Fleckenberg. 30 Jahre Deutsche Einheit und 100 Jahre Fleckenberger Einheit. Was es mit dem Jubiläum auf sich hat. Ein Blick in die Dorfgeschichte.

Als in diesem Jahr am 3. Oktober 30 Jahre Deutsche Einheit gefeiert wurden, war das verbunden mit zahlreichen Gratulationen, Festreden und Veranstaltungen. Dass man in Fleckenberg in diese Jahr aber sogar 100-jährige Einheit begeht, wurde eher still bzw. überhaupt nicht gefeiert. „Ich glaube, dass weiß kaum jemand“, sagt Neu-Ortsheimatpfleger Frank Hanses mit einem Schmunzeln: „Das ist für die heutige Generation glaube ich gar nicht mehr vorstellbar.“ Bis 1920 war Fleckenberg noch keine kommunalpolitische Einheit, sondern aufgeteilt in Niederfleckenberg und Oberfleckenberg.

Das Schild am Oberfleckenberger Dorfeingang.      
Das Schild am Oberfleckenberger Dorfeingang.       © Archiv Ermecke

Während Oberfleckenberg zur Gemeinde Grafschaft gehörte und Niederfleckenberg Teil der Gemeinde Wormbach war, hatten die Einwohner längst ein eigene Kirchengemeinde (seit 1900) gebildet: „Und ich glaube alle waren schon lange der Meinung, dass diese beiden Orte nicht nur wegen des Namens zusammengehören.“

Schwerpunkt in Niederfleckenberg

Dass dem so war, erklären Hanses und sein Ortsheimatpfleger-Vorgänger Bruno Ermecke mit zahlreichen Vereinsgründungen, „die sich alle auf Gesamt-Fleckenberg bezogen“: 1857 die Schützengesellschaftt, 1880 der Gesangs- und Theaterverein Aurora, 1890 die SGV-Abteilung, 1896 der Musikverein Accordia oder 1910 der Spielmannszug. Man fühlte sich verbunden, war auf dem Papier aber getrennt.

Auch interessant

Doch der Schwerpunkt lag durchaus in Niederfleckenberg. Nicht nur, weil dort weitaus mehr Höfe waren - auch die spätere Bahnanbindung und die Bundesstraße führten durch Niederfleckenberg. „Wenn Oberfleckenberger in Niederfleckenberg zu Gast waren, scherzte man immer: Beeilt euch, dass ihr nach Hause kommt. Sonst ist die Schranke gleich zu“, erzählt Ermecke. Späße habe man sich immer gerne erlaubt, doch Feindschaften habe es zwischen den Orten nie gegeben: „Aber diese Trennung ist immer noch ein bisschen in den Köpfen.“

Pfarrer Josef Grimme mit Vorreiterrolle

Das Schild am Niederfleckenberger Dorfeingang.    
Das Schild am Niederfleckenberger Dorfeingang.     © Archiv Ermecke

1918 habe der Ortsausschuss dann entschieden, „die Sache in die Hand zu nehmen“, so Hanses. Eine Vorreiterrolle hätten dabei auch der damalige Pfarrer Josef Grimme und der Schulleiter Oswald Hessmann innegehabt. Sie seien Wortführer im Streben um die Fleckenberger Einheit gewesen.

Am 26. Dezember 1918 kam es dann im Gasthof Kohle, dem heutigen Gasthof Hubertus, zu einer Bürgerversammlung. Alle Fleckenberger waren für die Vereinigung, sodass am 1. September 1919 auf Papier niedergeschrieben wurde, dass sich Grafschaft von Oberfleckenberg, Jagdhaus und Wulwesort trennt und Wormbach selbiges mit Niederfleckenberg tut. Am 12. September 1920 (Erlass der preußischen Staatsregierung) wurde das rechtskräftig.

Auch interessant

„Die ganze Situation hatte einen großen Vorteil“, erklären Hanses und Ermecke: „Das sieht man heute auf den ersten Blick gar nicht.“ Denn die Orte konnten so in den vergangenen 100 Jahren auch städtebaulich zusammenwachsen aufgrund der Distanz zwischen Nieder- und Oberfleckenberg. Kindergarten und Volksschule/Grundschule wurden im Freiraum zwischen den Orten gebaut bzw. erweitert, das Jugendheim (heute Antonius-Haus), die Turnhalle kamen hinzu, in den 1970er Jahren folgten Sportplatz und Schützenhalle, dann die Tennisplätze und das Vereinshaus, das Feuerwehrgerätehaus 1996, die Parkanlage „Roth’s Wiese“ und der neue Spielplatz.

Eine Tafel in der Fleckenberger Dorfmitte klärt über die Geschichte des Ortes auf.    
Eine Tafel in der Fleckenberger Dorfmitte klärt über die Geschichte des Ortes auf.     © Alexander Lange

„Inzwischen“, sagt Hanses, „sind die Grenzen kaum noch zu sehen, wenn man sie nicht sucht.“ Ausgenommen ein kleiner Grenzpfahl mit den entsprechend Pfeilen. „Eine schöne Erinnerung“, meinen Hanses und Ermecke. Denn, wie sollte es bei Vorgänger und Nachfolger anders sein: Ermecke kommt aus Niederfleckenberg, Hanses aus Oberfleckenberg. Ortsheimatpfleger waren bzw. sind sie aber von Gesamt-Fleckenberg.

Im kommenden Jahr, im Mai oder Juni, soll das Thema nochmals genauer beleuchtet werden. Ortsheimatpfleger Hanses plant drei Ortsführungen mit folgenden Themen: „Oberfleckenberg für Fleckenberger“, „Niederfleckenberg für Fleckenberger“ und „100 Jahre Fleckenberger Einheit“. Die Termine dazu werden rechtzeitig bekanntgegeben.

Die Serie „Unser Dorf im Schmallenberger Sauerland“ ist in vier Teile aufgeteilt:

Teil 1: Grafschaft: Das erste Bundesgolddorf

Teil 2: 100 Jahre Fleckenberger Einheit

Teil 3: Ein Dorf, ein Haus, eine Familie: Hiege

Teil 4: Junges Wohnen: Leben in Lenne