Velmede. Der Velmeder Gastronom Bale Burcevski fühlt sich in der Corona-Krise „verarscht“. Eine Öffnung seines Gasthofs sei praktisch gar nicht möglich.
Bale Burcevski ist ein Mann klarer Worte: Er fühle sich verarscht, sagt der Velmeder Gastronom mit Blick auf die Einschränkungen, die die Landes- und Bundespolitik ihm und seinen Kollegen angesichts der Corona-Pandemie zumuten. „Die haben da oben doch den Bezug zu allem menschlichen verloren und sind viel zu weit weg von den echten Sorgen“, schimpft er.
Seit inzwischen 27 Jahren führt Burcevski gemeinsam mit seiner Frau erfolgreich den Gasthof Sauerwald. Theoretisch dürften die beiden trotz der Corona-Krise seit einiger Zeit wieder öffnen. Rein praktisch sei das aber gar nicht möglich. Eine Woche lang haben sie es versucht, dann haben sie die Türen wieder abgeschlossen und beschränkten sich seitdem wieder auf den Außer-Haus-Verkauf. Ab Freitag wollen die Burcevskis nun einen neuen Versuch starten.
Seit Wochen keine Infektion
In dem Gasthof mit seinem Saal ist in normalen Zeiten Platz für rund 70 bis 80 Menschen. Unter Beachtung der Corona-Einschränkungen sei der Gastraum zuletzt allerdings mit elf einzelnen Gästen bereits voll gewesen. „Wie soll das funktionieren?“, fragt Burcevski. Und selbst dann sei es noch schwierig, immer den Mindestabstand von 1,50 Meter zu gewährleisten - etwa wenn mal einer der Gäste auf die Toilette und an den anderen vorbei müsse. Und als dann noch jemand sein Essen ohne Mundschutz abgeholt habe, habe sofort das Ordnungsamt auf der der Matte gestanden.
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Es sei schier unmöglich als Wirt all das zu kontrollieren, wenn hinten noch gekocht und bei Öffnung des Lokals auch noch die Personalien der Gäste festgehalten werden müssen. „Dann kommt das Ordnungsamt, kassiert 250 Euro Bußgeld - damit sind dann direkt die Einnahmen von mehreren Tagen weg“, rechnet der Gastronom vor und ergänzt: „Da lasse ich doch lieber gleich zu und biete nur Essen zum Abholen an, bevor ich ein solches Risiko eingehe“.
„Wir haben in Bestwig seit Wochen keine einzige Corona-Infektion und lassen dafür alles vor die Hunde gehen“, schimpft Bale Burcevski. Ein paar Wochen, vielleicht ein paar Monate werde das finanziell sicherlich noch gut gehen. Aber dann? „Was passiert denn, wenn hier nach und nach alle schließen müssen - wenn es irgendwann keinen gastronomischen Betrieb mehr im Ruhrtal gibt“, blickt der gebürtige Mazedonier in eine mögliche düstere Zukunft.
Keine klare Linie
Es gebe bei den ganzen Regelungen überhaupt keine klare Linie, übt Burcevski deutliche Kritik an Land und Bund und spricht in diesem Zusammenhang von reiner Willkür. Vor ein paar Wochen habe man noch bis 15 Uhr öffnen dürfen, erinnert er sich verständnislos und schiebt eine rhetorische Frage hinterher: „Glauben die ernsthaft, so ein Virus schaut auf die Uhr?“ Ähnlich sei es bei der Regelung für die Vermietung seiner insgesamt acht Gästezimmer gewesen, die er eine Zeit lang laut Corona-Vorschrift nur mit Monteuren habe belegen dürfen. „Die dürfen sich also infizieren?“
Wie eine große Familie
27 Jahre lang habe der Gasthof gut funktioniert und das wolle etwas heißen in der heutigen Zeit, sagt Burcevski mit Blick auf die zahlreichen gastronomischen Betriebe die in eben diesem Zeitraum aufgeben mussten. „Hier kennt jeder jeden, unsere Gäste sind wie eine große Familie.“ Eine Familie, die sich aktuell nicht mehr treffen darf. Zehn Stammtische, jede Menge Stammkunden. Alle bleiben sie zu Hause. „Weil man in eine Kneipe geht, um zu quatschen, um an der Theke zu sitzen, um andere Leute zu treffen - und nicht, um weit entfernt voneinander an verschiedenen Tischen Platz zu nehmen.“
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Kommunionfeiern abgesagt. Geburtstagsfeiern abgesagt. Die Kegelbahn im Haus geschlossen. Nichtmal richtig trauern dürfe man nach den Vorschriften von Bund und Land im Moment, sagt Burcevski. Erst kürzlich habe ein Beerdigungskaffee bei ihm stattgefunden - mit gerade einmal 13 Leuten, mehr seien nicht erlaubt gewesen.
Tropfen auf den heißen Stein
„Und dann siehst du sowas“, sagt Burcevski, zückt sein Handy und spielt ein Video ab, das Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zeigt, wie er nach einem ZDF-Interview in einem Krankenhaus direkt als die Kameras aus sind, seinen Mundschutz abnimmt. „Das passt doch alles nicht zusammen“, schimpft der Gastronom.
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Und für 9000 Euro Soforthilfe, solle er dann auch noch dankbar auf die Knie fallen? Was bitte seien denn in einer solchen Situation 9000 Euro - doch wohl nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. „Denen ist doch scheißegal, ob jemand kaputtgeht“, sagt Burcevski und hat in diesem Zusammenhang gleich noch eine Frage: „Was machen wir denn, wenn im Herbst wirklich die zweite Welle kommt?“ Er gehe fest davon aus, dass sich die Menschen weigern, all das noch einmal mitzumachen.