Berge. Im Mescheder Ortsteil Berge will ein Sägewerk erweitern. Bei den Menschen wächst die Kritik an der Stadtverwaltung und an den Kommunalpolitikern.

In Berge wächst der Protest gegen eine geplante Erweiterung des Sägewerks Klute. Die Kritik richtet sich dabei auch gegen die Stadt Meschede – und den eigenen Ortsvorsteher.

Wie berichtet, will das Sägewerk seinen Betrieb um 1,4 Hektar an Lagerfläche erweitern – mitten im Ort jenseits der Wenne gelegen. Erforderlich wäre es unter anderem, eine 4,50 Meter hohe Böschung mit 60.000 Kubikmeter Erde anzuschütten, um ein einheitliches Höhenniveau zu bekommen. Die Böschung würde direkt neben dem Ruhrtal-Radring entstehen. Auf dem Gelände soll eine bis zu 20 Meter hohe Bebauung möglich sein.

Bürger raten zur Betriebsverlagerung

Die Mescheder Kommunalpolitik hat mit dem Planungsverfahren begonnen, die erforderliche Änderung des Flächennutzungsplanes und die Einleitung eines Bebauungsplanes sind auf den Weg gebracht. Damit aber finden sich die Berger nicht ab. Rund 200 Unterschriften sind inzwischen gegen das Vorhaben im Ort gesammelt worden, außerdem gibt es Einsprüche von Bürgern.

Die jetzige Freifläche rechts im Bild müsste angeschüttet werden, um ein einheitliches Höhenniveau zu erreichen. 60.000 Kubikmeter Erde wären dafür erforderlich, das bedeutet 5000 Lkw-Fahrten.
Die jetzige Freifläche rechts im Bild müsste angeschüttet werden, um ein einheitliches Höhenniveau zu erreichen. 60.000 Kubikmeter Erde wären dafür erforderlich, das bedeutet 5000 Lkw-Fahrten. © Jürgen Kortmann

Immer größer sei das Sägewerk im Laufe der Jahre geworden, kritisieren sie. „Aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, der Holz verarbeitet, hat sich ein Gewerbebetrieb entwickelt“, sagt zum Beispiel Friedrich Nagel, Ortsheimatpfleger in Berge. Jetzt sei der Punkt erreicht, wo an eine weitere Entwicklung an dieser Stelle nicht mehr zu denken sei: „Hier ist eine Erweiterung unmöglich.“ „Das Maß ist voll!“, sagen auch andere Berger bei einem Ortstermin: Dann müsse eben eine Verlagerung des Betriebes überlegt werden – dies sei ja auch in anderen Orten erfolgreich gewesen, die Berger nennen das Beispiel des Sägewerks Fabri nebenan in Grevenstein.

Die Zufahrt zum Sägewerk führt über die Straße Zur Küchenhelle, mitten im Ort gelegen. Das aber ist für die Berger auch der Dorfmittelpunkt. Hier liegt die Bäckerei, hier liegt der „Wennesaal“ für Vereinsproben, die Bushaltestelle (die auch die Schul- und Kindergartenkinder nutzen), hier treten die Schützen an, hier parken Besucher, die dann die Radwege aufsuchen, skaten oder spazieren gehen: „Die Zufahrtstraße ist für den Schwerverkehr nicht geeignet“, meint zum Beispiel Anwohner Ludger Franzes. „Die fahren uns jetzt schon die Fußsohlen ab“, sagt ein anderer.

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Eine Erweiterung ohne zusätzlichen Verkehr nachher?

Über diese Straße, die im weiteren Verlauf nicht einmal einen Bürgersteig besitzt, würden dann auch die zusätzlichen Lastwagen das Sägewerk anfahren – der Behauptung des Unternehmens und der Stadtverwaltung, es werde kein Mehrverkehr entstehen, schenken die Berger keinen Glauben: Wozu sonst eine Erweiterung? Und der zuständige Fachbereichsplaner Klaus Wahle aus dem Mescheder Rathaus hat bereits betont, zu dieser Straße gebe es als Zufahrt keine Alternative.

Auch die Luziaschule ist betroffen: Gegenüber der Küchenhelle liegt am Wasser der Arpe das „Blaue Klassenzimmer“, am Radweg wiederum, direkt neben dem Sägewerk liegt der „Summende Bienen- und Erlebnisgarten“ als „Grünes Klassenzimmer“.

Der Ruhrtal-Radring verläuft in Berge direkt neben dem Sägewerk.
Der Ruhrtal-Radring verläuft in Berge direkt neben dem Sägewerk. © Jürgen Kortmann

Schulleiter Friedhelm Baumhöfer verweist auch auf die immer größer gewordene Lärmbelästigung für den Schulbetrieb – durch die Zunahme des Lkw-Verkehrs im Ort. Das bestätigen die Berger: Denn durch ihren Ort fahren ja nicht nur die Lastwagen zum Sägewerk, sondern auch zum Steinbruch, nach Veltins, plus die Lkw auf der Durchreise in Richtung Freienohl bzw. Eslohe. Allein zur geplanten Anschüttung der Böschung am Sägewerk wären 5000 Lkw nötig.

Kritikpunkte haben die Berger viele. Aber sie würden nicht gehört, beklagen sie. Reaktionen aus dem Mescheder Rathaus gebe es keine. Ortsvorsteher Matthias Vitt (CDU) werfen sie vor, sich bereits für die Erweiterung ausgesprochen zu haben. Im Fachausschuss hatte er, wie berichtet, gesagt: „Wenn wir widersprechen, dann können wir den Nagel in den Sarg klopfen für die Firma.“ Ihrerseits fragen die Berger jetzt: Wen er eigentlich vertrete – den Ort oder Privatpersonen? Und welche betriebswirtschaftliche und planerische Kompetenz er besitze? Der CDU-Mehrheit im Rathaus halten sie vor, nur Vertreterin von Wirtschaft und Gewerbe zu sein, aber nicht abzuwägen. Die Stadtverwaltung wiederum, sagen sie, übernehme aus Mangel an eigenem Personal einfach Planungen des Investors, bewerte diese dann nicht einmal - und lege sie dann einfach den Kommunalpolitikern vor.

>>>HINTERGRUND<<<

Kritisch wird in Berge auch das Argument aus der Mescheder Stadtverwaltung gesehen, eine Erweiterung des Sägewerks sei nötig, um die Mengen des anfallenden Käferholzes bewältigen zu können.

Denn es dauere ja, so die Berger, bis eine Erweiterung umgesetzt würde: Dann aber wäre das Käferholz längst kein Thema mehr – und sie verweisen dabei auf die Erfahrungen mit den Holzmengen, die nach „Kyrill“ anfielen. Dieses Holz sei auch nach zwei Jahren vermarktet gewesen.

Was aber geschehe, fürchten die Berger, wenn das Sägewerk später einmal womöglich verkauft werde – dann würde eine genehmigte Gewerbefläche auf den Markt kommen.

Dort könnten sich dann, so die Sorge, alle möglichen Firmen niederlassen – mit womöglich noch viel gravierenderen Folgen für den Ort.