Meschede/Arnsberg. Zahlreiche Betriebe rund um Meschede befinden sich in Kurzarbeit. Die IG Metall hat eine Prognose dazu. Und eine größere Sorge.
Drei Monate Corona-Krise, das hat auch viele vorher gesunde Unternehmen schwer getroffen. Mit Ärger und Sorge beobachtet Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall, manche Entwicklung.
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Fast drei Monate Corona-Krise, wie hat sich das bisher in den Unternehmen der Region ausgewirkt, die Sie betreuen?
Carmen Schwarz: Corona betrifft die Betriebe auf zwei Ebenen, einmal auf der gesundheitlichen. Da sind Schichten neu eingeteilt oder Abläufe getrennt worden, damit die Mitarbeiter sich nicht begegnen. Das dient dem Gesundheitsschutz und auch, dass nicht ganze Werke bei einem Corona-Ausbruch lahmgelegt werden. Es gibt die Fiebermessaktion bei Honsel. Und in den Verwaltungen arbeiten Mitarbeiter aus dem Homeoffice, für viele ist das auch eine neue Entwicklung.
Und die wirtschaftlichen Auswirkungen?
Die reichen von „wir merken fast nichts“ bis zu „Kurzarbeit auf Null“. Auch viele vorher gesunde Unternehmen sind betroffen. Ich schätze, dass bestimmt 80 Prozent unserer Betriebe Kurzarbeit fahren, weil Lieferketten abgebrochen sind, Material nicht eingeht, Aufträge storniert werden oder Anschlussaufträge fehlen. Da macht sich auch die Globalisierung bemerkbar, denn selbst wenn der Absatz in Deutschland wieder anläuft, fehlt er aus Italien, Frankreich oder Südamerika. Ich schätze, das wird auch noch eine Weile dauern.
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Honsel mit rund 1500 Mitarbeitern ist ein wichtiger Arbeitgeber für Meschede. Was passiert da gerade?
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es im Bereich der Kokille, während im Bereich Druckguss es immer noch genug Anlass zur Sorge gibt. Die Kurzarbeit wird wahrscheinlich noch eine Zeit lang genutzt werden müssen. Gerade vor diesem Hintergrund bin ich damit zufrieden, dass wir dort Ende März eine gute Aufstockungsregelung für die Mitarbeiter verhandeln konnten. Doch aus dem Tal heraus sind wir auch dort noch lange nicht. Die Automobilzulieferindustrie hat auch ein strukturelles Problem. Nicht umsonst sind wir Anfang des Jahres ohne Forderungen in die Tarifrunde gegangen.
Sie vertreten auch Busch in Bestwig und Wehrstapel - wie sind da die Kurzarbeiterregelungen?
Da kann man sehen, wie die Krise auch gesunde Unternehmen erschüttert. Direkt zu Anfang des Jahres hatten wir dort mit Betriebsrat und Arbeitgeber eine betriebliche Vereinbarung getroffen, um Absatzrückgänge aufzufangen. Damals hatten wir uns mit dem Arbeitgeber – nach Rücksprache mit unseren Mitgliedern – darauf verständigt, eine tarifliche Einmalzahlung in Zeit umzuwandeln, so dass jeder Mitarbeiter acht Tage bezahlt zu Hause bleiben konnte. Dann aber kam der Arbeitgeber auf uns zu, um diese Vereinbarung auszusetzen. Es gab wieder gut zu tun. Da haben wir natürlich gern eingewilligt. Doch im März kam Corona. Vor allem die Gießerei ist betroffen. Busch fährt jetzt weiter Kurzarbeit mit einer gestaffelten Aufstockung. Im Juni wird diese reduziert, weil die Kollegen andere tarifliche Leistungen erhalten, wie das Urlaubsgeld, um diese Phase zu überbrücken. Der Betriebsrat guckt dort wöchentlich, wie man am besten zum Wohl der Mitarbeiter und des Unternehmens reagiert.
Sind Sie mit der Kurzarbeiterregelung des Staates zufrieden?
Zum Teil. Ich finde, dass die Politiker den Unternehmen sehr unbürokratisch geholfen haben, indem sie ihnen die Remanenzkosten, also die Sozialbeiträge, die sie trotz Kurzarbeit zahlen müssten, erlassen. Eine solche Lösung hätte ich mir auch für die Arbeitnehmer gewünscht, die einen enormen Einkommensverlust hinnehmen mussten. Sie erhalten jetzt als staatliche Aufstockung, wenn sie seit März mindestens 50 Prozent kurzarbeiten, ab dem 4. Monat 70 statt 60 Prozent vom Nettogehalt und ab dem siebten Monat 80 Prozent. Das allein auszurechnen und nachzuhalten, ist schon ein enormer Aufwand für die Arbeitsagentur und immer noch zu wenig Geld. Ich hätte mir da eine klarerer Regelung gewünscht. Denn auch die Kolleginnen und Kollegen haben Fixkosten, die sie bezahlen müssen. Da hätte man sich manche zusätzliche Leistung sparen können, wie Mietstundungen oder das Erlassen der Kita-Beiträge.
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Glauben Sie, dass manche Betriebe die staatlichen Förderungen und Subventionen auch ausgenutzt haben, um Personalkosten zu sparen?
Wenn es diese Möglichkeit gibt, wird das der ein oder andere auch ausnutzen, sicherlich ist das nicht die Mehrheit. Wenn es dazu führt, dass die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz behalten, gucke ich da nicht ganz so kritisch drauf. Umso mehr ärgert es mich aber, wenn Unternehmer und Arbeitnehmer in der Kurzarbeit nicht gleich behandelt werden. Corona ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Haben Sie schon eine Ahnung, ob weniger ausgebildet wird?
Die Betriebe, mit denen wir zusammenarbeiten, haben das aktuell noch nicht angedeutet. Allerdings gab es solche Überlegungen schon im vergangenen Herbst. Für mich ist das in Zeiten des Fachkräftemangels völlig unverständlich. Auch das Handwerk muss sich überlegen, dass Fachkräftemangel damit zu tun haben kann, dass zu geringe Löhne gezahlt werden. Und das fängt schon in der Ausbildung an.
>>>HINTERGRUND
Die IG Metall Arnsberg ist zuständig für die Kommunen Ense, Arnsberg, Sundern, Meschede, Warstein, Schmallenberg, Bestwig und Eslohe.
Insgesamt betreut sie rund 100 Betriebe mit 20.000 Beschäftigten.
Der Ostkreis wird von der eigenständigen IG-Metall-Bezirksstelle in Olsberg vertreten.