Meschede. Sabrina Melbert und Martina Henke sind Fahrlehrerinnen in Meschede: Sie erzählen von ihrem Beruf - und es gibt einen Appell.

Von den 83,1 Millionen Einwohnern in Deutschland besitzen die meisten Volljährigen eine gültige Fahrerlaubnis. Allerdings sorgt die demografische Entwicklung für immer weniger Jugendliche, sodass die Zahl der Fahrschulen zurückgeht. Hinzu kommt, dass der Führerschein und das eigene Auto für junge Leute oft nicht mehr Statussymbol sind. In ländlichen Gebieten und Kleinstädten sieht es anders aus als in Großstädten: Im HSK ist ein Führerschein immer noch dringend notwendig für die eigene Mobilität und Selbstständigkeit. Die 1991 in Meschede geborene Martina Henke sorgt dafür, dass es mit dem Führerschein möglichst unproblematisch klappt. Sie erzählt mit Kollegin Sabrina Melbert aus ihrem Alltag.

Frage: Welche Ausbildung hat eine Fahrlehrerin?

Martina Henke: Fahrlehrer und Fahrlehrerin ist eine staatlich anerkannte und bundesweit einheitliche Bezeichnung für einen Dienstleistungsberuf im Verkehrswesen. Seit 2018 zählen zu den Voraussetzungen ein Mindestalter von 21 Jahren, eine Fahrerlaubnis der Klasse BE (Pkw mit Anhänger) und der mindestens dreijährige Besitz der Fahrerlaubnis der Klasse B (Pkw) sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein gleichwertiger Ersatz.

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Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, ein typischer Frauenberuf, und bin heute als Fahrlehrerin in einem eher typischen Männerberuf rundherum zufrieden. Mit der Reform des Fahrlehrergesetzes 2018 wurde Frauen der Einstieg in den Beruf erleichtert. Als ich 2014 Fahrlehrerin wurde, brauchte man noch die Fahrerlaubnisklassen A und CE (Motorrad und Lkw mit Anhänger). Die eigentliche Ausbildung dauert mindestens ein Jahr und kostet etwa 15.000 Euro, die u.a. durch die Agentur für Arbeit gefördert werden können.

Wie kommen Sie als Frau zu diesem Beruf?

Bei mir hat als 16-Jährige, die ihren Rollerführerschein erwerben wollte, mein Fahrlehrer den Ausschlag gegeben. Er war so engagiert und begeistert, dass er alle Schüler angesteckt hat. Heute ist er übrigens einer meiner Chefs.

Sabrina Melbert, Kollegin von Martina Henke: Das ist jetzt aber nicht der allgemein übliche Zugang zu unserem Beruf. Bei mir war es meine technische Ader, mein Interesse an allem, was Räder hat und mein Wunsch, etwas mit Menschen zu tun zu haben. Diese Kriterien erfüllt unser Beruf zu 100 Prozent.

Wie fühlt man sich als Frau unter so vielen männlichen Kollegen?

Martina Henke: Einfach nur gut! In Deutschland liegt der Frauenanteil unter den Fahrlehrern bei ca. 10 Prozent, Tendenz steigend. Wir sind hier bei Schnier + Voss insgesamt 14 männliche und 2 weibliche Fahrlehrerinnen und Fahrer. Die kollegiale Zusammenarbeit ist hervorragend, das Betriebsklima freundlich und entspannt. Meine Kollegin und ich fühlen uns hier einfach nur wohl und als Frauen voll und ganz gleichwertig.

Wie reagieren die Fahrschülerinnen und -schüler?

Martina Henke: Da gibt es ebenfalls keine Vorurteile. Manche Fahrschüler wünschen sich für den praktischen Ausbildungsteil denselben Ausbilder, den sie schon im theoretischen Teil kennengelernt haben. Ob das nun ein Lehrer oder eine Lehrerin ist, spielt eher keine Rolle. Was zählt ist letztlich das Ergebnis: die heiß begehrte Fahrerlaubnis. Deutschlandweit liegt die Wiederholungsquote bei 35 Prozent. Wir bei Schnier + Voss liegen bei ca. 15 Prozent. Das spricht für unsere Arbeit.

Wie sieht Ihr beruflicher Alltag konkret aus?

Martina Henke: Gute Frage, es gibt keinen festen Tagesplan: Wir teilen uns die Termine der Fahrstunden selbst ein. Dadurch, dass der Großteil unserer Fahrschüler noch zur Schule geht oder eine Ausbildung macht, sind die Spätnachmittags- und Abendstunden bei den Fahrschülern begehrt. Die Beleuchtungsfahrten sind natürlich an die Dunkelheit gebunden. Da kann es im Sommer schon mal spät werden. Einen festen Zeitarbeitsplan von 8 bis 16 Uhr gibt es bei uns nicht.

Was hat sich durch das Coronavirus geändert?

Martina Henke: Von Mitte März bis Mai 2020 durften wir nicht arbeiten. Da hat es dann natürlich einen Stau gegeben. Wir halten uns sorgfältig an alle Corona-Auflagen. Desinfizieren, Lüften, Mundschutz tragen sind selbstverständlich. Bislang hatten wir auch noch keine Coronainfektion unter den Kollegen. Hoffentlich bleibt das auch so.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf, und was nicht so?

Martina Henke: Wenn man Flexibilität, selbstständige Zeiteinteilung und eine gewisse pädagogische Ader mitbringt, muss man unseren Beruf einfach lieben. Es wird nie langweilig. Jeden Tag hat man in den Fahrstunden und im Theorieunterricht mit mehreren Fahrschülern zu tun. Zeit für Hobbys, bei mir zum Beispiel mein Pferd pflegen und Reiten, Motorradfahren und Fotografieren, muss man sich nehmen und einplanen.

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Die Fahrschüler haben ja schließlich auch ihre Hobbys wie Fußballtraining oder Musikunterricht, die wir berücksichtigen. Wenn es etwas gibt, was mir an meinen Beruf nicht so gut gefällt, dann ist es das Verhalten von einigen anderen Verkehrsteilnehmern: Bitte liebe Mescheder, seid nachsichtig, wenn wir mit unseren Schülern das Einparken üben oder es an der Kreuzung und vor der Ampel mal etwas länger dauert. Hupen, dichtes Auffahren und ärgerliche Handzeichen helfen da nicht wirklich. Denken Sie immer daran, auch Sie waren mal Anfänger im Straßenverkehr.