Meschede. In Krisenzeiten eine positive Nachricht für die Honselaner: Betriebsrat und Arbeitgeber haben sich in Meschede auf Kurzarbeiter-Lösung geeinigt.

Bei Martinrea Honsel in Meschede haben Betriebsrat und Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit abgeschlossen. „Angesichts der Situation haben die Kollegen da für die 1500 Mitarbeiter eine wirklich gute Lösung gefunden“, sagt Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Arnsberg.

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Die Vereinbarung umfasst das normale Kurzarbeitergeld, also 60 Prozent für Alleinstehende und 67 Prozent für Verheiratete vom letzten Netto - plus 20 Prozent. Damit hat Martinrea Honsel Teile der so genannten Remanenzkosten an die Arbeitnehmer weitergereicht. Remanenzkosten sind anfallende Sozialversicherungsbeitrage für ausgefallene Arbeitsstunden, die die Bundesagentur für Arbeit in der Coronakrise voll erstattet. Bisher mussten die Arbeitgeber diese in voller Höhe selbst übernehmen.

Von 60 Prozent kann man nicht leben

Die 20 Prozent plus seien wichtig, da man von 60 bzw. 67 Prozent vom Netto nicht wirklich leben könne, betont Carmen Schwarz. „Das würde ja bedeuten, dass man bisher immer 40 Prozent hätte zur Seite legen können. Das dürfte bei den Wenigsten so sein.“ Sie sieht hier einen wichtigen Erfolg der Gewerkschaftsarbeit. Arbeitnehmer in nicht-tarifgebundenen Betrieben stünden da meist deutlich schlechter da.

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Viele Honselaner machten sich trotzdem Sorgen, dass in der Betriebsvereinbarung versteckt auch wirtschaftliche Grausamkeiten enthalten sind, also beispielsweise die Rücknahme des Kündigungsschutzes aus der letzten Betriebsvereinbarung oder die Reduzierung der Urlaubstage. Doch nichts von dem müsse man befürchten, betont die Gewerkschafterin. Der Kündigungsschutz gelte weiter, weil auch der Ergänzungstarifvertrag weiter gilt und die neue Betriebsvereinbarung das ausdrücklich festhält: Betriebsbedingte Kündigungen sind erstmal bis Februar 2021, so lange gilt die Betriebsvereinbarung, nicht zulässig. „Das ist also quasi doppelt abgesichert“, so Schwarz.

Keine versteckten Grausamkeiten

Auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind davon nicht betroffen. Allerdings müssten alle Mitarbeiter zuvor ihre Plus-Stunden aus den Flexi-Konten runterfahren. „Das ist ja auch sinnvoll“, so Schwarz. „Denn die werden ja noch zu 100 Prozent bezahlt.“

Carmen Schwarz, Geschäftsführerin der IG Metall Arnsberg, ist zufrieden mit dem Abschluss bei Martinrea Honsel.
Carmen Schwarz, Geschäftsführerin der IG Metall Arnsberg, ist zufrieden mit dem Abschluss bei Martinrea Honsel. © Ted Jones/WP | Ted Jones

Trotzdem bedeute das nicht, dass Honsel auch in den nächsten Wochen noch genug Arbeit haben müsse, um auch nur teilweise zu arbeiten. „Kurzarbeit kann auch bedeuten auf Null runterzufahren“, erläutert sie. Es gehe einfach darum, die Facharbeiter zu halten, um nach der Krise wieder durchzustarten. So machten es im Moment ja auch die großen Automobilfirmen, von denen viele Unternehmen in der Region direkt oder indirekt abhängig sind.

>>>HINTERGRUND

Laut IG Metall beschäftigen sich fast alle angeschlossenen Betriebe in der Region durch die Corona-Krise zurzeit mit Kurzarbeit, auch die, bei denen das zuvor nicht auf der Agenda gestanden hatte.

Die Arbeitsagentur Meschede-Soest hat so viele Anträge entgegengenommen, dass die Behörde nicht mehr in der Lage ist, die Zahlen lokal oder regional herunterzurechnen, erläutert Pressesprecherin Nina Appel. „In NRW sind seit dem 16. März mehr als 13.000 Anzeigen eingegangen. Im gleichen Zeitraum waren es 2019 nur 404. Bundesweit seien es 76.700 Anzeigen, Zum Vergleich: 2019 waren es rund 1000.

Die Behörde selbst habe aus den unterschiedlichsten Abteilungen dafür die Mitarbeiter zusammengezogen. Rund 80 Kollegen seien jetzt, viele nach einer Kurzschulung, mit der Aufnahme der Anzeigen und der Auszahlung des Kurzarbeitergeldes beschäftigt. Sie verspricht: „Das geht sehr unkompliziert.“ Die Betriebe müssten nur eine einfache Liste einreichen. Auch handschriftlich sei das möglich. „Da läuft viel auf Vertrauensbasis.“