Meschede. Anke Isenberg wollte eigentlich ihre Schneiderwerkstatt eröffnen. Die Coronakrise bremste sie aus. Statt sich zu ärgern, griff sie zur Maschine.

Eigentlich hatte Anke Isenberg am 1. April ihr Maßschneiderei „Nähwerk“ an der Briloner Straße 40 eröffnen wollen. Doch dann kam Corona. Jetzt näht sie Gesichtsmasken für Pflegekräfte.

„Letztlich kam Corona für mich doch noch gerade zum richtigen Zeitpunkt“, sagt die 48-Jährige. „Zwei Wochen später und ich hätte direkt wieder zumachen können“ So aber kämpfte sie gerade noch mit Bauanträgen, als klar wurde, dass sie ihr Geschäft gar nicht erst öffnen darf. „Die Reparaturwerkstatt hätte ich natürlich betreiben können, aber nicht den Verkauf von Stoffen, von Kurzwaren, keine Nähkurse und natürlich auch keine Maßschneiderei“, sagt sie. „Dabei kommt man den Kunden einfach viel zu nah.“

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Die Meschederin war quasi aus vollem Schwung ausgebremst worden. Sie hatte Glück, konnte Verträge stoppen, Lieferungen und Versicherungen schieben und alles Nötige mit den Banken klären. Ihren eigenen Lebensunterhalt finanziert sie bis Juni über einen Existenzgründerzuschuss. - Doch plötzlich war sie ohne Beschäftigung.

Anke Isenberg näht Mundschutz für Pflegekräfte.
Anke Isenberg näht Mundschutz für Pflegekräfte. © Ute Tolksdorf

Notstand an fehlenden Masken

Über eine befreundete Hebamme erfuhr sie dann, dass es im Krankenhaus einen Notstand an fehlender und reparaturbedürftiger Berufsbekleidung und fehlenden Masken gibt. „Den ersten Schwung Berufsbekleidung habe ich sofort mitgenommen und repariert.“ So erfuhr sie auch, dass es für viele Pflegekräfte schwierig ist, selbst an eine einfache Gesichtsmaske zu kommen. „Das hat mich geärgert, immerhin sind das die Menschen, die für uns ihren Kopf hinhalten.“ Also rief sie ihren Großhändler an, um passenden Stoff zu bestellen.“ Auf der anderen Seite der Leitung hörte sie nur ein Lachen: „Schrägband, Stoffe – meine erste Wahl war komplett ausverkauft“, erzählt sie kopfschüttelnd. „Ich habe dann das genommen, was da war.“

Parallel dazu fragte sie bei Facebook, ob ihr noch jemand beim Nähen helfen wolle. Ein kleiner Kreis an Frauen fand sich. Sechs Euro nimmt sie pro Maske. „Das ist sehr knapp kalkuliert“, sagt sie. Anfragen kamen von Apothekenhelferinnen, Krankenschwestern und Physiotherapeuten. Die Hebammen orderten gleich 70 Stück. Abgeben will sie die Masken vor allem an Menschen in Pflegeberufen. Zu denen hat sie mittlerweile einen besonderen Draht.

Prototypen der Masken ins Mescheder Krankenhaus

Denn fürs Krankenhaus übernimmt Anke Isenberg weiter kleinere Ausbesserungsarbeiten zum Beispiel an den OP-Kitteln, da näht sie Bänder an und flickt Löcher. Im Gegenzug schickte sie Prototypen ihrer Masken für einen Praxis-Test ins Krankenhaus. „Zu kurz“, befanden die Hygiene-Profis, „die müssen bis an die Ohren reichen“. Also wurden die Masken länger. Gummibänder als Halterung wurden geprüft – und verworfen. Die müssten angepasst werden. „Und die Falten sind nicht zur Zierde da sind“, sagt sie schmunzelnd. „Die soll man schon auseinanderziehen.“ In die obere Naht hat sie einen Draht eingefügt, der den Schutz auf der Nase fixiert – eine Spezialkonstruktion, wie sie verrät: „Das sind die Drähte, mit denen man Gefrierbeutel verschließt und von denen man immer mehr hat, als man braucht.“ Ihr ganzer Bekanntenkreis räumte dafür die Küchenschubladen auf.

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Dann kam Esther Mohnfeld auf sie zu. Die hatte sich gerade als Vorwerk-Vertreterin selbstständig gemacht, als Corona auch sie stoppte. „Sie näht nun auf eigene Rechnung für meine Masken passende Vliese aus Staubsaugerbeuteln.“ Die halten natürlich auch nicht die Viren ab, sind aber deutlich dichter und waschbar. „Beim Einkaufen reicht auch der einfache Schutz, aber wenn man einem gefährdeten Menschen näher kommt, gibt das Vlies zusätzliche Sicherheit.“

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167 Masken wird sie jetzt zusätzlich für die Soroptimistinnen nähen. Diese sollen ausschließlich an Pflegepersonen abgegeben werden – zum Preis von drei Euro. Die übrigen drei Euro Herstellungskosten übernimmt der Service-Club, der so eine Existenzgründerin in schwierigen Zeiten, das Pflegepersonal und das Ehrenamt unterstützen will.

>>>HINTERGRUND

Anke Isenberg ist Maßschneiderin und Einzelhandelskauffrau.

Zuletzt hatte sie neun Jahre die Schneiderei der Abtei geleitet und zuletzt im Haus der Handarbeit und in Eslohe in einem Brautmoden-Geschäft gearbeitet.

Sobald es möglich ist, will sie ihre Maßschneiderei an der Briloner Straße 40 eröffnen. Sie will dann dort Reparaturen und Änderungen übernehmen, Nähkurse geben sowie Stoffe und Kurzwaren verkaufen.

Wichtig ist ihr aber, dass sie als Maßschneiderin vor allem echte Lieblingsstücke herstellen kann – von der Bluse über den Mantel bis zum Brautkleid - die man so von der Stange nicht kaufen kann.

Zurzeit führt sie von Zuhause aus ihren Werkstattbetrieb weiter - mit Sicherheitsabstand natürlich. Weitere Infos unter 015143101256.