Meschede. Das Berufspraktikum ist wichtig für den Kontakt zwischen Schülern und Betrieb. In Corona-Zeiten sagen viele Betriebe ab. Das sind die Folgen.

Für die einen ist es nur ein Schnuppern im echten Arbeitsleben, für die anderen der wichtige Kontakt bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Das Berufs-Praktikum hat sich schon lange in Mescheder Schulen und Betrieben etabliert. Im vergangenen Jahr konnte es wegen Corona nur unter erschwerten Bedingungen und oft gar nicht stattfinden. Viele Schulen sehen das mit Sorge.

Hoher Stellenwert

Da das Praktikum zur beruflichen Orientierung sehr hohe Priorität genießt, gibt es kaum offizielle Einschränkungen. „Das sind überwiegend Empfehlungen“, erklärt Franz Stratmann, Schulleiter der Städtischen Realschule. Zwar heißt es aus dem Schulministerium, „Praktika müssen verschoben oder in digitaler Form durchgeführt werden. Nur in Ausnahmefällen können auf Wunsch der Eltern und bei dem Vorliegen des schriftlichen Einverständnisses der Betriebe Praktika durch die Schulleitungen auch in Präsenz im Betrieb genehmigt werden. Das Langzeitpraktikum kann aber weiterhin durchgeführt werden.“

Schulleiter der Realschule der Stadt Meschede Franz Stratmann.
Schulleiter der Realschule der Stadt Meschede Franz Stratmann. © Ute Tolksdorf

Dass die Praktika für ihre Schüler wichtig sind, darüber sind sich die Schulen einig. Es gehe um erste Einblicke in die Arbeitswelt und das Zurechtrücken von Traumvorstellungen, aber auch um die konkrete berufliche Zukunft. Franz Stratmann: „Es werden erste Kontakte geknüpft und Vorverträge ausgesprochen. Einige Betriebe übernehmen nur Auszubildende, die ein Praktikum absolviert haben.“ Er ist überzeugt: „Mit einer guten beruflichen Orientierung lässt sich die Zahl der Berufsabbrecher oder Berufswechsler verringern.“

Gerade jetzt sei das Praktikum auch deswegen so wichtig, weil viele andere Möglichkeiten der Berufserkundung ausgefallen seien, sagt Stefanie Lehmenkühler von der St.-Walburga-Hauptschule: „Die Berufsfelderkundungstage wurden verschoben, Besuche in der Schule durch Ausbildungsbotschafter, Partnerbetriebe und andere konnten nicht oder nur eingeschränkt stattfinden.“

Auch Betriebe profitieren

Dabei profitierten auch die Betriebe, betont Detlev Pecko, Schulleiter der Konrad-Adenauer-Hauptschule: „Soziale Kompetenzen, persönliche Wertvorstellungen gewinnen an Bedeutung. Diese stehen auf keinem Zeugnis.! Viele Ausbilder gewännen erst durch ein Praktikum oder durch ein Probearbeiten ein Bild von einem zukünftigen Auszubildenden.

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Die konkreten Erfahrungen

Insgesamt, so berichten die Lehrer, sei die Zusammenarbeit mit den Betrieben gut und vertrauensvoll. „Vor allem im Langzeitpraktikum haben sich die kleineren Handwerksbetriebe kaum von der Situation beirren lassen“, beobachtet Stefanie Lehmenkühler. „Da hatten die größeren Industriebetriebe auch größere Schwierigkeiten, verbindliche Zusagen zu treffen oder sagten von vornherein ab.“ Ihre Gründe: „Vielfach waren eigene Mitarbeiter in Kurzarbeit oder im Homeoffice und die Verantwortlichen befürchteten, dass entweder keine Aufgaben für die Praktikanten zur Verfügung standen oder eine durchgängige Betreuung nicht gewährleistet werden konnte.“ Was sie versteht, aber nicht, dass man Schüler in der Luft hängen lässt: „Trotzdem wünschen wir uns für unsere Schülerinnen und Schüler möglichst zeitnahe und verbindliche Zu- bzw. Absagen.“

 Detlev Pecko, Schulleiter der Konrad-Adenauer-Hauptschule, ist überzeugt, dass beide Seiten von einem Praktikum profitieren. 
 Detlev Pecko, Schulleiter der Konrad-Adenauer-Hauptschule, ist überzeugt, dass beide Seiten von einem Praktikum profitieren.  © KAS

Schließungen im Hotel- und Gaststättenbereich

Auch im Hotel und Gaststätten-Bereich sei es - bedingt durch die Schließung der Betriebe - zur vorzeitigen Beendigung des Praktikums gekommen, so Lehmenkühler. Im Gesundheitsbereich habe es keine klare Linie gegeben, „einige Arztpraxen haben das Praktikum vorzeitig beendet, andere nicht.“

Sozialpraktikum

Das Gymnasium der Benediktiner musste sein Sozialpraktikum „Compassion“ im Februar letztlich komplett absagen und das, obwohl es im Spätherbst 90 Prozent Zusagen gab. Berufs- und Studienwahl-Koordinator Marius Beitzel findet das nachvollziehbar: „Es findet ja schwerpunktmäßig in Krankenhäusern, Alters- und Pflegeheimen statt. Diese Einrichtungen müssen ganz besonders auf den Infektionsschutz achten. Mit steigenden Infektionszahlen war das aus unserer Sicht nicht mehr zu verantworten.“

Online-Formate

So schade es sei, es sei verständlich, dass einige Betriebe in diesen Tagen zurückhaltend seien, Schüler ins Unternehmen zu holen, schreiben die Schulen. Claudia Bertels, Schulleiterin am Städtischen Gymnasium, ist froh, dass viele Betriebe, darunter Martinrea Honsel, Veltins, Trilux oder das Klinikum Hochsauerland, Online-Formate für die Berufsvorstellung entwickelt oder zugesagt haben. Von Online-Praktika berichten die Schulen nicht.

Und für alle anderen formuliert es Pecko positiv: „Wir sind davon überzeugt, dass auch diese Betriebe bei einer Abschwächung der pandemischen Lage unseren Schülerinnen und Schülern wieder Möglichkeiten bieten, damit sie das gesamte Spektrum der Ausbildungsberufe unserer Region kennenlernen.“