Meschede. Mit welchen Leiden Frauen zur Urologischen Praxisklinik Meschede kommen und wie oft und warum sich dort Männer im Coronajahr sterilisieren ließen.

Dr. Lucas Prado und Privatdozent Dr. Raschid Hoda leiten die Urologische Praxisklinik in Meschede seit einem Jahr gemeinsam. Nach Stationen in Krankenhäusern in Deutschland, Dubai und den USA waren beide, unabhängig voneinander, auf der Suche nach einer wirtschaftlich gesunden Praxis, die ihnen viel Freiheit beim Operieren und Arbeiten lässt. Am Schederweg haben sie diese gefunden.

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Wie hat es Sie als Wiener und Brasilianer ausgerechnet nach Meschede verschlagen?

Dr. Lucas Prado: Das lief über private Kontakte. Dr. Adolf hatte gehört, dass ich eine Praxis suche. Er hat mich angerufen, ob ich mir nicht seine Praxis ansehen will. Mir war es wichtig, dass ich in meiner Arbeit auch weiter operieren kann. Das ist hier durch die Kooperation mit dem Maria-Hilf-Krankenhaus in Brilon gegeben. Wir haben dort über die Urologische Gemeinschaftspraxis Hochsauerland eine Belegabteilung.

Privatdozent Dr. Raschid Hoda. ist in Wien aufgewachsen und lebt heute in Düsseldorf..
Privatdozent Dr. Raschid Hoda. ist in Wien aufgewachsen und lebt heute in Düsseldorf.. © Privat | Privat

PD Dr. Raschid Hoda: Ich hatte mich schon seit etwa zwei Jahren nach einer passenden Praxis umgesehen. Auch mir war es extrem wichtig, dass ich in meiner Arbeit auch weiter operieren kann. Und so biete ich neben der ambulanten Operationen in unserer Praxisklinik in Meschede, auch größere Tumorchirurgie in der externen Belegabteilung an. Natürlich ist auch die Wirtschaftlichkeit bei so einer Übernahme wichtig. Die Praxis war gut geführt, und wir konnten die Zahlen an Patienten und Leistungen noch verdoppeln.

Das Corona-Jahr haben Sie nicht gespürt?

Prado: Es gab einen kleinen Rückgang im ersten Lockdown, aber dann kamen die Patienten weiter. 40 Prozent sind Krebspatienten, diese können ja nicht einfach auf eine Behandlung oder ihre Chemotherapie verzichten. Die Gesellschaft für Urologie empfiehlt Männern ab 45 Jahren zur Krebsvorsorge alle zwei Jahre eine urologische Untersuchung, bei familiärer Vorbelastung sogar ab 35. Ab 60 sollten Männer und Frauen einmal im Jahr zur Krebsvorsorge in eine urologische Praxis kommen.

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Hoda: Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern und er nimmt auch aufgrund der verbesserten Diagnostik zu. Dabei ist er gut zu behandeln. Früherkennung heißt hier heilen. Aber jeder kann auch selbst etwas tun. Weltweite Studien zeigen: Männer mit Übergewicht haben ein deutlich höheres Risiko an Prostatakrebs zu erkranken. Ich selbst habe unter anderem in der USA über den Einfluss von Fettstoffwechsel auf Prostatakrebs geforscht und darüber vor zehn Jahren an der Martin-Luther-Universität habilitiert.

Wie setzt sich Ihr Patientenstamm ansonsten zusammen?

Prado: Etwa 70 Prozent sind Männer und 30 Prozent Frauen. Etwa zehn Prozent der männlichen Patienten sind Kinder. Bei den Männern sind ungefähr 20 Prozent jünger als 40 Jahre. 50 Prozent sind über 70.

Dr. Lucas Prado stammt aus Brasilien. Er wohnt heute mit Frau und Kind in Oeventrop.
Dr. Lucas Prado stammt aus Brasilien. Er wohnt heute mit Frau und Kind in Oeventrop. © Privat | Privat

Neben Krebs - welche Probleme haben ihre Patientinnen?

Hoda: Bei Frauen geht es vor allem um Inkontinenz oder Blasensenkungen im Alter. Auch junge Frauen, die mehr als zwei Blasenentzündungen im Jahr haben, sollten die Ursachen abklären lassen. Oftmals handelt es sich nur um einen kleinen Schaden an der Blasenschleimhaut, den man leicht behandeln kann.

Und die Männer?

Prado: Schwerpunkte sind Erektionsstörungen im Alter, Inkontinenzprobleme, Prostataprobleme und Sterilisationen. Aber wir können auch gekrümmte Penisse begradigen oder Penisprothesen einsetzen. Mittwochs machen wir große Bauch-Operationen im Briloner Krankenhaus und freitags operieren wir hier in der Praxis ambulant – aber auch unter Narkose.

Hoda: Ein Vorteil der Vasektomie, also der Sterilisation, beim Mann ist, dass die Operation, sie erfolgt minimalinvasiv, sehr viel weniger aufwendig ist als die Sterilisation der Frau. Der Eingriff ist nach 20 Minuten erledigt. Es ist die 80er-Generation, die sich jetzt sterilisieren lässt. Die jungen Männer haben einen sehr viel unbefangeneren und gleichberechtigteren Umgang damit als ältere Männer. Deshalb steigen die Zahlen. Wir sterilisieren hier vier bis fünf Männer pro Woche.

Prado: Interessant ist, dass der Wunsch danach im Corona-Jahr deutlich zugenommen. Es blieb ja auch sonst nicht viel zu tun.(lacht)

Ist Schamgefühl insgesamt in Ihrer Arbeit ein großes Thema?

Hoda: Nein. Das erlebe ich hier bei den Sauerländer Männern und Frauen nicht als Problem. Das war in Dubai ganz anders.

Hintergrund

Die Urologische Praxisklinik Meschede ist entstanden aus der ehemaligen Praxis Adolf/Sprenk. Vor einem Jahr wurde sie von PD Dr. Raschid Hoda und Dr. Lucas Prado neu gegründet.

Insgesamt arbeiten dort neben den beiden Ärzten noch acht Mitarbeiterinnen und ein Mitarbeiter.

PD Dr. Raschid Hoda (49) ist gebürtiger Perser und aufgewachsen in Wien. Heute lebt er in Düsseldorf. Er ist verheiratet und hat ein Kind. Seine Hobbys sind Tennisspielen, Saxophon spielen und Reisen.

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Hoda studierte in Wien Humanmedizin und bildete sich weiter in San Diego, Heidelberg, Halle und Lübeck. Heute hat er als Dozent ein Lehrauftrag an der Universitätsklinik Schleswig Holstein-Universität zu Lübeck.

Bevor er sich in Meschede niederließ war er unter anderem Oberarzt an der Uniklinik in Halle, Chefarzt der Urologie in Dubai, Sektionsleiter Laparoskopie an der Uni Lübeck, zuletzt war er Chefarzt am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen. Er führt zusätzlich eine Privatpraxis in Düsseldorf.

Dr. Lucas Prado ist 44 Jahre alt und stammt aus der brasilianischen Stadt Uberlândia. Er ist verheiratet und lebt mit Frau und Kind in Oeventrop. Seine Hobbys sind Schwimmen, Reiten und Ausdauersport.

Prado studierte in São Paulo, Heidelberg, Dallas, New York und Braunschweig. Zuletzt war er in der Urologischen Klinik des Universitätsklinikum Jena tätig. Vor vier Jahren übernahm er den Kassensitz von Dr. Eckehard Adolf und stieg in die Gemeinschaftspraxis mit Dr. Peter Sprenk ein.