Meschede/Beirut. Über die Explosion, Korruption – und seine Schwiegermutter: Fußballstar Theo Bücker spielte beim BVB, MSV Duisburg, Schalke. Er lebt in Beirut.
Die Fußball-Legende aus dem Sauerland hat noch Glück gehabt. Niemandem in der Familie von Theo Bücker ist etwas passiert bei der gewaltigen Explosion im Hafen von Beirut. Der 72-Jährige war gerade auf dem Weg ins Sauerland, als sich die Katastrophe mit 165 Toten und enormen Schäden ereignete.
„Einer der geilsten Flecken!“
Der gebürtige Bestwiger begann seine Fußballkarriere beim SuS Hüsten, spielte dann in den 70er und 80er Jahren für Borussia Dortmund, den MSV Duisburg, für Schalke 04.
Über seine Station in Saudi-Arabien entdeckte er seine Leidenschaft für die arabisch sprechende Welt, erst als Spieler, dann als Trainer. Inzwischen lebt er im Libanon, er ist mit einer libanesischen Zahnärztin verheiratet, hat als Deutscher dort den Status eines „permanent resident“.
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Er schwärmt über den Libanon: „Einer der geilsten Flecken, die ich je gesehen habe!“ Den Kontakt ins Sauerland hält er dennoch aufrecht. Bücker hat als Station dafür eine Wohnung in Meschede. Als sich die Katastrophe ereignete, war er hierher unterwegs, um einen Freund zu beerdigen. Aus seiner Wohnung in einem Vorort von Beirut hätte er sonst alles sehen können: Der Hafenbereich, wo die furchtbare Explosion geschah, begrenzt dort seine Sicht nach Süden hin. Seine Frau konnte Entwarnung geben: Niemand in ihrer Familie kam zu Schaden.
Jetzt Trainer eines Zweitligisten
Gemeinsam mit einem Partner, einem ehemaligen Basketballprofi, führt Theo Bücker in Beirut eine Fußballakademie. Bücker ist der einzige lizenzierte Fußballlehrer im Libanon. 35 weitere Trainer arbeiten für die Akademie, Bücker selbst sorgt für ihre Ausbildung. Er trainiert auch noch selbst den libanesischen Zweitligisten FC Jounieh. 1000 Kinder besuchen seine Akademie, sie wohnen alle in Vororten, auch von ihnen kam deshalb niemand zu Schaden.
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Allerdings: Das Büro der Akademie liegt nur 100 Meter vom Hafen entfernt - besser gesagt, es lag dort, denn durch die Explosion ist es völlig zerstört worden: „Da ist nichts mehr wiederzuerkennen. Es ist einfach weg.“ Die Beschäftigten hatten glücklicherweise zuvor Feierabend gemacht. Auch ein ehemaliger Spieler von ihm hatte Glück, berichtet Bücker: Er hat ein Appartement im Hafenbereich, war aber zu Besuch bei seiner Mutter - von seiner Wohnung blieb nichts übrig. Zumal: Nach der Explosion regnete es auch noch zwei Nächte hindurch.
Spenden ja, aber nicht an Regierung
„Ein sensationelles, wunderschönes Land“, sagt der Sauerländer über seine zweite Heimat Libanon.
Nur von der Regierung schwärmt auch er nicht: „Es wäre sogar schön, wenn wir eine schlechte Regierung hätten. Aber wir haben nicht mal die: Wir haben gar keine“, meint er und klagt über Korruption und Untätigkeit. „Da ist zu viel Egoismus in der Politik. Es will nicht einmal jeder nur ein Stück vom Kuchen, der zu verteilen ist: Jeder möchte gleich den ganzen Kuchen haben!“
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Nach der Explosion in Beirut bittet auch er, dem Libanon zu helfen. Allerdings rät er, Spenden nicht der Regierung zu überlassen: „Es kann nur Hilfe sein, die an klare politische Veränderungen gebunden ist.“ Partner seiner Akademie ist der französischen Spitzenclub Olympique Lyon: Dessen französische Trainer sind allerdings zurückgezogen worden nachdem die libanesische Lira massiv an Wert verloren hat.
An der WM-Teilnahme vorbei
Bücker hat die Korruption selbst auch schon seinen größten möglichen sportlichen Erfolg gekostet. Vor der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien war er Nationaltrainer des Libanon.
Seine Mannschaft hätte die Qualifikation fast geschafft, verlor aber dann unerklärlicherweise zwei Spiele gegen Katar - nachher stellte sich heraus, dass von seinen Spielern die Spielergebnisse an Wettsyndikate in Malaysia verkauft worden seien, berichtet er: „Für mich war die Bestrafung, dass ich nicht an einer WM teilnehmen konnte.“
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Trotz der Korruption: Theo Bücker würde sich von den Deutschen einen differenzierteren Blick auf den Libanon wünschen - die angeblichen Gefahren in dem Land würden zum Beispiel übertrieben: „In über 20 Jahren im Libanon habe ich hier noch nie einen Schuss gehört!“ Scherzhaft sagt er: „Das Hauptproblem ist meine Schwiegermutter, die mit mir schimpft, weil ich sonntags nicht in der Kirche war. Die ist strenger katholisch, als es im Sauerland ist!“
>>>HINTERGRUND<<<
Theo Bücker spielte von 1969 bis 1973 beim BVB in Dortmund, 1973 bis 1978 beim MSV Duisburg, von 1978 bis 1981 für Al Ittihad in Saudi-Arabien, danach noch bis 1984 bei Schalke 04.
Er war Trainer in Ägypten, Saudi-Arabien, Libyen, Libanon und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Am heutigen Fußball kritisiert er: „Jeder will Messi sein!“ Die Abwehr würde vernachlässigt: „Ich könnte in jeder Landesliga-Mannschaft mitspielen, weil kein Verteidiger da ist.“
„Fußball ist so schwierig, weil er so einfach ist“: Das Spiel beruhe auf Angriff und eben auf Abwehr. „Aber diese Spielidee gibt es nicht mehr: Es wird nicht mehr defensiv gespielt!“ In seiner Akademie im Libanon schult er ausdrücklich auch intensiv das Abwehrverhalten.