Meschede. Impftermine zu bekommen „war eine Zumutung“, sagen Mescheder, Bad Fredeburger und Esloher. Die Kassenärztliche Vereinigung rät, was zu tun ist.

Wer am Montagmorgen versucht hat, einen Impftermin für sich oder einen über 80-jährigen Angehörigen zu organisieren, konnte schier verzweifeln. Selbst wer es als Mescheder bis auf die Website der KVWL geschafft hat, musste resigniert abbrechen. „Unsere Postleitzahl wurde nicht als NRW-zugehörig erkannt“, berichtet ein Mescheder, der die Buchung für seine Schwiegermutter morgens um halb neun vornehmen wollte. „Ohne Postleitzahl konnte ich keine online Anmeldung erledigen. Ein Witz!“

Bei der Anmeldung für einen Impftermin im Impfzentrum des HSK in Olsberg wird Meschede nicht als Ort erkannt.
Bei der Anmeldung für einen Impftermin im Impfzentrum des HSK in Olsberg wird Meschede nicht als Ort erkannt. © Privat

Ein grundsätzliches Problem, das jedoch nicht nur in Meschede bestand: Selbst wer sich gleich über mehrere Kanäle auf den Weg gemacht hatte - per Telefon über die 080011611702 und online über PC, Handy oder Tablet auf der Seite www.116117.de - blieb meist chancenlos. „Chaos mit Ansage – und das nach den Erfahrungen in den anderen Bundesländern“, ärgert sich ein Bad Fredeburger. „Das ist für ein hochentwickeltes Industrieland wie Deutschland einfach unglaublich.“ Als seine Frau telefonisch um 10.30 Uhr durchkommt, heißt es dort, dass die Terminvergabe für Olsberg noch nicht freigeschaltet sei.

Doppeltermine im Impfzentrum nicht zu haben

Auch Elmar Krämer aus Meschede hat es versucht. Der 84-Jährige ist online fit. Er braucht keine Hilfe im Web. „Aber ich habe es erst telefonisch versucht, weil ich gern einen Doppeltermin für mich und meine Frau haben wollte, damit wir nicht zweimal fahren müssen.“ Ein Problem, das auch viele andere Sauerländer umtreibt. Sei es um Zeit und Weg zu sparen oder auch, weil der Partner pflegebedürftig ist und allein gar nicht bis nach Olsberg käme. Kein Durchkommen. Beim zweiten Versuch – online –landet Krämer dann zwar auf der KVWL-Seite, „das war dort aber alles in einem so seltsamen Kauderwelsch geschrieben, dass ich befürchtete auf eine Fake-Seite umgeleitet worden zu sein.“ Er bricht den Versuch ab.

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Auch an der Corona-Hotline des HSK melden sich verärgerte Sauerländer. „Aber wir können nicht helfen und nur bitten, dass sie die Leitungen frei machen“, bedauert Martin Reuther, Pressesprecher des HSK und verweist auf die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, die für die Vergabe der Impftermine zuständig ist. Dort gibt man schon am Vormittag eine Pressemitteilung heraus und verweist auf die extrem hohen Zugriffszahlen, durch die Server und die Telefonhotline mit ihren 1200 Mitarbeitern überlastet seien. Man erklärt, es sei genug Impfstoff vorhanden, jeder komme dran.

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Erfahrungen aus den übrigen Bundesländern

Was viele ärgert: Nach den Erfahrungen in den übrigen Bundesländern musste klar sein, dass es chaotisch wird. Die Senioren ließ man damit allein. „Warum hat man nicht eine Registrierung schon vorab möglich gemacht, so dass jetzt nur noch Termine vergeben werden mussten“, ist ein Vorschlag. Andere sagen, man hätte direkt mit dem Anschreiben Termine vergeben sollen, für Ehepaare gemeinsam, so dass sich nur die melden, die diesen partout verschieben wollten. Elmar Krämer hätte es begrüßt, wenn man sich direkt beim Kreis hätte anmelden können. „Das wäre doch für alle viel einfacher gewesen.“

