Schmallenberg. Der Sommer war zu trocken, die Ernte fällt schwach aus und immer mehr Bürokratie: Stefan Belke über die Zukunft der Landwirtschaft im Sauerland.

Regen, Regen und nochmal Regen. Das sei es, was fehlt. Daraus, dass das momentane Klima die heimische Landwirtschaft vor große Probleme stellt, macht Kreislandwirt Stefan Belke aus Winkhausen keinen Hehl. Gerade jetzt zum zurückliegenden Erntedankfest macht er deutlich: „Die Landwirtschaft der Zukunft muss neu gedacht werden.“

Das Jahr sei, was das Wetter angehe, eigentlich gut gestartet, sagt Belke. Im Mai sei man noch euphorisch gewesen, doch im Juni und Juli blieb der Regen aus: „Das war ein Wechselbad der Gefühle. Wir dachten alle an den Dürresommer aus 2018 und 2019 und hatten große Sorgen, dass sich das wiederholt.“ Futterreserven hätten die Landwirte in den vergangenen Jahren kaum schaffen können, erklärt Belke. Und die Trockenheit kam in diesem Jahr wieder. Nicht so extrem wie in den Jahren zuvor, doch von genügend Regen fehlte jede Spur. Nur vereinzelt sei es nass geworden, das habe aber nicht gereicht. Der Boden habe keinerlei Reserven mehr und sei bis in tiefsten Schichten trocken.

Borkenkäfer sorgt für große Probleme

„Regen im Mai, Sorgen vorbei“, habe sein Vater früher immer gesagt, erklärt Belke. Doch dem war nicht so, Grünland brachte kaum Ertrag, Zuwachs im Holz gab es nicht - von dem Borkenkäferproblem ganz zu schweigen - Futter müsse wieder teuer zugekauft werden: „Und selbst das wurde und bleibt schwierig.“ Das Sauerland habe es in diesem Jahr noch stärker getroffen als andere Regionen, sagt Belke und Tina Schröer, Produktionsberaterin der Landwirtschaftskammer, ergänzt: „Das Sauerland steht eigentlich für saftgrüne Wiesen und viel Niederschlag, aber das ist keine verlässliche Konstante mehr.“

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Es braucht in solchen Situationen ein Einlenken und Entgegenkommen der Politik, sagen Belke und Schröer. Die europäische Agrarpolitik kann natürlich nicht für Niederschläge sorgen, aber der Landwirtschaft und den Bauern muss ein flexibleres Reagieren auf solche Extremereignisse ermöglicht und nicht erschwert werden: Bürokratie abbauen und Handlungsspielräume erweitern, fordern Belke und Schröer. „Es ist ökonomisch und ökologisch sinnvoller, beispielsweise Grünland umzubrechen, um Ackerfutter oder auch Mais anbauen zu dürfen, als das Zukauffutter quer durch Deutschland zu transportieren“, sagt Belke: „Wir sind sonst machtlos, weil uns die Natur aktuell unsere Grenzen aufzeigt.“

Probleme bei der Wasserversorgung

Er selber habe in den letzten drei Jahren Futter zugekauft. Durch den fehlenden Niederschlag gibt es auch Probleme bei der Wasserversorgung der Weidetiere. Quellen trocknen aus und auch die Lenne habe in diesem Jahr so wenig Wasser geführt, dass die Kühe nach dem Weidegang lieber im Stall trinken wollten. Und das kommt aus dem Leitungsnetz und koste wieder. Auch seine eigene Hofquelle liefert nur noch einen Teil ihrer eigentlichen Menge: „Eine erschreckende Entwicklung.“

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Die Berufskolleginnen und -kollegen „sind auf Kante“, sagt Belke: „Wir sind mit Problemen konfrontiert, die es früher nicht gab.“ Das belaste psychisch extrem und mache auch vor den Familienmitgliedern und Mitarbeitern nicht Halt. Man sucht intensiv nach Auswegen, kooperiere untereinander, da alle ähnliche Schwierigkeiten haben. Es beginnt eine Umstrukturierung in der Branche, die Büroarbeit werde immer mehr, die „gewöhnliche“ landwirtschaftliche Arbeit leide: „Wir sind nicht mehr nur Produktionstechniker, sondern vor allem Betriebsmanager.“ Die Auflagen steigen, die Freude an der Arbeit mit Natur und Tier sinke.

Zukunftssorgen in der Landwirtschaft

Über fünf Prozent aller Höfe in Deutschland, auch im Sauerland, würden pro Jahr schließen, rechnet Belke vor: „Wenn sich Extremwetterereignisse wie die Dürre der letzten drei Jahre und dann auch noch die Bewirtschaftungs- und Bauauflagen so negativ weiterentwickeln, wir die Zahl stark zunehmen. Das betrifft alle Betriebsformen in der Landwirtschaft hier im Sauerland. Milchviehhaltung, Ackerbau, Schweinemast, Sauenhaltung, Eierproduktion oder die für unsere Region so prägende Milchviehhaltung. Wir sitzen alle in einem Boot und sollten uns nicht auseinander dividieren lassen.“

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Durch den Strukturwandel könnten einige Betriebe wachsen, aber die Spezialisierung bringe auch immer Risiken mit sich, sagt Belke: „Es muss sich etwas tun. Zahlreiche Entwicklungsfragen auf Schmallenberger Höfen würden momentan getroffen. Landwirtschaft weiterführen oder nicht? Die aktuelle Situation nehme vielen Betrieben die Entscheidung ab, sagt Belke: „In negativer Hinsicht.“

Positive Erkenntnis aus Corona-Zeit

Eine positive Erkenntnis hätten die vergangenen Monate aber durchaus gebracht, erklärt Belke. Die Direktvermarktung auf den Höfen sei im Zuge der Corona-Krise stetig gewachsen: „Die Leute haben gemerkt, dass es viele Produkte eben auch direkt vor der Haustür gibt. Ob Milch, Kartoffeln oder Käse.“