdem habe man als Schule viele Möglichkeiten geschaffen, um Schülern wie Eltern beratend zur Seite zu stehen: „Entscheiden sich Schüler ganz bewusst für den Bereich Hotellerie und Gastronomie, profitieren diese von der hohen Ausbildungsqualität in den umliegenden Betrieben.“
Einen Einfluss durch die Corona-Pandemie habe er in diesem Jahr noch nicht festgestellt. Auch, weil die Entscheidungen für eine Ausbildung meist langfristig gefällt werden, viele sich daher schon vor der Pandemie mit dem Thema und Bewerbungen befasst haben. Ob die Pandemie einen Einfluss auf die kommenden Jahre habe, sei aktuell kaum abschätzbar: „Es wäre dann an den Betrieben und uns gemeinsam, Möglichkeiten zum Gegensteuern zu entwickeln, wie es bereits in anderen Berufsfeldern in Kooperation geschehen ist.“
Die Touristiker
„Es war und ist eine große Herausforderung, die Qualität der Ausbildung während der Corona-Pandemie aufrecht zu halten“, sagt Katja Lutter, Geschäftsführerin des Schmallenberger Sauerland Tourismus. Viele Betriebe hätten extra Seminare und Schulungen gestartet, um den Auszubildenden die Inhalte zu vermitteln, die man sonst vielleicht im direkten Kontakt zum Gast gelernt hätte: „Aber viele machen sich natürlich auch Sorgen, in einigen Betrieben ist Personal auch abgewandert.“
Der Ruf einer Ausbildung in der Branche sei teilweise schlecht, Touristiker und Betreiber bemühen sich seit Jahren, dies zu ändern: „Klar ist aber auch, dass man tolle Perspektiven hat, wenn man eine Ausbildung in der Hotellerie oder Gastronomie macht. Man kann viel von der Welt entdecken.“
„Aktuell ist die Verunsicherung spürbar, ob ein Beruf in unserer Branche zukunftsträchtig ist. Das ist nachvollziehbar“, sagt Elke Stahlmecke, Koordinatorin der Sterne im Sauerland: „Man sollte allerdings sehen, dass viele traditionelle Gastgeberfamilien keinen Mitarbeitenden entlassen haben, sondern alle Arbeitsplätze – natürlich auch Dank Kurzarbeitergeld – erhalten konnten.“
Bewerbungen für Berufe in Hotelbranche seien seit Jahren rückläufig, so Stahlmecke. Es müsse gelingen, junge Menschen wie auch Eltern davon zu überzeugen, dass eine hochwertige Ausbildung in der Hotellerie gerade für praktisch veranlagte Persönlichkeiten sehr gute Perspektiven für die Zukunft biete.
Es sei eine permanente Aufgabe, die Ausbildungen den jungen Menschen schmackhaft zu machen. Nicht erst durch die Pandemie: „Wichtig ist, sich einen guten Ruf als Ausbildungsbetrieb aufzubauen, ordentliche Rahmenbedingungen zu schaffen und die jungen Menschen ernst zu nehmen. Wer gerne mit Menschen zu tun hat, kommunikativ ist und Lust hat, Gastgeber zu sein, der ist bei uns sehr gut aufgehoben.“