Eslohe. Kamera an, Mikro aus: So laufen aktuell die digitalen Proben des Jungen Chores Eslohe. Wir durften uns bei der etwas anderen Probe zuschalten.

„Hat der Nathen schon wieder kein Internet?“ Bis 19.36 Uhr wird noch munter gefrotzelt. Dann erscheint Chorleiter Michael Nathen lächelnd unten links auf der Bildfläche. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Zoom-Probe des Jungen Chores Eslohe.

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18 Sängerinnen und Sänger haben sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Konferenz-Plattform eingeloggt, um sich als Chor auch in Zeiten der Corona-Krise nah sein können. Mehr ist nicht drin während des Endlos-Lockdowns. Leider! Aber die Chormitglieder machen das Beste aus diesen Zeiten.

Es wird viel gelacht, bis Chorleiter Michael Nathen mit der Probe startet. Nach und nach füllt sich der virtuelle Probenraum. Jan Böhmer erscheint mit einem freundlichen „Prost“ und erhebt zur Begrüßung sein Fläschen Bier. Klaus Winkelmeyer muss noch mal aufstehen und die Tür hinter sich öffnen, weil der W-Lan-Empfang mal wieder grottig ist. Mit schnellem Internet ist das in Bremscheid eben so eine Sache. Und Reinhard Schulte wird von der Runde mit einem erstaunten „Oh, der Reinhard war beim Friseur“, begrüßt.

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Keller, Küche, Partyraum,

Keller, Küche, Partyraum, Büro, Wohnzimmer - die Hintergründe könnten unterschiedlicher kaum sein. Und dennoch haben die Chormitglieder eines gemein. Allesamt wollen sie das tun, was ihnen am meisten Freude bereitet: Singen. Zusammen singen! Wenn schon nicht auf einer Bühne, dann wenigstens daheim. Hauptsache nicht allein. Nathen zögert nicht lange, nach seinem Eintritt in die Zoom-Chorprobe, dann müssen die Sängerinnen und Sänger auch schon ran: Aufstehen, Schulterkugeln, Hände an den unteren Rippenrand und Atmen. Aufwärmübungen gehören hier genauso dazu, wie bei einer echten Chorprobe. Nur, dass man bei einer echten Chorprobe beim Aufstehen eben nicht mit dem Kopf gegen eine Dachschräge donnert. Aber sei’s drum!

Als der Chor um 19.48 Uhr Nessaja von Peter Maffay anstimmt, wird schnell deutlich, warum die Mitglieder angehalten sind, ihre Mikrofone auf Stumm zu stellen: Von Synchronität sind die Lippenbewegungen durch die Verzögerungen im Internet ungefähr so weit entfernt wie die Erde vom Mond. Was aber auch sehr deutlich wird: In den Kellern, Büros, Küchen und Wohnzimmern sind die Sängerinnen und Sänger nicht mit weniger Leidenschaft und Disziplin bei der Sache wie bei den „echten Proben“.

Daumen in die Höh

„Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt, von außen wurde ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt...“ - zwar ist nur Chorleiter Michael Nathen an seinem Klavier mit diesen Zeilen aus den Lautsprechern der Laptops und Handys zu hören. Dennoch lässt sich ziemlich genau erahnen, wie schön das Ganze klingen würde, wenn man denn nur zusammen sein dürfte. „Funktioniert?“, will Nathen wissen und 18 Daumen gehen in die Höhe.

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„Natürlich könnte jeder von uns theoretisch auch ohne Zoom-Meeting alleine Zuhause singen“, sagt Klaus Winkelmeyer vom Vorstandsteam des Jungen Chores. Aber eben nur theoretisch! Denn praktisch machten das die wenigsten und zum anderen dürfe man nicht vergessen, dass es sich bei den Mitglieder des Jungen Chores um Amateure handele. „Profis können ihre Stimme alleine trainieren“, sagt Winkelmeyer und ergänzt: „Freizeitsänger, wie wir es sind, können das nur bedingt.“ Auch deshalb sind die virtuellen Chorproben so enorm wichtig. „So wie ein Sportler seine Muskeln trainiert, müssen Sänger ihre Stimme trainieren“, erklärt Winkelmeyer. Und wenn ein Sportler monatelang nicht an sich und seiner Fitness arbeite, sei das nichts anders wie bei einem Sänger. „Die Stimmbildung ist enorm wichtig, wenn du nicht irgendwann wieder bei Null anfangen willst“.

Und das wollen die Mitglieder des Jungen Chores auf keinen Fall. Schließlich haben sie ein großes Ziel vor Augen: Sie wollen Ende des Jahres ihr Publikum endlich wieder bei ihren Weihnachtskonzerten in der Schützenhalle begeistern. Und genau hierauf wird bereits hingearbeitet - in der Hoffnung, dass Corona nicht auch diesen Plan wieder zerstört. Deswegen stehen bei den Zoom-Proben bereits jetzt Weihnachtslieder auf der Tagesordnung. „Winterabend, du denkst nicht ans Schlafen, denn schon morgen kommt der Weihnachtsmann...“

Ganz schön anstrengend

Bei allem Spaß, den die Sängerinnen und Sänger bei ihren Treffen auf Abstand haben. „Wer dabei richtig mitmacht, weiß am Ende was er getan hat“, sagt Winkelmeyer. Eine virtuelle Chorprobe sei unterm Strich nicht weniger anstrengend als eine echte. Dabei sei es für jeden einzelnen Sänger noch einmal eine besondere Herausforderung, weil man eben nicht, wie bei einer normalen Chorprobe, 20 andere Stimmen im Ohr habe, sondern nur seine eigene. „Da fällt jeder Ton, der daneben ist, sofort auf, während er im großen Gefüge eines Chores auch mal untergeht“, sagt Winkelmeyer. Wenn hoffentlich bald wieder echte Chorproben erlaubt sein werden, dann werde sich zeigen, wer bei den virtuellen richtig mitgemacht hat, ergänzt er und lacht.

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Letztlich gehe es bei den wöchentlichen Treffen im Internet aber genausogut darum, das Gefüge zu erhalten. Es gehe um die Gemeinschaft, das gemeinsame Erlebnis - darum, dass alle gemeinsam mal wieder einen festen Termin im Kalender stehen haben. Darum, dass man die anderen einfach mal wieder regelmäßig sehe. Denn: Auch, wenn der gemeinsame Gesang auf Abstand schwierig sein mag, gemeinsam Lachen lässt es sich auch, wenn man Kilometerweit voneinander entfernt ist. Und Lachen ist am Ende schließlich genauso gesund wie Singen!