Bad Fredeburg. Frauen sind kein Freiwild, das hat Richter Ralf Fischer im Gerichtsprozess gegen einen 32-Jährigen Mann unmissverständlich klar gemacht.

Auch wenn am Ende Aussage gegen Aussage stand, ist ein 32-jähriger Mann aus Köln jetzt im Amtsgericht Bad Fredeburg wegen sexueller Belästigung zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss er 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. der Verteidiger hatte Freispruch gefordert.

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Der Angeklagte hatte als Patient der Sucht-Klinik eine Trauma-Patientin gegen ihren Willen unsittlich berührt. Dazu war er über den Außengang, eine Art durchlaufenden Balkon, in ihr Zimmer eingedrungen. Im Zimmer hatte er laut Anklage der Frau in den Schritt gefasst, seine Hose heruntergezogen und sein Geschlechtsteil an ihr gerieben. Erst als sie sagte, er solle das Zimmer verlassen, ließ er auch von ihr ab.

Richter lobt Mut des Opfers

Vor Gericht wiederholte die völlig verstörte 38-Jährige aus Geldern ihre Aussage unter Schluchzen. Während der Angeklagte behauptet hatte, man sei befreundet gewesen und sie habe ihm eindeutige Avancen gemacht - „sie war willig“ - beschrieb die Frau das komplette Gegenteil. „Wir kannten uns kaum“, sagte sie, „hatten an dem Tag nur zusammen Frühsport gemacht“. Er habe plötzlich an ihrer Tür gestanden und gefragt: „Was machst du gerade?“ Als sie antwortete, ich ziehe mich um, habe er schon im Zimmer gestanden. Fischer lobte die Zeugin: „Das ist sehr mutig, dass Sie hier heute hergekommen sind.“

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Staatsanwältin Sabine Krippendorf und Richter Ralf Fischer zeigten sich beide davon überzeugt, dass die Aussage der völlig aufgelösten Frau stimmt. „So etwas kann man nicht schauspielern“, sagte Fischer. Die Angaben seien knapp und klar gewesen. Auf Nachfragen habe die Zeugin spontan, ohne nachdenken zu müssen, geantwortet: „Ein Lügner braucht da eine Pause.“

Aussage fast wörtlich wiederholt

Sie habe zudem keinerlei Belastungstendenzen gezeigt, sondern ihre Aussage fast wörtlich so wiederholt, wie sie diese auch bei der Polizei gemacht habe. Fischer: „Ich glaube der Zeugin und bin felsenfest davon überzeugt, dass es genau so geschehen ist.“

An den Angeklagten gewandt, sagte er:„Erschwerend kommt hinzu, dass Sie einfach in ihr Zimmer eingedrungen sind.“ In der Klinik sei das absolut tabu, ein geschützter Raum. „Dieses Verhalten geht gar nicht! Frauen sind kein Freiwild!“

Der Hintergrund des Urteils

Der Straftatbestandteil der Sexuellen Belästigung ist erst 2016 - nach den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln - als eigener Straftatbestand eingeführt worden.

Er betrifft nur Belästigungen, die mit körperlicher Berührung einhergehen (§ 184i StGB).

Zuvor waren ähnliche Handlungen nur in besonderen Fällen als Beleidigung (mit sexuellem Hintergrund) gemäß § 185 Strafgesetzbuch strafbar. Ob sich der Belästigte subjektiv beleidigt fühlte oder nicht, war dabei nicht entscheidend.