Nuttlar. Zwei Männer springen mit Fallschirmen von der Talbrücke Nuttlar. Damit erreicht das illegale Base-Jumping eine neue Dimension.
Lange war es ruhig um die Talbrücke Nuttlar. Seit April hat sich dort laut Pressestelle der Polizei niemand mehr in den Tod gestürzt. Und nun das: Base-Jumper entdecken das 115 Meter hohe Rekord-Bauwerk für sich. Sie suchen den Kick, indem sie mit einem Fallschirm auf dem Rücken über die Brüstung klettern und in die Tiefe springen. Ein solcher Sprung am vergangenen Wochenende war dabei keineswegs der erste. Neu ist allerdings, dass sich die Springer haben erwischen lassen.
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Bereits während der Bauphase waren Base-Jumper von der Brücke gesprungen und dabei beobachtet worden. Anwohner hatten daraufhin die Polizei alarmiert - als die Beamten in Nuttlar eintrafen, waren die Springer allerdings bereits über alle Berge. Das war diesmal anders: Auf der Strecke zwischen Heinrichsthal und Wehrstapel konnte die Polizei nach dem Anruf von Zeugen den Pkw der drei Männer stoppen. Jetzt droht nicht nur den beiden Brückenspringern mindestens eine empfindliche Geldstrafe, sondern auch dem Fahrer der beiden.
Ermittlungen dauern an
Grundsätzlich verboten ist das Base-Jumping in Deutschland zwar nicht. Allerdings ist für den Sprung von Brücken, Gebäuden oder Türmen unter anderem die Genehmigung des Eigentümers erforderlich. „Und für den Sprung von der Talbrücke Nuttlar würde es eine solche Genehmigung niemals geben“, stellt Susanne Schlenga vom Landesbetrieb Straßenbau unmissverständlich klar. Für die Genehmigung sei zwar nicht der Landesbetrieb selbst zuständig, sondern die Bezirksregierung - aber auch dort werde es für einen derartigen Plan keine Zustimmung geben.
Ebenso wie die Polizei hat auch Schlenga kein Verständnis dafür, wenn junge Menschen auf diese Art und Weise den ganz besonderen Kick suchen. Zum einen habe zu Fuß selbst jenseits der Leitplanken niemand etwas auf der Autobahn zu suchen, wenn er keine Panne habe. Zum anderen sei auch das Betreten der Fußwege, die auf die Brücke führen, verboten, stellt Schlenga klar. Dabei handele es sich um Dienstwege, die nur von Befugten betreten werden dürfen.
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Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen geht die Polizei laut Sprecherin Laura Burmann davon aus, dass die beiden Fallschirmspringer mit dem Auto auf die Autobahn gebracht worden sind. Ob das Fahrzeug mitten auf der Fahrbahn angehalten hat, um die beiden Männer aussteigen zu lassen, sei derzeit Gegenstand der Ermittlungen.
Straftat nach dem Luftverkehrsgesetz
Begangen haben die Fallschirmspringer mit ihrem ungenehmigten Sprung eine Straftat nach dem Luftverkehrsgesetz - dafür droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Ob weitere Vorwürfe hinzukommen - etwa wegen des Haltens auf der Autobahn - werde sich im weiteren Verlauf der Ermittlungen zeigen, sagt Polizei-Sprecher Sebastian Held.
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Unabhängig vom Straftatbestand hat Landesbetriebs-Sprecherin Susanne Schlenga auch aus einem weiteren Grund keinerlei Verständnis für das unverantwortliche Verhalten der Männer. Sie denkt dabei an die Autofahrer, die die Stelle passieren, während die Männer sprungbereit am Rand der Brücke stehen. Für Vorbeifahrende werde der Fallschirm auf dem Rücken unter Umständen auf die Schnelle gar nicht erkennbar sein, so dass sie davon ausgehen müssten, gerade Zeuge eines Suizids geworden zu sein, so Schlenga.
Neues Phänomen
Für sie und ihre Kollegen ist das Phänomen des Base-Jumpings von Autobahnbrücken neu. Es habe in der Vergangenheit landesweit keine ähnlichen Vorfälle gegeben, sagt sie. Insofern sei der Sprung am Freitagabend ein Novum. Es war gegen 21.30 Uhr als Zeugen die beiden Base-Jumper in Nuttlar beobachtet hatten, wie sie von der Talbrücke Nuttlar sprangen und anschließend mit ihren Fallschirmen auf einer Wiese unterhalb der Brücke landeten.
Wenig später erwischte die Polizei die beiden Männer samt ihres Fahrers zwischen Heinrichsthal und Wehrstapel. Es handelt sich um drei Männer im Alter von 25, 27 und 30 Jahren aus dem Raum Menden. Im Fahrzeug entdeckten die Beamten nicht nur die beiden Fallschirme, sondern auch zwei Helmkameras.
Zaunanlage in Arbeit
Nicht nur wegen der Base-Jumper, sondern vor allem vor dem Hintergrund zahlreicher Suizide, die sich in der Vergangenheit auf den Talbrücken des neuen Teilstücks ereignet haben, arbeitet der Landesbetrieb derzeit an einer Absicherung der Brücken. Sowohl auf der Talbrücke Nuttlar als auch auf der Talbrücke Bermecke soll über die gesamte Länge eine Zaunanlage montiert werden.
Mehrere Genehmigungen erforderlich
Verboten ist Base-Jumping in Deutschland nicht - allerdings ist es genehmigungspflichtig. Der Eigentümer des Absprungortes muss schriftlich zustimmen und auch der Eigentümer der Landefläche muss seine schriftliche Einwilligung erteilen.
In Norwegen, Italien, Frankreich und in der Schweiz ist Base-Jumping dagegen ohne Genehmigung gestattet. In der Schweiz befindet sich auch der beliebteste Ausübungsort für Base-Jumping: das Lauterbrunnental. Hier gibt es gleich mehrere gerade Klippen, die ideal zum Hinunterspringen sind.
Die Talbrücke Nuttlar ist eine Brücke der A46 über das Tal des Schlebornbaches bei Nuttlar. Sie ist mit 115 Metern Höhe die höchste Brücke in Nordrhein-Westfalen.
Basejumping steht für die englischen Begriffe B: Building (Gebäude), A: Antenna (Sendemast), S: Span (Brücke) und E: Earth (Erdboden). Jumping steht für Sprung. Personen, die diese Sportart ausüben, werden Basejumper oder Objektspringer genannt.
Wenn Sie selbst depressiv sind und Selbstmord-Gedanken haben, kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge. Sie ist über die kostenlose Hotline 0800/111 01 11 oder 0800/111 02 22 erreichbar. Hilfe für Menschen, die unter Depressionen leiden, gibt es außerdem auch beim Bündnis gegen Depression unter. Hier lautet die Telefonnummer: 0291/941469.