Meschede. Mehrere Corona-Fälle bei Martinrea Honsel in Meschede machen offenbar drastische Maßnahmen nötig.

Kantine und sind Kiosk geschlossen, Dusch- und Umkleideräume zu: Im Mescheder Werk von Martinrea Honsel sind mehrere Coronafälle aufgetreten. In enger Abstimmung mit dem Kreisgesundheitsamt wurden entsprechende Maßnahmen getroffen. Ansonsten drohe die „Zwangsschließung des Unternehmens“, heißt es auf einem Aushang. Und gleichzeitig schießen die Gerüchte wild ins Kraut.

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28 Mitarbeiter nach Hause geschickt

20 bis 40 Mitarbeiter, so heißt es, seien mittlerweile positiv getestet, 28 direkt nach Hause geschickt worden. Bei 1500 Arbeitern ist das eine vergleichsweise geringe Zahl, die das Kreisgesundheitsamt trotzdem aufmerksam beobachtet. Zu genauen Zahlen und Vorgehensweisen, will sich Kreis-Pressesprecher Martin Reuther nicht äußern, das obliege der Geschäftsführung. „Bei uns läuft nur die normale Maschinerie an, wir veranlassen Testungen und sprechen Quarantänen aus.“ Man sei in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung.

Was ein offenes Geheimnis ist: Da wo getestet wird, werden auch weitere Fälle auftreten. Im HSK seien auch bereits Fälle der brasilianischen Virusmutation aufgetreten, bestätigt Reuther, ob das - so wie berichtet wird - bei Honsel der Fall sei, könne er nicht bestätigen.

Dieser Aushang im Werk von Martinrea Honsel in Meschede zeigt die getroffenen Corona Maßnahmen.
Dieser Aushang im Werk von Martinrea Honsel in Meschede zeigt die getroffenen Corona Maßnahmen. © Privat

Auf einem Aushang, der unserer Zeitung vorliegt, werden die einzelnen Maßnahmen genannt: „Verbot der Nutzung von Besprechungsräumen und von persönlichen Besprechungen inklusive Schichtübergaben; Verbot der Nutzung von Dusch- und Waschräumen; Verbot der Nutzung von Pausen- und Umkleideräumen sowie die Schließung von Kantine, Kiosk und Automaten.

Kantine komplett ausgeräumt

Angeblich sei die Kantine bereits komplett leergeräumt, man wisse nicht, ob und wann sie wieder geöffnet werden dürfe. Extra noch mal darauf hingewiesen wird auch, „dass die Covid-19-Schutzmaßnahmen (Abstand, Mund-Nasen-Schutz und Hygieneregeln) verbindlich einzuhalten seien. Sie dienten dem Schutz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und deren Familien. sowie „dem Erhalt des Unternehmens“. Und fettgedruckt: „Ein Verstoß führt zur Zwangsschließung des Unternehmens und wird arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.“ Diese Formulierung scheint unmissverständlich, wenn der Betrieb die Regeln nicht einhält, wird er geschlossen. Ein Satz, der die Runde macht. Allerdings ist nicht klar, wer den Betrieb dann schließen wird.

Besonders betroffen sei der Bereich der Kokille, berichten Mitarbeiter. Da, wo es möglich sei, würden Kollegen ins Homeoffice geschickt. Dass besonders muslimische Mitarbeiter betroffen seien, die sich während des abendlichen Fastenbrechens mit der Familie im Ramadan angesteckt haben, wird hartnäckig gemunkelt, lässt sich aber nicht verifizieren.

Gedrückte Stimmung

Die Stimmung im Haus sei gedrückt, sagt ein Mitarbeiter: „Wir leben jetzt alle seit einem Jahr mit der Pandemie und wissen, wie gefährlich sie ist. Das ist für alle schwierig.“ Ein anderer findet: „Gefühlt wäre eine Schließung des Werks mit Quarantäne für betroffene Mitarbeiter die einzig richtige Entscheidung gewesen.“

Bisher konnten sich Mitarbeiter bei Martinrea Honsel freiwillig testen lassen. Mit der neuen rechtlichen Regelung macht das Unternehmen zweimal pro Woche ein Testangebot in der Sanitätsstation. Dort ist der Werksarzt direkt angegliedert.

Stellungnahme der Geschäftsführung

In der Stellungnahme der Geschäftsführung heißt es nun: Martinrea-Honsel habe nach eigenen Angaben im Frühjahr 2020, unmittelbar bei Auftreten der ersten Corona-Fälle in Deutschland, die betriebliche Pandemiebekämpfung in Angriff genommen.

„Die Erfahrungen aus dem chinesischen Werk und der Pandemie in China haben uns sofort den Ernst der Lage deutlich gemacht.“

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Früher als andere Betriebe habe man ein Pandemieteam auf höchster Führungsebene installiert, das, beraten durch den Werksarzt, seitdem die Situation analysiert und betriebliche Schutzmaßnahmen situationsgerecht anpasst.

Kein Corona-Hotspot

Durch die dritte Welle der Coronapandemie habe man jetzt die Corona-Schutzmaßnahmen erneut angepasst, um schwerwiegende Auswirkungen auf die gesundheitliche Situation der Belegschaft zu verhindern. Martinrea-Honsel: „Es gibt, wie überall, nun vermehrt Coronainfektionen auch bei den Beschäftigten. Die genannten Zahlen stimmen und sind ein Abbild der allgemeinen Lage.“ Auch der Amtsarzt bestätige, dass es bei Martinrea-Honsel keinen Hot-Spot gibt, sondern spreche von der diffusen Infektionslage, die überall herrsche.

Aushang als „klare Ansage“

Zum Inhalt des Aushangs schreibt das Unternehmen: „Wie im ganzen Land gibt es auch unter den Beschäftigten bei Martinrea-Honsel Personen, denen es schwerfällt sich an die Schutzregeln zu halten. Der publizierte Aushang stellt eine ,klare Ansage’ dar, indem mögliche Konsequenzen aufgezeigt werden, wenn durch unbedachte Regelverstöße die Infektionslage noch schlimmer wird.“

Trotz der dritten Welle sei die Lieferfähigkeit von Martinrea-Honsel durch die große Umsicht beim Coronaschutz fraglos gegeben. Alle anderen Vermutungen entsprächen nicht der Wahrheit.

Der Hochsauerlandkreis erklärte, weitere Betriebe seien im HSK im Moment nicht im Fokus des Gesundheitsamtes.