Meschede/Eslohe/Bestwig/Schmallenberg. Ein Experte zur Kommunalwahl: Wer ist ein perfekter Bürgermeister? Und was ist mit Kandidaten, die gar nicht ernsthaft antreten?
Noch zweieinhalb Wochen bis zu den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen. Die Parteien und Wählervereinigungen werben um Stimmen. Was macht eigentlich eine geeignete Kandidatin und einen geeigneten Kandidaten aus? Und wie wirkt es, wenn manche sich nicht einmal mit Foto oder Inhalten präsentieren wollen? Wir haben darüber mit David H. Gehne vom Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung der Ruhr-Universität Bochum gesprochen.
Frage: Bald finden in Nordrhein-Westfalen die Kommunalwahlen statt. Dabei werben hauptamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und ehrenamtliche Kandidatinnen und Kandidaten um Stimmen. Wie sieht aus Ihrer Sicht ein geeigneter Ratsvertreter aus?
Gehne: Bürgerinnen und Bürger erwarten von Bürgermeistern Glaubwürdigkeit, Bürgernähe, Führungsfähigkeiten, Verwaltungserfahrung und lokale Bindungen. Das Parteibuch verliert in den letzten Jahren an Bedeutung.
Wir stellen fest, dass einige Bewerberinnen und Bewerber für ihre öffentliche Vorstellung kein Foto zur Verfügung stellen und auch keine oder wenig Angaben machen, obwohl sie sich zur Wahl stellen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich um reine Zählkandidaten handelt, um eine Liste voll zu bekommen. Ist das in Ordnung, da diese Menschen möglicherweise gar nicht hinter einem Mandat stehen?
Im Prinzip machen das alle Parteien und Wählergruppen, zumindest wenn sie lange Listen aufstellen, von denen sie wissen, dass nur ein Teil der Kandidierenden Chancen hat, in den Rat einzuziehen. Rechtlich ist das in Ordnung, politisch und moralisch habe ich das nicht zu beurteilen.
Wird es zunehmend schwerer, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalparlamente zu finden. Wie ist Ihr Eindruck?
Ja, denn die zeitliche Belastung ist sehr groß und Mandatsträger haben in der Regel große Probleme, Familie, Beruf, Mandat und das restliche Leben mit Hobbys und weiterem Engagement zu vereinbaren. Gleichzeitig haben wir überalterte kommunale Vertretungen, also reichlich Bedarf für die Zukunft. Noch scheint es aber einigermaßen zu gelingen, genug Kandidierende zu finden.
Was könnten Parteien und Wählvereinigungen tun, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, insbesondere wenn Reizthemen fehlen?
Fast nichts. Ihr Ziel im Wahlkampf ist es, ihre Anhängern soweit es geht mobilisieren und vielleicht noch ein paar Stimmen hinzuzugewinnen.
Diese können von anderen Parteien kommen, oder von Nichtwählern, dann kann die Wahlbeteiligung auch steigen. Die typischen kommunalen Nichtwähler zu erreichen, überschreitet ihre Möglichkeiten aber meistens. Nichtwahl hat viele Ursachen, die aufseiten der Wähler liegen, wie beispielsweise die Annahme, Kommunalpolitik sei nicht wichtig. Das lässt sich in ein paar Wochen Wahlkampf meist nicht ändern.
Erstmals tritt auch „Die Partei“ in vielen Orten auf, eine Satire-Partei. Sie persifliert Wahlprogramme und gibt teils lustige, teils platte Antworten. Wie bewerten Sie das Phänomen, dass einerseits Verkrustungen auf die Schippe genommen, es andererseits aber in den Räten doch um sehr ernsthafte Themen wie Millionen-Projekt geht. Ist es die richtige Bühne?
Ich glaube, dass es nicht nur um Spaß und Satire geht, sondern auch um andere Wege, Aufmerksamkeit zu generieren z.B. auch für junge Themen wie Digitalisierung oder gegen Rassismus. Die Bühnen wählen diese Parteien dann selbst aus, das ist ihr gutes Recht. Ob die Wählenden sie für wichtig genug und würdig halten, sie dann im Rat zu vertreten, entscheidet sich an der Urne.
Zur Person
Dr. David H. Gehne ist einer der Geschäftsführer des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung der Ruhr-Universität Bochum.
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Er ist 49 Jahre alt und stammt gebürtig aus Hamm in Westfalen.
Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Kommunale Präventionspolitik, Kinderrechte und Monitoring, Analyse lokaler und regionaler Partizipationsstrukturen und Wahlen sowie Bürgermeister und Bürgermeisterwahlen.