Bestwig/Winterberg. Künstler wie Frieda Braun trifft die Corona-Keule mit Wucht. Sie sorgt sich um die Zukunft einer ganzen Branche und findet deutliche Worte.
Auftritt in der Lichtburg Essen? Verlegt! „Erstmal durchatmen“ in der Stadthalle Soest? Verlegt! Köln-Porz, Düsseldorf, Duisburg, Oldenburg, Osnabrück, Mannheim – sie alle müssen warten. Denn die Kabarettistin Frieda Braun, alias Karin Berkenkopf aus Winterberg, trifft die Corona-Keule wie alle Künstler mit voller Wucht.
Und auch in Bestwig, so etwas wie Brauns zweiter Heimat, wird es in diesem Jahr keinen Auftritt geben. Dort hält sie bei Kultur pur nun den traurigen vereinsinternen Rekord an Verschiebungen – sie hätte im Mai auftreten sollen, wurde dann auf den August und danach mit ihrem Doppelauftritt auf den 28. und 29. November verschoben. Wie berichtet, ist kürzlich eine erneute Verschiebung erfolgt: Auf Freitag und Samstag, 26. und 27. November 2021.
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Es soll einfach nicht sein in diesem Jahr. Frieda Braun darf nicht auftreten. Wie fast alle Künstler. „Ich verstehe, dass Maßnahmen gegen die Ausweitung der Pandemie ergriffen werden müssen“, sagt Karin Berkenkopf. Gleichzeitig sehe sie die Verzweiflung von Theaterbesitzern, die alles gegeben haben, um ein sicheres Hygienekonzept umzusetzen. „Und jetzt ist erst mal wieder Schluss! Das ist herzzerreißend. Es gärt in mir und allen, die die Kultur lieben“, so die Kabarettistin. Karin Berkenkopf würde niemals lamentieren. Das ist gar nicht ihre Art. Aber wer die Künstlerin kennt, der weiß, dass so ein erneutes Auftrittsverbot wie jetzt im Lockdown light auch an ihr nagt. Wie viele andere macht sie sich Sorgen um die Zukunft einer ganzen Branche.
Und es geht auch ein Stückweit um mangelnde Wertschätzung: „Einflussreichen Konzernen wurde schnell geholfen, während die Kultur weitgehend vergessen wurde. Es gibt Künstlerinnen und Künstler, die seit Monaten keine Arbeit haben, keine Einnahmen und kaum Aussichten, wann es weitergehen kann. Gleiches gilt für Theater, Künstleragenturen, Profis aus Technik, Bühnenbau, Catering.“ Hierbei gehe es vor allem um die fehlende Berücksichtigung bei der Verteilung finanzieller Unterstützung.
Diszipliniertes Publikum
Karin Berkenkopf ist davon überzeugt, dass es selbst in Zeiten von Corona Perspektiven für Kulturschaffende geben muss und auch gibt: „Die Entwicklung neuer Perspektiven scheitert nicht an den Beteiligten, das hat sich im Sommer gezeigt: Theaterbesitzer bauten Open-Air-Bühnen auf oder mieteten Hallen an. Künstler spielten – damit die Zuschauerzahl radikal reduziert werden konnte – anstatt einer Show zwei Vorstellungen hintereinander. Das Publikum behielt diszipliniert die Maske auf, wahrte Abstand und war mit Dankbarkeit bei der Sache. Die Kultur nimmt die Pandemie, die Vorschriften und den Auftrag, Menschen zu inspirieren, ernst.
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Und sie findet neue Wege. Die Politik sollte das wahrnehmen und unterstützen“, findet sie deutliche Worte. Und auf die Frage unserer Zeitung, wie die Kulturlandschaft nach Corona ihrer Einschätzung nach aussehen werde, hört man aus Karin Berkenkopf zugleich auch ihr Alter Ego Frieda Braun sprechen: „Die dringendere Frage ist für mich, wie die Kulturlandschaft MIT Corona aussehen kann. Die Pandemie wird uns noch länger begleiten. In dieser Zeit wird der Boden bereitet, auf dem die Kultur nach Corona gedeiht.“
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Die Gemeinde Bestwig und Kabarettistin Frieda Braun verbindet eine enge Beziehung. Sie hat 1997 ihre Bühnenpremiere in Bestwig gefeiert. Seitdem kommen die Bestwiger immer wieder als erstes in den Genus, wenn die erfolgreiche Künstlerin ein neues Programm präsentiert. „Man kann schon sagen, dass Frieda Braun unser Kind ist“, sagt Ulrich Bock, Pressesprecher des Vereins. Die Absagen und Verschiebungen treffen den Verein weniger hart als die Künstler selbst.
„Mit uns als Verein muss niemand Mitleid haben, wir machen das alle ehrenamtlich. Uns tut leid, dass wir das Programm nicht anbieten können“, sagt Bock. „Aber die Künstler und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Agenturen, auch die Veranstaltungstechniker leiden natürlich richtig“, weiß er. Ein bekannter Künstler wie Herbert Knebel gerate vermutlich nicht so schnell in Finanznot. Aber weniger bekannte Künstler leben von den Einnahmen aus diesen Auftritten. Das sei bitter.