Schmallenberg. Mit einem aufwendigen Projekt wollen das Umweltministerium und das Regionalforstamt Teile des Schmallenberger Waldes vor dem Borkenkäfer retten.

Bei dem Projekt ist eine ganze Menge Hoffnung mit dabei, sagt Frank Rosenkranz, Leiter des Regionalforstamts Oberes Sauerland mit Sitz in Schmallenberg: „Wir hoffen, dass wir etwas erreichen, dass wir Erfolg haben. Alles ist momentan besser, als nichts zu tun.“ Der Landesbetrieb Wald und Holz und das nordrhein-westfälische Umweltministerium wollen die Fichtenbestände, die noch nicht vom Borkenkäfer befallen sind, retten. Auch wenn das Wetter bislang mitspielte, bleiben nur wenige Monate, die über Erfolg oder Misserfolg im Kampf gegen den Borkenkäfer entscheiden. Die Zeit drängt also.

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Das Projekt

Das Umweltministerium und der Landesbetrieb haben nach Auswertung von Satellitenbildern aus dem vergangenen Jahr Waldregionen ausgemacht, die größer als 20 Hektar sind und wo die Fichtenbestände noch eine hohe Vitalität aufweisen, also noch nicht so enorm vom Borkenkäfer befallen sind. Südwestfalen ist Modellregion, ein großer Teil des Waldes liegt auf Schmallenberger Stadtgebiet, andere Teile im Olper Bereich sowie im Kreis Siegen-Wittgenstein. Insgesamt 12.000 Hektar, 6000 Hektar haben noch sehr gute Vitalitätszeichen, zwei Drittel davon sind Schmallenberger Wald.

Frank Rosenkranz - Forstamtsleiter Regionalforstamt Oberes Sauerland
Frank Rosenkranz - Forstamtsleiter Regionalforstamt Oberes Sauerland © Klaus Mischka

Die ausgewiesene Schmallenberger Fläche liegt etwa zwischen Oberhenneborn (westlich), Bödefeld (nördlich), Westfeld und Winkhausen (südlich) und zieht sich in östlicher Richtung bis ins Winterberger Stadtgebiet. „Das heißt natürlich nicht, dass wir die anderen Waldregionen im Stadtgebiet aufgeben“, sagt Rosenkranz: „Im Gegenteil.“ Nur müsse die Maßnahme dort erfolgen, wo der Borkenkäfer bislang möglichst wenig Schaden angerichtet habe, wo die Wahrscheinlichkeit eines Fichten-Überlebens am größten ist: „Wir wollen die Maßnahmen konzentrieren.“

Geplant ist, rund 50.000 Festmeter der befallenen Borkenkäfer-Fichten bis April aus dem Wald zu schaffen, den Wald also mehr oder weniger „Borkenkäfer-frei“ zu machen. So könnte verhindert werden, dass der Borkenkäfer dann, wenn er wieder ausschwärmt, die jetzt noch gesunden Bäume befällt.

Das Wetter

„Das Wetter der vergangenen Tage spielte uns dafür in die Karten“, sagt Rosenkranz. Der tiefe und langanhaltende Frost sei gut gewesen. Aber nicht das Todesurteil für den Borkenkäfer, der nicht nur im Baum, sondern auch im Waldboden sitzt. Borkenkäfer überwintern in unterschiedlichen Stadien: Als Larven, Jungkäfer und erwachsene Käfer. Larven und Jungkäfer können durchaus bei den frostigen Temperaturen eingehen, erwachsene Käfer überleben zum Großteil aber. Für sie würde eher das „feuchtwarme Schmuddelwetter“ zur Gefahr, wenn Verpilzungen entstehen.

So sieht sie aus, die Rinde, in die der Borkenkäfer seine Gänge gegraben hat.
So sieht sie aus, die Rinde, in die der Borkenkäfer seine Gänge gegraben hat. © Ute Tolksdorf

Aber selbst wenn 20 oder 30 Prozent der Borkenkäfer sterben, werden Milliarden von ihnen überleben. „Aber ein langer Winter schiebt den Zeitpunkt der ersten Schwärmflüge nach hinten“, sagt Rosenkranz. Wenn es an mehreren Tagen 16 Grad oder wärmer sei, würden die Borkenkäfer wieder ausschwärmen, meistens ab April: „Bis dahin wollen wir das forstschutzrelevante Holz also gesichert haben.“

Die Waldbesitzer

„Alle tun das Mögliche und natürlich haben auch die Waldbesitzer ein großes Interesse“, sagt Rosenkranz. Hinter dem Projekt hänge logistische wie auch personelle Arbeit: „Das Holz sollte so wenig wie möglich im Wald liegen, aber die Eigentümer müssen natürlich mitmachen.“ Es sei auch zusätzliches Personal hinzugezogen worden, um das Projekt bis ins Frühjahr umsetzen zu können.

Der Preis pro Festmeter ist von ehemals 90 Euro bei inzwischen 45 Euro angekommen, zwischenzeitlich lag er noch tiefer. Rosenkranz: „Wir sind froh, dass wir die Absatzmärkte in China hatten, sonst hätte es noch wesentlich schlimmer ausgesehen.“ Für das Holz gebe es weniger Geld, doch die laufenden Kosten bleiben für den Waldbesitzer, so Rosenkranz: „Wir sprechen hier von großen Millionenschäden.“

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Im vergangen Jahr habe die Region mit 800 Förderanträgen Platz 1 belegt und 6,5 Millionen Euro Fördergelder vom Land NRW erhalten.

Die Perspektive

Kahlflächen, wie sie durch die Abholzung entstehen, seien problematisch: „Der Wald ist Klimaschützer Nummer eins und CO2-Speicher.“ Zudem gebe es einen nicht unbedeutenden touristischen und wirtschaftlichen Nutzen. Zudem besteht bei Kahlflächen die Gefahr von Bodenerosionen.

Die Schwärmflüge des Borkenkäfers seien nicht immer logisch, sagt Rosenkranz: „Es gibt Regionen, da ist die Durchseuchung sehr hoch und andere Bereiche, wo der Borkenkäfer nur ganz vereinzelt unterwegs war.“ Fakt sei aber, den Borkenkäfer werde man nicht besiegen können: „Aber das brauchen wir auch nicht, es gibt ihn schon immer. Nur diese exponentielle Zerstörung wollen wir eindämmen.“

Seit etwa drei Jahren, bedingt durch Sturmschäden und Dürreperioden, habe sich der Käfer ausgebreitet: „Das ist aber kein regionales Problem, sondern ein mitteleuropäisches.“ So schlimm die Krise aber auch sei, müsse der Blick nach vorne gehen: „Wichtig ist die Klimaanpassung des Waldes. Unser Ziel sind mindestens vier Baumarbeiten auf der Fläche.“ Die Fichte ganz aus den heimischen Wäldern zu verbannen, das mache keinen Sinn, so Rosenkranz: „Aber wir müssen zukunftsorientiert handeln. Der Wald ist ein langsames Ökosystem, Entscheidungen haben eine lange Tragweite.“ Fakt ist aber auch: Den Wald der vergangenen Jahre vor der Borkenkäferplage wird es frühestens in 80 oder 100 Jahren wieder im Sauerland geben.

Weitere Informationen zum Projekt und Kartenmaterial unter www.waldinfo.nrw.de