Meschede. Die Pandemie hält die Mescheder Gastwirte seit 142 Tagen im Lockdown. Zur Forderung „Wir brauchen eine Perspektive!“ kommt eine besondere Aktion.

Grünes Licht soll am Wochenende auf Initiative von Werbegemeinschaft und Stadtmarketing auf viele Mescheder Gastronomie-Betriebe gerichtet werden. Unter dem Slogan „Wir können. Wir wollen. Wann kriegen wir grünes Licht“ soll es ein Schlaglicht auf eine Branche werfen, die sich von der Politik vergessen fühlte. „142 Tage sind wir im Lockdown“, erklärt André Wiese, Vorsitzender Mescheder Werbegemeinschaft. „Wir brauchen endlich eine Perspektive.“

HSK als Modellregion

Er ist sicher: „Mit der Nachverfolgungs-App Luca und den hohen Hygienestandards der Gastronomen, ist eine Öffnung möglich, die weder Gäste noch Mitarbeiter gefährdet.“ Die Mescheder Betriebe unterstützen deshalb den Vorstoß des Landrates, Modellregion für eine Öffnung zu werden und über die Nachverfolgungs-App Luca den Besuch für alle sicher zu machen. Mit einer alleinigen Öffnung des Terrassenverkaufs allerdings sei ihnen nicht geholfen. „Das ist völlig unwirtschaftlich!“

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Deutlich wurde: In der Gastronomie macht sich zunehmend Verzweiflung und Resignation breit. „Wir sind es gewohnt, viel zu arbeiten, heute treffen wir uns zu dritt wenigstens stundenweise im Café Brazil, damit wir das Gefühl haben, etwas zu tun“, sagt Dennis Kramer. Das Nichtstun gehe an die Substanz. „Das ist keine Freizeit mehr, die man positiv für sich nutzen kann!“

Unterstützung der Kunden bröckelt

Manche Gastronomen, die sich mit Außer-Haus-Verkaufen über Wasser halten, merken, dass die Unterstützung durch die Kunden bröckelt. Das Servieren auf Papptellern, sei für ihn als Koch schwierig, sagt André Mesters vom Holländer Hof in Grevenstein. „Ich richte ein Essen gern schön auf Tellern an.“ Den Außer-Haus-Verkauf mach er vor allem, um den Kontakt zu den Kunden zu halten. Michele Tiscione von der Pizzeria „da Franco“ erlebt dagegen wie Anna Kotthoff, Wirtin von Kotthoffs Theo, noch viel Solidarität. „Alle freuen sich darauf, dass wir öffnen“, sagt sie.

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Doch noch gibt es keine Perspektive. Wiese macht da auch der eigenen Lobby-Vertretung einen Vorwurf und appelliert an die Kollegen. „Eigentlich müssten alle Abgeordneten von uns täglich eine Mail bekommen.“

Die Probleme der Gastronomie-Branche

Mit der lokalen Aktion versucht die Branche auf sich aufmerksam zu machen - und auf die weiteren Probleme: Dazu gehört der zunehmende Fachkräftemangel, weil Köche und Restaurantkaufleute der Branche den Rücken kehren und Auszubildende in so einer Situation noch schwerer zu bekommen sind. „Mein Koch arbeitet jetzt bei einem Fleischer“ erzählt André Mesters. Oft vergessen würden auch die Aushilfen, betont André Wiese. „Auf die sind wir in Spitzenzeiten angewiesen.“ Für alle in der Gastronomie sei die finanzielle Situation schwierig. „Auch unserer Mitarbeiter sind wie die Friseure auf Trinkgelder angewiesen. Mit dem Kurzarbeitergeld können sie nicht leben.“ Eine weitere Forderung ist die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung für Speisen und die Ausweitung auch auf Getränke.

Dazu kommt, dass auch die versprochenen Hilfen seit Januar nicht geflossen sind. „Manche haben auch die Novemberhilfen noch nicht erhalten“, erklärt Wiese. Um vor Augen zu führen, wie lange die Gastronomie schon geschlossen hat, gibt es auch ein Plakat, auf dem für jeden Tag der Schließung ein Strich zu sehen ist. 142 bis jetzt - jeden Tag kommt einer dazu.

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Kritik an der Aktion

Die Aktion der Wirte ist allerdings auch nicht unumstritten. Michael Heinemann vom „Casa Conchita“ hat sich bewusst dagegen entschieden. „Ich bin bei allen Punkten dabei, wenn es um finanzielle Hilfen für Betriebe und Angestellte und um Aufmerksamkeit für die Branche geht, aber eine Öffnung in den Innenräumen kann ich angesichts der steigenden Corona-Zahlen nicht unterstützen“, sagt er. „Diese Pandemie ist eine Krise, wie wir sie alle noch nicht erlebt haben.“

HINTERGRUND

Auch an zwei weiteren Kampagnen beteiligen sich die Mescheder Gastgeber und bitten auch ihre Gäste sich anzuschließen:

Unter #PerspektiveJetzt sind Akteure aus dem Tourismus und der Reisebranche, aus Hotellerie und Gastronomie aufgerufen, ihre Geschichte zu erzählen. Gleichzeitig laden sie Fotos aus Betrieben und Lieblings-Hotels oder -Restaurant mit dem kompletten Hashtag „#PerspektiveJetzt – Gastgewerbe: sicher und verantwortungsvoll“ auf Social-Media-Kanälen hoch.

Für die Initiative „#aufstehengastgeber – für die Zukunft von Gastgewerbe und Tourismus“ dient das Büro der Hotelkooperation „Die Sterne im Sauerland“ als Koordinierungsstelle. Das Positionspapier findet sich auf der Seite www.aufstehen-gastgeber.de. Alle sind aufgefordert diese Brief-Appell-Aktion zu unterstützen oder für Reichweite auf Social-Media -Kanälen zu sorgen.