Meschede. Nur wenige Frauen arbeiten im Bereich des Insolvenzrechts. Wir stellen zwei Meschederinnen und ihre Aufgaben vor.

Unter einem erfolgreichen und kompetenten Rechtsanwalt stellt man sich gewöhnlich einen respekteinflößenden, dominant auftretenden Mann vor. Eine Frau passt da irgendwie nicht in unsere sozialisierten Vorstellungen. Noch 1970 lag der weibliche Anteil zugelassener Rechtsanwältinnen bei 4,2 Prozent. Heute arbeiten rund 35 Prozent Frauen in diesem Beruf. Der Anteil gilt nicht für alle Rechtsgebiete: Insbesondere im Insolvenzrecht ist der weibliche Anteil immer noch sehr niedrig, in 2020 lag er bei 20 Prozent.

Die Rechtsanwältinnen Bettina Steden und Sandra Bitter aus Meschede sind seit vielen Jahren in diesem Bereich tätig. Ihr Schwerpunkt liegt auf der frühzeitigen Beratung von Unternehmen in Schieflage, um eine Insolvenz zu verhindern oder abzumildern.

Bettina Steden, Juristin
Bettina Steden, Juristin © Privat

Wie kommt man auf den Schwerpunkt Insolvenzrecht?

Bettina Steden: Nach Banklehre und Jurastudium sowie den ersten Berufsjahren als Rechtsanwältin war ich 19 Jahre als Syndikusanwältin in einer Genossenschaftsbank tätig. Naturgemäß war ich hier mit bank- und insolvenzrechtlichen Fragestellungen befasst. Mich interessiert bei einer Problemlösung die Kombination von juristischen und wirtschaftlichen Aspekten.

Sandra Bitter: Ausschlaggebend war bei mir die Möglichkeit des interdisziplinären Arbeitens. Hinzu kommt, dass man für die manchmal doch konfliktreichen Sanierungsprozesse auch ein gehöriges Maß an sozialer Kompetenz, Führungsstärke und Durchsetzungskraft benötigt, um diese erfolgreich umzusetzen. Für mich war es die Kombination aus diesen Fähigkeiten, die die Arbeit im Insolvenzrecht so reizvoll macht.

Worum geht es konkret im Insolvenzrecht?

Bitter: Das Insolvenzrecht regelt den Ablauf eines Insolvenzverfahren und dessen Voraussetzungen sowie die Konsequenzen des Verfahrens für die Schuldner, Geschäftsführer oder Gläubiger.

Wie reagieren die Mandanten auf eine Rechtsanwältin?

Steden: Ich habe nicht den Eindruck, dass die Akzeptanz uns gegenüber geringer ist als gegenüber männlichen Kollegen. Wir glauben beide, dass es den Mandanten und dem Insolvenzgericht darauf ankommt, die uns übertragenen Aufgaben im Interesse der Beteiligten bestmöglich zu erledigen, das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.

Sandra Bitter  
Sandra Bitter   © Privat

Was ist Ihr Beratungsansatz?

Steden: Wir appellieren an die Unternehmen, rechtzeitig auf Krisenanzeichen zu reagieren und frühzeitig Hilfe zu suchen. Je früher die Unternehmen professionell beraten werden, desto höher sind die Chancen, den Geschäftsbetrieb zu sanieren und Arbeitsplätze zu retten. Bereits in diesem frühen Stadium ist es wichtig, die möglichen Alternativen zu einem Insolvenzverfahren auszuloten. Hier bietet auch das neue Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) weitere Sanierungsinstrumente.

Bitter: Wir wissen, dass die Insolvenz nicht immer den „Tod des Kaufmanns“ bedeutet. Je früher ein Insolvenzantrag gestellt wird, desto größer ist die Chance einer Sanierung. Nicht immer bedeutet eine akute Zahlungsunfähigkeit auch das wirtschaftliche Aus des Unternehmens. Das StaRUG soll eine Sanierung auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens ermöglichen. Es will verhindern, dass es zu einer Insolvenz kommt. Um eine solche präventive Sanierung durchzuführen, darf das Unternehmen aber noch nicht zahlungsunfähig sein. Auch hier kommt es also entscheidend auf das rechtzeitige Handeln des Unternehmers an.

Was gefällt Ihnen an ihrem Beruf und was nicht so?

Steden: Mir gefällt die Beratung, der Umgang mit Menschen, die rechtlichen Bereiche, in denen ich unterwegs bin. Ziel ist eine wirtschaftlich tragfähige Lösung für alle Beteiligten. Im Idealfall wird dem Unternehmen ein Neustart für die Zukunft ermöglicht und die Gläubiger werden bedient.

Bitter: Eine gelungene Sanierung ist das, wofür ich leidenschaftlich gerne und auch viel arbeite. Mir gefällt nicht, wenn Insolvenzrecht in der Öffentlichkeit immer noch als Beerdigungsveranstaltung und der Insolvenzverwalter als Totengräber angesehen wird. Wir sind einfach engagierte Rechtsberaterinnen.

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>>>Hintergrund

Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 56.324 private Insolvenzen und 16.300 Firmeninsolvenzen. Beide Zahlen sanken im Vergleich zum Vorjahr. Die Gründ für eine Insolvenz sind vielfältig.

Als interne Ursachen kann man nennen: Krankheit, Arbeitsmangel oder die Insolvenz eines Geschäftspartners. Sie liegen eher außerhalb der Verantwortung der Betroffenen.

Die Rechtsanwältinnen Bettina Steden und Sandra Bitter beraten an den Standorten in Meschede und Arnsberg unter anderem Unternehmen in Krise und Insolvenz.