Freienohl. „Hier geht keiner verkleidet raus“, sagen Stephan und Andrea Adams vom Modehaus Humpert in Freienohl. Sie berichten über ihr Erfolgsrezept.

Es sind oftmals die kleinen Häuser, die Krisen erstaunlich gut meistern. Andrea und Stefan Adams führen in Freienohl das Modehaus Humpert - in dritter Generation - gegründet 1926. Ihre Stammkunden haben ihnen auch während der Corona-Krise die Treue gehalten.

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Aber die Geschäftsinhaber sind auch selbst tätig geworden. „Über Facebook und Instagram waren wir schon vorher aktiv. Das haben wir in der Zeit noch einmal verstärkt“, erzählt Andrea Adams. Mit dem Handy ging sie durch den Laden und zeigte per Video die neue Kollektion. Über WhatsApp verschickten sie und ihr Mann Fotos, berieten am Telefon und lieferten kontaktlos aus. „Das kann man alles nur machen, wenn man seine Kunden gut kennt“, sagt sie.

Hier finden sich schon die Farben der neuen Herbst-Kollektion.
Hier finden sich schon die Farben der neuen Herbst-Kollektion. © Ute Tolksdorf

Aktuell laufe das Geschäft wieder an. Und auch wenn der Mundschutz lästig sei, er sei das kleinere Übel, betont das Paar. Abstände einzuhalten, sei zudem hier viel einfacher als in den großen Geschäften. Und das sähen auch ihre Kunden so, die mittlerweile wieder zurück in den Laden kämen. Rund 90 Prozent davon sind Stammkunden. Sie kommen gezielt und nicht nur aus Freienohl, sondern auch aus dem nahen Umfeld sowie Arnsberg, Warstein, Bad Fredeburg und Sundern.

Modenschauen mit Kundinnen

Regelmäßig gibt es im Modehaus Humpert Aktionen zur Kundenbindung: kleine Geschenke oder die beliebte jährliche Modenschau. „Unsere Models sind dann ausschließlich Kundinnen“, erzählt Stephan Adams. Viel Wert werde auch auf die Beratung gelegt. „Wir verkaufen keine Statussymbole, sondern Kleidung mit guter Passform und modischem Anspruch“, sagt er und seine Frau ergänzt. „Ich lasse hier niemand rausgehen, der verkleidet aussieht.“ Es müsse auch in einem so kleinen Haus möglich sein, nur zu schauen und ohne ein Teil wieder nach Hause zu gehen. „Ich könnte nicht unehrlich verkaufen. Dann lieber beim nächsten Mal.“

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Service wird groß geschrieben

Dazu wird Service groß geschrieben. „Wir stecken ab, geben Ware zur Ansicht mit und kümmern uns, falls mal etwas nicht stimmt, ein Reißverschluss klemmt oder eine Naht aufgeht“, betont Stephan Adams. „Damit soll der Kunde keinen Stress haben.“ Er ist sicher: „Das leben wir und dadurch überleben wir auch.“ Man müsse natürlich schon schauen, dass man Marken bietet, die es nicht an jeder Ecke gibt.

Im Jahr 2000 übernahm Adams das Modehaus von seinem Vater, 2012 stieg seine Frau ein. Nach und nach veränderte das Paar behutsam Inneneinrichtung und Sortiment. „Wir waren immer ein klassisches Modehaus, das Wert auf Qualität und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gelegt hat. Aber heute sind wir moderner, offener.“

Die herbstliche Kollektion im Modehaus Humpert.
Die herbstliche Kollektion im Modehaus Humpert. © Privat

Trotzdem, so betonen beide, könnten hier weiterhin Frauen jeden Alters etwas Passendes finden. Und überhaupt habe sich der Blick auf Mode und Farbe gewandelt. „Früher hätte man vielleicht gedacht, im Dorf braucht man das nicht. Oder eine Frau jenseits der 60 oder mit Kleidergröße 50 trägt sowas nicht. Das stimmt so einfach nicht mehr“, weiß Andrea Adams Die Kundinnen sind gut informiert und wissen, was aktuell en vogue ist. „Man unterscheidet heute nicht mehr nach Alter, sondern nach Mode-Grad“, erklärt sie. Und dann stellt sie die Gegenfrage: „Was ist alt?“ Gerade erst habe sie einer 80-Jährigen eine moderne Jogpants verkauft, „und die stand ihr richtig gut.“

>>>HINTERGRUND

Das Modehaus Humpert wurde 1926 von Ernst Humpert als Stoffgeschäft eröffnet.

Seine Nichte Margarete Adams arbeitet erst als Angestellte dort, bevor sie es Anfang der 60er-Jahre übernahm. In den 70er Jahren stieg auch ihr Mann Erich Adams ein, der zuvor als Handelsvertreter unter anderem für Falke in der Region unterwegs gewesen war.

Ihr Sohn Stefan Adams machte erst eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Klingenthal in Paderborn und studierte dann BWL mit dem Schwerpunkt Textil an der Lehranstalt des Deutschen Textileinzelhandels (LDT) in Nagold.

Dort lernte er seine Frau kennen, Andrea Adams stammt aus Landau und arbeitete nach dem BWL-Abschluss erst noch von Freienohl aus im Außendienst für verschiedene Modemarken, bevor sie 2012 komplett ins Geschäft einstieg.

Andrea und Stephan Adams sind beide 46 Jahre alt. Das Paar hat zwei Kinder (12 und 15 Jahre alt).