Eslohe. Die Zahl der schweren Unfälle steigt immer weiter. Viele schätzen sich falsch ein. Jetzt hat die Polizei in Eslohe Pedelec-Fahrer geschult.
Seit es E-Bikes und Pedelecs gibt, ist die Zahl der Radfahrer stetig gestiegen - und Corona hat ein übriges getan. Besonders ältere Menschen haben das Fahrradfahren wieder für sich entdeckt. Mit Antrieb fährt es sich halt leichter, besonders im Sauerland. Leider aber gefährlicher. Denn: Die Zahl der Verkehrsunfällen mit E-Bikes und Pedelecs ist hoch und steigt weiter an. Die beiden Polizeihauptkommissarinnen Nina Mathweis und Bianca Scheer von der Verkehrssicherheitsberatung haben jetzt für das Caritas Informations- und Begegnungscentrum (CariBic) eine Schulung und ein Sicherheitstraining übernommen. Die beiden wissen, worauf es ankommt.
Pedelecs, E-Bikes gibt es da überhaupt Unterschiede?
Nina Mathweis Ja. Pedelecs fahren bis 25 km/h mit Pedalunterstützung. Sie gelten als Fahrrad. Es besteht keine Helmpflicht – aber wir raten dringend dazu, denn bei Stürzen ohne Helm ist der Kopf oft am meisten betroffen. Er kann Leben retten. Ein S-Pedelec kann bis 45 km/h mit Pedalunterstützung beschleunigt werden. Sie gelten als Kleinkraftrad benötigen Führerscheinklasse Klasse A/M, sind versicherungspflichtig und es besteht Helmpflicht. Bei einem E-Bike ist keine Pedalunterstützung notwendig. Sie schalten bei 25 km/h ab . Sie sind vergleichbar mit E-Mofas mit elektronischem Antrieb und sind versicherungspflichtig. Die Unterschiede sind vielen nicht bekannt. Am meisten werden aber Pedelecs verkauft.
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Wer kauft Pedelecs und was macht sie so beliebt?
Bianca Scheer Die Altersgruppen und ihre Motivation ein Pedelec zu fahren sind unterschiedlich. Für „ältere“ Menschen ist mehr Mobilität möglich und für „jüngere“ Menschen sind längere Fahrtstrecken möglich, z.B. Fahrt zur Arbeit. Dadurch erhöhte sich aber auch die Anzahl als Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr und Unfallzahlen sind ansteigend.
Worin liegen die hauptsächlichen Ursachen für die Unfälle?
Nina Mathweis Es gibt mehrere Ursachen. Dazu gehören die Unterschätzung der Geschwindigkeit durch andere Verkehrsteilnehmer, nichtangepasste Geschwindigkeit der Pedelecfahrer. Das eigene Fahrverhalten und -vermögen wird falsch eingeschätzt. Die parallele Benutzung von Radwegen mit „normalen Fahrrädern“ und daraus resultierende Überholvorgänge fördern Stürze. Würden alle Fahrer einen Helm tragen, wären mögliche Verletzungen eher vermeidbar.
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WP: Welche Gründe für Unfälle gibt es seitens der Fahrer selbst?
Bianca Scheer Mit Pedelecs kann man von Grund auf schneller fahren. Solche Räder sind ca. zehn kg schwerer als ein „normales“ Fahrrad. Durch das höhere Gewicht hat das Pedelec einen anderen Schwerpunkt. Verschiedene Unterstützungsstufen werden falsch eingesetzt. Dazu kommt falsches Bremsverhalten, keine Beherrschung der Fahreigenschaften und häufig zu wenig Fahrpraxis. Deshalb ist ein Fahrtraining so wichtig.
Was sollte man grundsätzlich bei der Benutzung beachten?
Bianca Scheer Man sollte zunächst im Schonraum üben, dann erst in den öffentlichen Straßenverkehr gehen. Die verschiedenen Unterstützungsstufen entscheiden, wie viel Kraft eingesetzt werden muss. Anfahren sollte man besser ohne Unterstützung. Der Motor kann „nachschieben“ und somit das Kurvenverhalten ändern. Durch die höhere Geschwindigkeit sollte man möglichst 5-10 m vorausschauen. Der Bremsweg kann sich je nach Geschwindigkeit verlängern. Man sollte den Schwerpunkt beachten. Außerdem verschleißen die Bremsen schneller.
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Nina Mathweis Ich fahre heute selbst zum ersten Mal ein Pedelec. Das ist schon was anderes als ein normales Fahrrad. Da muss man sich erst mal umstellen, dran gewöhnen und üben. Es ist nicht so einfach wie man meint.
- Die Veranstaltung - organisiert durch das CariBic Eslohe - fand im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche statt.
- Beteiligt haben sich an der Schulung und dem Sicherheitstraining sieben Frauen und ein Mann. Unter ihnen waren auch jüngere Teilnehmer.
- Die Zahl der Unfälle mit Pedelecs ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Nach Angaben der Kreispolizeibehörde Meschede ereigneten such im Jahr 2015 gerade einmal neun Unfälle. Im vergangenen Jahr 2019 waren es bereits 62.
- Für das laufende Jahr 2020 hat die Kreispolizeibehörde in Meschede bis jetzt bereits 56 Pedelec-Unfälle verzeichnet. Dabei sind nach Angaben der Polizei 21 Menschen schwer und 36 leicht verletzt worden.