Schmallenberg. Einsamer geht es kaum. Trotzdem muss auch das Bergdorf Liebesgrün in Schmallenberg im Light-Lockdown schließen.

Dieses Mal seien sie besser vorbereitet gewesen als noch im Frühjahr, sagen Jessica Gerritsen und Ralf Blümer. Trotzdem habe sie der zweite Lockdown überrascht - „vor allem in dieser Schärfe“.

Die beiden haben immer versucht, möglichst weit vorauszuschauen und zu planen: „Soweit das in diesen irren Zeiten natürlich möglich ist. Aber dass wir die Gäste plötzlich alle wieder nach Hause schicken müssen, daran hatten wir nicht gedacht.“ Das sei am letzten Oktober-Wochenende gewesen, am 2. November trat der Lockdown in Kraft. Plötzlich war das Bergdorf Liebesgrün wieder leer.

Ruhe und Einsamkeit genießen: Das funktioniert im Bergdorf Liebesgrün eigentlich sehr gut.
Ruhe und Einsamkeit genießen: Das funktioniert im Bergdorf Liebesgrün eigentlich sehr gut. © Alexander Lange

„Und die Gäste waren genauso überrascht und ein Stück weit reagierten sie auch mit Unverständnis“, erinnert sich Blümer. Denn das Bergdorf mit den beschaulichen Hütten sei nun wirklich das Gegenteil von einem Ansteckungsherd. Wer hier Urlaub mache, der genieße die Ruhe, die Abgeschiedenheit und die Natur. „Unsere Hotelflure sind Waldwege. Hier kann ja jeder für sich sein“, sagt Blümer. Die Häuser und Hütten verteilt, hier könne jeder für sich sein und begegne sich höchstens - wenn er denn will - am Abend im Restaurant. Trotzdem habe man schließen und rund 60 Gäste zurück in die Heimat schicken müssen: „Einige kamen aus den Ballungszentren, zum Beispiel aus Essen. Die sagten dann: Da, wo ich jetzt hin zurückfahre, treffen doch vielmehr Menschen aufeinander als hier im Sauerland.“

Dabei will Blümer der Politik gar keinen Vorwurf machen. Vielmehr habe er Respekt vor der Verantwortung, die die Politiker tragen müssen: „Die Sache ist nur, dass wir mit dem Impfstoff nun vielleicht das Licht am Ende des Tunnels sehen. Wir müssen aber noch ein ganzes Stück diesen Tunnel bis zum Licht gehen und können ja nicht alle sechs oder acht Wochen einen Lockdown ausrufen.“

Dankbarkeit und Verständnis

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Man sei dankbar für die vom Staat versprochenen Hilfen. Noch lieber hätte man aber wieder Gäste vor Ort: „Abgesehen vom Kurzarbeitergeld ist zudem von den Hilfen aus dem Frühjahr noch nichts angekommen. Zudem ist auch das Geld vom Staat irgendwann endlich.“ Es brauche nun ein Konzept. Einen Plan für die nächsten Monate, der allen Betroffenen Sicherheit gibt. Dabei spricht Blümer die skandinavischen Länder an. Den Vorteil habe man im Sauerland auch: „Wenig Menschen auf viel Fläche.“ Den Vorteil müsse man sich zu Nutze machen, genauer prüfen und nicht in einem Lockdown oder Stillstand verharren. Bliebe das Gastgewerbe auch im Dezember geschlossen, habe man ein Drittel des ganzen Jahres dicht gehabt.

Dabei habe man im Bergdorf ein umfangreiches Hygienekonzept aufgestellt. Die Mund-Nasen-Schutze in geschlossenen Räumen und dort, wo Abstände nicht eingehalten werden können. Ein kontaktloses Ein- und Auschecken, das Frühstück werde vor den Häusern abgestellt, das Reinigungspersonal komme nur dann, wenn die Gäste außer Haus sind. Und im Restaurant steht an jedem Esstisch ein Service-Tisch, wo das Personal Speisen und Getränke abstellt und der Gast sich sein Menü selber nimmt: „So halten wir auch da die Abstände.“

80 Prozent in Kurzarbeit

Es sei noch ein langer Weg für die Branche, dementsprechend müsse man langfristig denken. Einfach alles zu schließen und zu warten, bis die Zahlen gesunken sind, reiche nicht aus: „Aber wir blicken trotzdem positiv nach vorne, nutzen die Zeit für Kreativität und kleinere Arbeiten.“ Ob es am 1. Dezember direkt wieder losgehen könne, darüber könne man nur spekulieren, sagt Blümer: „Aber wenn, dann können wir wieder von 0 auf 100 starten. Wir sind schon ausgebucht, sofern wir denn öffnen dürfen.“

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In der Gästekommunikation habe man vieles umgestellt, auch um kurzfristiger auf Einschränkungen oder Öffnungen reagieren zu können. „Trotzdem ist der Aufwand natürlich hoch“, sagt Jessica Gerritsen: „Gefühlt arbeiten wir momentan mehr als im normalen Betrieb. Das Telefon klingelt sehr viel, wir müssen viele Gäste umbuchen und Stornierungen entgegennehmen.“

80 Prozent des Personals sei in Kurzarbeit, aber die Hoffnung ruht auf den kommenden Monaten und dem nächsten Jahr: „Denn eigentlich ist das Sauerland sehr gut aufgestellt. Auch für die Zukunft. Denn die Form des Urlaubs, die man hier machen kann, wird immer beliebter.“