Ein Impfausweis - dort kann die Corona-Impfung eingetragen werden.
Ein Impfausweis - dort kann die Corona-Impfung eingetragen werden. © Brigitta Bongard

Am späten Nachmittag können die ersten Sauerländer einen Termin verbuchen. „Es hat geklappt!“, freut sich Meike Werthschulte, Lehrerin aus Eslohe, „hat aber von 8 bis 14 Uhr gedauert.“ Auch sie hätte gern zwei Termine gehabt für beide Elternteile. Ihr Vater sei auf 500 gewesen. „Überall auf der Welt kann man für zwei buchen, nur hier geht das nicht“, habe er geschimpft. „Ein zweiter Termin war aber nicht zu bekommen“, bestätigt seine Tochter. „Und schon für den ersten haben sechs Leute mit jeweils drei Geräten im Netz gehangen.“

Die Tücken im System

Immer wieder müssen auch die Mails gecheckt werden. Eine ärgerliche Kleinigkeit: Online waren alle Termine erstmal mit Haken versehen, was hieß, dass der zu Impfende an diesem Termin nicht kann. „Man musste die Haken entfernen, um einen Termin freizuschalten“, ärgert sich Meike Werthschulte. Im Anschluss bricht der Server komplett zusammen. „Das ist ein Unding“, schimpft sie. Abends hat sie dann vier Termine und richtet sich auf die nächste Herausforderung ein: Für beide Eltern fährt sie nun viermal nach Olsberg. Von deren Wohnort in Sundern-Stemel sind das jeweils 40 Minuten Wegzeit und 50 Kilometer pro Strecke, Wartezeit nicht eingerechnet.

Auch Elmar Krämer kommt schließlich durch: „Nach zig Versuchen ist es mir online gelungen, für mich und meine Frau Termine im März und April im Impfzentrum Olsberg zu bekommen. Es ist eine Zumutung gegenüber den über 80-Jährigen ein derart umständliches Verfahren durchzuführen.“

Hintergrund

Auf Nachfrage unserer Zeitung, wie sich die Sauerländer verhalten sollen, erklärt Heike Achtermann, Pressesprecherin der KVWL:

„Warten Sie ein wenig, nutzen Sie nicht gerade die ersten Stunden morgens, um zu telefonieren oder sich online einzuwählen, sondern besser abends die letzten. Online ist die Terminvergabe rund um die Uhr möglich.“

Sie gibt zu: „Der Start lief nicht glatt.“ Aber man habe am ersten Tag morgens 700 Zugriffe pro Sekunde gehabt. „Das sind in einer Stunde 2,5 Millionen und damit deutlich mehr, als Menschen überhaupt geimpft werden sollen.“ Man habe daher das System am Montag erstmal runtergefahren, um die abzuarbeiten, die bereits registriert waren und bei denen das System dann zusammenbrach.

Wer nun bereits eine Registrierung vorgenommen habe, aber keinen Termin auswählen konnte, müsse sich nicht erneut registrieren. „Auf den kommen wir zu.“

Die Impftermine starten – entgegen anderslautender Gerüchte - weiter am 8. Februar. Es sei für alle genügend Impfstoff vorhanden. Leider sei es technisch nicht möglich, Doppeltermine zu vergeben.

Jeden Tag werde nun ein weitere Impftermin freigegeben. Am 26. Januar komme der 22. März hinzu und so weiter. „Wir rechnen damit, dass Ende April die gesamte Gruppe der über 80-Jährigen durchgeimpft ist.“ Sie bittet um Geduld: „Das ist für uns alle eine Ausnahmesituation.“

Die telefonische Terminvergabe ist unter 080011611702 täglich zwischen 8 und 22 Uhr möglich, online über www.116117.de rund um die Uhr.