Bestwig. Finanzen, Wohnraum, mehr Geld für Schulen und Feuerwehr, Kritik am Neubau des Ruhrtalradwegs - darüber wird im Bestwiger Gemeinderat diskutiert.

In Bestwig ist der Haushalt für 2021 einstimmig von den drei Fraktionen im Gemeinderat verabschiedet worden. Die Steuern werden nicht erhöht.

Das sagt die CDU

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Meinungsverschiedenheiten gab es um die grundlegende Sichtweise auf die Finanzlage. Wie berichtet, geht die Gemeindeverwaltung von einem Fehlbetrag von 1,17 Millionen Euro aus. Der kann allerdings durch Geld aus der dafür vorgesehenen Ausgleichsrücklage gedeckt werden. Dafür sei die Rücklage auch da, sagte CDU-Fraktionschef Alexander Brockhoff. Mittelfristiges Ziel müsse sein, den Haushalt ausgeglichen zu gestalten, ohne in die Rücklage zu greifen. Brockhoff sprach von „einem guten und soliden Haushalt“: Seit 2017 seien Überschüsse erwirtschaftet worden, die Gemeinde verfüge über gutes Eigenkapital und gute Liquidität, Kredite müssten nicht in Anspruch genommen werden.

So urteilen SPD und Grüne

Die Opposition zeichnete ein ganz anderes Bild der Finanzen. Man habe schlicht Glück gehabt, dass die Gewerbesteuer 2017 bis 2019 so hoch war, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Paul Theo Sommer. Ein strukturell ausgeglichener Haushalt zeichne sich nicht ab, die SPD mache sich „große Sorgen bei Betrachtung der Kassenlage“ und vermisse Ideen. Die sprudelnden Quellen bei der Gewerbesteuer seien versiegt: Sommer verwies auf die Probleme der großen Arbeitgeber Tital und Busch, fehlende Neuansiedlungen, den Wegfall von Gewerbesteuerzahlern mit Beendigung der Bautätigkeit an der A 46.

Auch Matthias Scheidt, Fraktionschef der Grünen, mahnte einen strukturellen Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben an, statt sich auf die Rücklage zu verlassen – „nicht mal ansatzweise“ sei ein Vorschlag zu erkennen, wie Bürgermeister Ralf Péus den Ausgleich erreichen wolle. Er kritisierte Péus für das Zahlenwerk: „Das Ganze noch als Gewinn zu verkaufen, anstatt die Bürger und den Gemeinderat darauf vorzubereiten, dass wir in den kommenden Jahren kreativ werden müssen – das ist ein verheerendes Zeichen, mit dem Sie das Prädikat „solide und seriöse Haushaltsplanung“ für uns erst mal verspielt haben.“

Laut Scheidt passe da ins Bild, dass Péus und die CDU-Mehrheit mitten in der Corona-Pandemie, trotz erkennbarer finanzieller Probleme, den Neubau des Ruhrtalradweges in Nuttlar beschlossen hätten – „ein Prestige-Projekt mit über 700.000 Euro Kosten“. Als Neulinge im Gemeinderat stimmten die Grünen dennoch dem Haushalt zu – „als Zeichen des guten Willens“.

Einig: Geld für Schulen und Wehren

Einigkeit herrschte bei den großen geplanten Investitionen: Die Schwerpunkte von über 660.000 Euro für die Digitalisierung und Unterhaltungsmaßnahmen an den Schulen sowie über 400.000 Euro für die Feuerwehren seien richtig. Nur noch die Gerätehäuser in Andreasberg und Heringhausen genügten modernen Anforderungen, bei allen anderen Wehren seien Neu-, An- oder Umbauten nötig, sagte Paul Theo Sommer für die SPD: „Es ist ein Unding, dass sich Feuerwehrkameraden wie in Ostwig noch in der Fahrzeuggarage umziehen müssen.“

Mehr tun beim Wohnraum

Aktiv werden soll die Gemeinde bei der Schaffung von Wohnraum für junge Leute, regte Matthias Brockhoff für die CDU an: „Was uns nicht passieren darf, ist, dass junge Leute aus unserer Gemeinde wegziehen“ – weil sie hier keine Grundstücke oder Häuser finden würden. Er brachte die Erschließung von Randgebieten für neue Grundstücke in den Ortschaften ins Spiel, freie Grundstücke sollte die Gemeinde im Internet veröffentlichen, für jedes Dorf sollte zielgerichtet nach Lösungen gesucht werden.

Die Sache mit dem Klimaschutz

Genau richtig, meinte Paul Theo Sommer, sei die „sachlich nüchterne Vorgehensweise“ in Bestwig beim Klimaschutz: Klar, der müsse gestärkt werden, aber dafür zeigten die vielen kleinen Schritte wie Wärmedämmungen, neue Fenster oder Heizungsaustausch in die richtige Richtung – „wir brauchen in Bestwig nicht in Aktionismus übergehen, einen Klimanotstand ausrufen oder einen Klimamanager einstellen“. Die CDU will den „ökologischen Fußabdruck“ der Gemeinde verbessern, kündigte Alexander Brockhoff an – etwa durch Umstellung auf LED und die Prüfung, ob auf gemeindeeigenen Dächern mehr Photovoltaikanlagen umgesetzt werden können.

Dem Klimaschutz möchten die Grünen mehr Beachtung schenken. Matthias Scheidt regte an, sich bei der geplanten kreisweiten Aufstellung eines Klimaschutzkonzeptes einzubringen und einen Arbeitskreis dazu in Bestwig zu gründen – in dem dann die Einstellung eines Klimaschutzmanagers oder eine Kooperation mit den Nachbarkommunen geprüft werden sollte.

>>>HINTERGRUND: VERKEHR<<<

In diesem Jahr wird in Bestwig das Ergebnis einer Verkehrszählung ausgewertet, um die Folgen der A-46-Freigabe diskutieren zu können.

Alexander Brockhoff (CDU) schränkte im Rat aber schon einmal zu hohe Erwartungen an ein Verkehrskonzept ein: „Machen wir uns nichts vor“ – die ehemalige Bundesstraße durch Bestwig und Velmede bleibe eine der meistbefahrenen Landstraßen.

Der Querschnitt der Fahrbahn werde keine Verbreiterung zulassen, alle Ampeln künftig durch Zebrastreifen zu ersetzen und alle Kreuzungen durch Kreisverkehre sei „eher utopisch“.

Brockhoff sagte: „Da, wo punktuelle Veränderungen möglich sind, werden wir darüber diskutieren, wie diese umgesetzt werden können.“