Meschede. Ein anonymer Brief beschäftigt Feuerwehr, Stadtverwaltung und das Ministerium. Was er beinhaltet und wie der Verfasser ermittelt wurde.
Bei den Feuerwehren im Stadtgebiet und im Mescheder Rathaus hat es rumort. Und die Empörung dort ist groß. So sehr, dass Bürgermeister Christoph Weber als Dienstvorgesetzter eigens eine außerordentliche Besprechung der Einheiten einberufen hatte. Hintergrund war ein anonymer Brief mit schweren persönlichen und fachlichen Vorwürfen innerhalb der Feuerwehr. Jetzt konnte der Briefeschreiber sogar ermittelt werden – auf Drängen der Feuerwehrleute.
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Per Schriftvergleich ist der Schreiber überführt worden, sagt Bürgermeister Christoph Weber. Er hat den Schreiber aus Reihen der Feuerwehr auch angerufen, dieser habe das Verfassen des Briefes zugegeben – warum er das Schreiben losschickte, blieb offen. Die Stadt Meschede prüft jetzt rechtlich, ob disziplinarische Maßnahmen gegen den Schreiber möglich sind.
Verfasser spricht für alle
Eigentlich werden anonyme Briefe im Rathaus achselzuckend zur Kenntnis genommen und abgeheftet. Hier aber war ein besonderer Fall: Der Absender hatte seine Vorwürfe unterschrieben mit „Ihrer freiwilligen Feuerwehr“ – als ob er für sie sprechen würde.
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Brisant: Dieser Brief mit Kritik an angeblich fehlenden Hygieneplänen und fehlenden Informationen zu Gefährdungsanalysen ging nicht nur im Rathaus ein, sondern auch beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, beim Kreisbrandmeister, bei der Bezirksregierung, dem Feuerwehrverband und der Unfallkasse – der Schreiber löste mit der Wahl dieser Adressaten also eine Krise aus. Damit hatte er etwas losgetreten. Die Aufsichtsbehörden drängten im Rathaus auf Klärung.
Einheitsführer distanzieren sich
Deshalb dann die außerordentliche Dienstbesprechung: Weber konfrontierte die Feuerwehrleiter mit dem Brief – „ich wusste ja nicht, gibt es da womöglich Probleme in einer Einheit, die wir nicht kennen“. Weit gefehlt. Denn die Einheitsführer der zwölf Feuerwehrstandorte im Stadtgebiet, dazu die Führung der Funkgruppe, des ABC-Zuges und des Musikzuges waren entsetzt. Sie distanzierten sich ausdrücklich von dem Schreiben. Und ihrerseits wiederum forderten sie den Bürgermeister auf, „nichts unversucht“ zu lassen, um den Verfasser zu ermitteln und zu disziplinieren – „um die Feuerwehr Meschede nicht in Zukunftsfähigkeit, Motivation und Engagement zu unterwandern“, wie es in ihrem Schreiben heißt, das alle Einheitsführer unterzeichneten.
„Nicht die Meinung von 700 Feuerwehrleuten“
Gegenüber den Aufsichtsbehörden versichern sie: Die Feuerwehr im Stadtgebiet sei gut aufgestellt, „etwaige Probleme gehen nicht über das Normalmaß des Üblichen im Miteinander von vielen unterschiedlichen Akteuren hinaus“ – ein Einschreiten sei nicht erforderlich. „Das ist nicht die Meinung von 700 Feuerwehrleuten, sondern von einem“, sagt der Feuerwehrchef, Stadtbrandinspektor Robert Hillebrand: „Es wird 700 Feuerwehrleuten Unrecht getan.“
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Er war in dem anonymen Brief namentlich kritisiert worden, ebenso der hauptamtliche Gerätewart Stefan Odoj. Beide waren nicht in der außerordentlichen Besprechung dabei, damit auch über sie offen gesprochen werden konnte. Das Ergebnis war ein 100-prozentiger Vertrauensbeweis für beide: „Sie stellen für uns die richtigen Personen in den Ämtern dar“, so die Einheitsführer. Beiden wurde das „vollste Vertrauen“ ausgesprochen, beide leisteten „vorbildliche Arbeit“.
„Es gibt keine Baustellen in der Feuerwehr, die mir Bauchschmerzen machen“, sagt Robert Hillebrand. Die sieht man auch nicht im Rathaus. Austritte hat es nicht gegeben. Bürgermeister Weber hat allen Aufsichtsbehörden erklärt: „Wir können alle Vorwürfe im Detail aufklären.“ Einziger denkbarer offener Punkt: Bedingt durch Corona könnte es im Einzelfall bei erforderlichen technischen Prüfungen von Material zeitliche Verzögerungen gegeben haben.
„Die Einsatzfähigkeit ist da“, sagt Robert Hillebrand. Was sich durch Corona aber eben verändert habe: Die Feuerwehrgruppen sind geteilt worden, um einsatzbereit zu bleiben – würde sich in einer Gruppe also einer infizieren, kämen so weniger in Quarantäne. Dadurch entsteht der Eindruck, an den Gerätehäusern sei weniger los. Das stimmt auch, sagt Hillebrand – bezogen auf den kameradschaftlichen Teil: „Nach dem Dienstabend fährt man nach Hause und trifft sich nicht mehr nachher, um zusammen zu sein. Das können wir uns aktuell bei Corona nicht leisten.“
Erklärung an die Aufsichtsbehörden
Hillebrand und den Bürgermeister ärgert, dass sich der Briefeschreiber nicht persönlich an jemanden gewendet hat – die Feuerwehr hat schließlich auch eigene Vertrauensleute. „Da wurden Eskalationsstufen einfach übersprungen“, kritisiert Christoph Weber. Auch er nimmt für sich in Anspruch, dass seine Tür für jeden offen sei.
Deutlich wurde auch noch einmal: Ein hauptamtlicher Gerätewart unterstützt die ehrenamtlichen Gerätewarte, er soll sie aber nicht ersetzen. Das war einer der angeblichen Kritikpunkte in dem Schreiben. Bestimmte Sicherheitsprüfungen kann auch ein Hauptamtlicher nicht leisten, sie müssen in zertifizierten Werkstätten durchgeführt werden. Musste sich aber früher ein ehrenamtlicher Gerätewart Urlaub dafür nehmen, wenn ein Fahrzeug abgegeben werden musste, sagt Ordnungsamtsleiter Wolfgang Sträter, so wird das heute vom Hauptamtlichen erledigt. Das sei eines der vielen Beispiele für die beabsichtigte Entlastung der ehrenamtlichen Feuerwehrleute. Auch das bestätigten diese schriftlich.