Freienohl. Weil er mit einer 13-Jährigen intim war, musste sich jetzt ein 37-jähriger Freienohler vor Gericht verantworten. Kontakt fand er über Snapchat.
Er galt bereits als rückfallgefährdet für ein weiteres Sexualverbrechen. Diese Befürchtung ist auch Realität geworden. Ein 37 Jahre alter Mann aus Freienohl hat den sexuellen Missbrauch eines Mädchens gestanden – und beiläufig eingeräumt, auch Sex mit der 13-Jährigen gehabt zu haben.
Der Mann ist schon in Haft, weil er seine letzten Geldstrafen nicht bezahlen konnte. Die Zeit in der JVA Hamm wird noch länger. Das Schöffengericht Meschede verurteilte ihn nun zu einer weiteren Haftstrafe von eineinhalb Jahren. Eine Bewährung ist angesichts von 17 Vorstrafen ausgeschlossen: Darunter sind die Einfuhr von Drogen nach Deutschland, Drogenhandel, Einfuhr von Waffen, Körperverletzungen. Er verbrachte schon Jahre im Knast – auch wegen einer Vergewaltigung. Zu dieser Haftstrafe hatte ihn das Landgericht Detmold verurteilt.
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Kontakt über Snapchat
Für die Staatsanwaltschaft ist der Angeklagte jemand, der sich „wahllos seine Opfer sucht“. Von seiner Wohnung in Freienohl nahm der Mann, selbst Vater von zwei Kindern, in diesem Frühjahr über die Internetplattform Snapchat Kontakt zu einer 13-Jährigen auf. Es entstand ein reger Chat-Verkehr zwischen beiden. Beide kannten das Alter vom jeweils anderen. Der 37-Jährige sagte vor Gericht in Meschede aus, er habe zu Hause ständig Drogen konsumiert, sich zurückgezogen und deshalb Kontakte im Internet gesucht. Wovon sich der Arbeitslose Haschisch, Kokain und Heroin leisten konnte, blieb offen – er behauptete in der Vergangenheit, einen Verwandten bei der Rockergruppe Hells Angels in Wien zu haben, der ihn unterstützte.
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Sexueller Missbrauch eines Kindes
Der Mann sagt, er habe keine pädophilen Neigungen. Unterhalten habe er sich mit der 13-Jährigen im Chat „über Gott und die Welt“, sagte er: „Wir haben uns verstanden. Da haben sich so was wie Gefühle entwickelt.“ Meinte er. Dann bekamen die Chats auch sexuelle Inhalte. Im Juli schickte er dem Mädchen Bilder von sich – eines zeigt ihn nackt auf seinem Bett mit erigiertem Penis, dazu Nahaufnahmen seines Geschlechtsteils. Das ist sexueller Missbrauch eines Kindes. So lautete die Anklage, deswegen wurde der 37-Jährige auch verurteilt.
Weitere Sexualstraftat gestanden
Aber Vorsitzender Richter Dr. Sebastian Siepe wollte wissen, ob da noch mehr gewesen sei. Das stritt der Angeklagte zunächst ab. Doch das Mädchen war mit seinen Eltern im Gerichtssaal bereit zur Aussage. Die Mutter hatte bereits zu Prozess-Beginn dazwischen gerufen, ihre Tochter habe bei ihrer Aussage bei der Polizei gelogen – und wolle jetzt die Wahrheit sagen. Der Mann wusste also nicht, was das Kind nun sagen würde. Deshalb versuchte Siepe, mehr herauszufinden.
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Heraus kam, dass das Mädchen zweimal auch bei dem Mann zu Hause in Freienohl gewesen ist. Zunächst behauptete der Mann: „Wir haben gequatscht.“ Dann: „Wir haben gekuschelt.“ Beim weiteren Nachbohren gestand der Angeklagte schließlich ein: „Wir waren doch intim miteinander, alles war einvernehmlich und zärtlich“ – mit Geschlechtsverkehr. Er widersprach sich selbst. Denn dann räumte er ein: „Sie hatte Schmerzen.“ Das war alles nicht bekannt und damit nicht Teil der Anklage. Richter Siepe sagte: „Das wird Gegenstand eines weiteren Verfahrens, das noch einzuleiten ist.“ Das könnte eine weitere Anklage wegen schweren sexuellen Missbrauchs ergeben – und am Ende eine noch längere Gefängnisstrafe. Nach diesem Geständnis musste das Kind nicht mehr aussagen.
Weisungen missachtet
Mitverurteilt wurde der Angeklagte wegen Verstößen gegen die so genannte Führungsaufsicht. Denn aufgrund seiner Verurteilung in der Vergangenheit wegen Vergewaltigung fällt der 37-Jährige in NRW ins „KURS“-Programm – dahinter steckt die „Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern“. Vor seiner Entlassung aus dem Gefängnis bekam der Mann deshalb – als Bestandteil dieser Konzeption - besondere Weisungen auferlegt, die ein Rückfallrisiko mindern sollen. Die Einhaltung dieser Weisungen wird überwacht, missachtet er sie, sind das wieder Straftaten. Und der Mann kam seinen beiden Weisungen nicht nach: Er hätte seine Bewährungshelferin aufsuchen müssen und hätte keine Drogen konsumieren dürfen. Er fehlte aber unentschuldigt bei Terminen mit seiner Helferin und wurde zufällig im Juli bei einer Verkehrskontrolle positiv auf Marihuana, Kokain und Amphetamine getestet.
Zu Gunsten des Mannes war in der Verteidigung nicht viel Positives zu erwähnen. Der Mann habe ein schwieriges Leben, so Pflichtverteidiger Otto Entrup – „das darf keine Ausrede sein, aber es erklärt vieles“. Er ist Kind junger Eltern, die sich früh trennten, kam in Wohngruppen, er nimmt seit 20 Jahren Drogen, verlor die Arbeit, seine eigene Beziehung zerbrach, seine Betreuerin übernahm „einen Wäschekorb voll mit Schulden“, insgesamt 64.000 Euro.
>>>HINTERGRUND
Rund 1000 Verbrecher fallen in NRW unter die „Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern“ , über alle Kreispolizeibehörden verteilt.
Für sie gibt es einen standardisierten Informationsaustausch und eine enge Zusammenarbeit zwischen Landeskriminalamt, der Justiz und den Polizeibehörden vor Ort. Nach der Haft sollen mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern nicht in der Anonymität untertauchen können. Verhaltensänderungen sollen schnell erkannt werden .
Laut LKA ist das Konzept insgesamt erfolgreich : Studien sprechen von einer Rückfallquote von 20 Prozent bei entlassenen Sexualtätern, bei KURS-Betroffenen liege sie bei 3 Prozent.