Meschede. Wer jetzt im HSK mit Corona infiziert ist und was vom Kaffee auf der Terrasse zu halten ist, dazu äußert sich der Leiter des Gesundheitsamtes.
Corona-Infektionen gibt es zurzeit in allen Altersgruppen. Das macht ein genauer Blick auf die Zahlen deutlich. Dr. Peter Kleeschulte, Leiter des Kreisgesundheitsamtes, wirbt dafür, auch sonst sich möglichst mehrere Werte anzusehen, um das Infektionsgeschehen differenziert beurteilen zu können.
Was macht Ihnen mit Blick auf Corona gerade Sorgen?
Dr. Peter Kleeschulte: Ich sehe im Moment im HSK keine dramatischen Entwicklungen. Wir arbeiten die Gegebenheiten professionell mit allen Akteuren ab. Dabei hilft uns die Erfahrung der vergangenen 14 Monate. Das Wichtigste ist jetzt das Impfen, denn nur darüber können wir selbst ins Geschehen eingreifen, alle anderen Maßnahmen dienen nur der Eindämmung.
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Wie wichtig ist dabei die Einbeziehung der Hausärzte? Und machen sie das Impfzentrum letztlich überflüssig?
Die Hausärzte sind sehr wichtig, weil wir es nur über sie sowie Betriebs- und Werksärzte schaffen können, beim Impfen in die Fläche zu gehen. Das heißt, wir können mehr Leute beteiligen, ortsnäher impfen und den Prozess beschleunigen. Voraussetzung ist aber, dass genug Impfstoff vorhanden ist. Doch laut Aussage der Bundesregierung soll das ja Ende April/Anfang Mai deutlich mehr werden. Es macht aber auf keinen Fall die Impfzentren überflüssig.
Welche Menschen sind zurzeit im HSK von Covid 19 betroffen?
Ein Erfolg des Impfens ist, dass wir keine Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen mehr haben. Wir sehen auch keinen Schwerpunkt mehr in der Gruppe Ü80. Denn da sind die meisten mittlerweile geimpft. Die Corona-Infizierten sind heute altersmäßig breit gestreut. Anfang der Woche hatten wir beispielsweise 536 Infizierte. Nur 3,5 Prozent gehörten zur Ü70-Gruppe und nur 1,5 Prozent waren Ü80. Alle übrigen verteilen sich relativ gleichmäßig auf alle anderen Altersgruppen. 6,3 Prozent waren zum Beispiel jünger als zehn Jahre und 18 Prozent - die größte Gruppe - zwischen 31 und 40 Jahre alt. Die übrigen liegen mit 9,13, 15, 16 und 17 Prozent dazwischen. Man kann da im HSK keinen Schwerpunkt ausmachen. Nur: Es sind auch junge Menschen betroffen. Insgesamt sind etwa 40 Prozent Frauen und 60 Prozent Männer infiziert.
Hat das Kreisgesundheitsamt Informationen dazu, wo sich die Menschen anstecken?
Nach wie vor ist ein Großteil der Infektionen auf das private Umfeld zurückzuführen, immer da, wo mehrere Menschen zusammenkommen. Wir sehen dagegen keine Ausbrüche in Betrieben oder sonst am Arbeitsplatz. Es liegt daher im HSK zurzeit kein Schwerpunkt im betrieblichen Bereich. Natürlich waren zum Beispiel vor den Ferien viele Schulen betroffen, zeitweilig mehr als 30, aber in der Regel handelte es sich nur um einzelne Fälle, die durch frühzeitiges Testen aufgefallen waren.
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Und steckt man sich drinnen oder draußen an und gilt das auch für die Mutationen?
Mittlerweile steht die britische Mutation mit rund 95 Prozent der Infizierten im Vordergrund. Sie überwiegt damit deutlich, wie auch im Bundes- und Landesvergleich. Trotzdem bleibt es dabei, dass die Ansteckung vor allem in geschlossenen Räumen erfolgt. Die Erkenntnisse der Aerosol-Forscher sind da eindeutig. Beim Spaziergang im Park oder beim Kaffeetrinken auf der Terrasse, unter Einhaltung der Abstände, halte ich die Infektionsgefahr für gering.
Wenn man sich diese Erkenntnisse ansieht, für wie wichtig halten Sie dann eine Ausgangssperre?
Ich kenne keine Studie, die etwas zur Effektivität von Ausgangssperren sagt. Sie ist ein Instrument, um Kontakte zu beschränken. Inwieweit sie aber auch effektiv ist, vermag ich nicht zu sagen. Sie ist auf jeden Fall ein hartes Instrument, bei dem man die Einschränkung der persönlichen Grundrechte und einen möglichen Nutzen sorgsam abwägen muss.
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Gibt es Informationen dazu, wie viele der Schnelltests positiv sind?
Wir reden jetzt über Bürger-Schnelltests in unseren akkreditierten Testzentren, also beispielsweise beim DRK oder den Apothekern. Vom 6. bis zum 12. April gab es 26.000 Bürgertests, nur 106 waren laut unseren Informationen positiv. Das entspricht 0,4 Prozent. Allerdings gibt es keine verpflichtende Weiterleitung der Ergebnisse ans Kreisgesundheitsamt. Die Maschinerie springt erst an, wenn diese Ergebnisse durch einen positiven PCR-Test bestätigt werden. Dann sind da noch die Selbsttests, die zu Hause durchgeführt werden. Hierüber hat das Gesundheitsamt selbstverständlich keine weiteren Erkenntnisse.
Wie sehen Sie im Moment die Gefahr, unsere Intensivstationen zu überlasten?
Wir haben im HSK derzeit 105 offiziell gemeldete Intensivbetten. Davon waren am Dienstag sieben mit Corona-Patienten belegt. Auch in den vorherigen Wochen waren meistens um die 10 Prozent. Das ist also zurzeit kein Problem.
Im HSK lag dazu die Sieben-Tages-Inzidenz zu Wochenbeginn bei rund 120. In anderen Ländern und Kommunen ist sie deutlich höher. Welche Zahlen sollte man einbeziehen, wenn man zwischen Lockdown und Lockerungen entscheiden muss?
Diese Zahlen werden statistisch erst aussagekräftig, wenn man sie über einen größeren Zeitraum betrachtet, sonst gibt es zu große Schwankungen, weil Labore und Testzentren am Wochenende nicht besetzt sind. Den Wert allein zu betrachten, ist problematisch. Man muss ihn auch in Bezug zur Anzahl der Tests setzen. Und man muss auch den R-Wert betrachten, also wie viele Menschen steckt ein Infizierter im Schnitt an. Dazu kommt der Blick auf die intensivmedizinische Versorgung. Nur wenn man das alles zusammen betrachtet, kann man die Gesamtsituation differenziert beurteilen.