Bestwig. Endlich darf der Bestwiger Fahrlehrer Marcus Frese wieder unterrichten. Hinter ihm und seiner Frau liegt ein zermürbendes Corona-Hickhack.
Hoffnung, Freude und Enttäuschung lagen bei Fahrlehrer Marcus Frese und seiner Frau Michaela wochenlang ganz dicht beieinander. Mehr noch: Seit der Corona-Krise bestimmten diese Gefühle lange Zeit den Alltag der beiden. Bei aller Gelassenheit, die der 53-Jährige als erfahrener Fahrlehrer an den Tag legt: „Das Ewige auf und Ab war echt zermürbend“, sagt er und ist froh, dass er seit Montag endlich wieder unterrichten darf.
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An den letzten normalen Fahrschultag erinnert sich Frese noch genau. Es war der 16 März. Ein Montag. Dann kam nachmittags die Mail des Fahrlehrerverbandes mit der Mitteilung, dass wegen der Corona-Krise bereits ab abends kein theoretischer Unterricht mehr stattfinden darf. Am Dienstagmittag folgte dann die nächste Einschränkung: Auch Fahrstunden mussten mit sofortiger Wirkung abgesagt werden.
Prüfungen aber seien noch erlaubt. Es dauerte bis 21.45 Uhr, dann kam die nächste Mail: Auch Prüfungen dürfen seitdem nicht mehr stattfinden. Ab dem 18. März lag das Fahrschulgeschäft damit lange Zeit komplett auf Eis. „Irgendwie hat das aber gar keiner mitbekommen“, sagt Frese. Über alle möglichen Branchen werde gesprochen, aber die Fahrschulen habe öffentlich so richtig niemand auf dem Schirm.
Warten aufs Ministerium
Dabei geht es weder Marcus Frese noch seiner Frau Michaela darum, dass sie mit den Einschränkungen und Verboten nicht leben können oder wollen. Es geht ihnen darum, dass sie für ihre Branche eine klare Linie vermisst haben, auf die sie sich hätten verlassen können. Eine Perspektive. Stattdessen zogen sich gute Nachrichten, gefolgt von schlechten Nachrichten und das Warten auf E-Mails seit dem 16. März lange wie ein roter Faden durch den Alltag der beiden.
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Ein ganzes Wochenende hatten Marcus Frese und seine Frau Michaela damit verbracht, alles für die Wiederaufnahme des Fahrschulbetriebes vorzubereiten. Immerhin hatte es am Freitag zuvor geheißen, dass ab Montag theoretischer Unterricht und auch Fahrstunden wieder erlaubt sein würden. Marcus Frese rückte in seiner Bestwiger Fahrschule Tische und Stühle, um während des Unterrichts den Sicherheitsabstand wahren zu können. Seine Frau machte sich stundenlang Gedanken darüber, welche der Fahrschüler als erstes wieder durchstarten könnten und erstellte Listen.
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Vier Stunden lang hängte sie sich dann ans Telefon, um die Fahrschüler abzutelefonieren und ihnen die aufwändig ausgeklügelten Termine durchzugegeben. Doch bis zum Abend gab es immer noch keine Rückmeldung vom Bestwiger Ordnungsamt mit der offiziellen Genehmigung für die Wiederaufnahme des Betriebes. Stattdessen sei um 17.45 Uhr ein Anruf aus dem Rathaus gekommen, dass es am nächsten Tag einen Erlass des Ministeriums geben solle, der erst abgewartet werden müsse.
So und ähnlich sei es tagelang gegangen. Dass zwischenzeitlich die Zuständigkeiten von Gesundheitsamt und Ordnungsamt ungeklärt waren - geschenkt. „Beide sind wegen der Krise vermutlich völlig überlastet“, bringen die Freses Verständnis auf.
Auch keine Motorradstunden
Was sie aber nicht verstehen: „Warum entschieden wurde, dass Friseure wieder öffnen dürfen und es bei den Fahrschulen so schwierig zu sein schien“, sagt Marcus Frese. Ein Friseur sei bei der Arbeit doch deutlich näher an seinem Kunden als ein Fahrlehrer an seinen Fahrschülern, wenn er neben ihnen im Auto sitze - bei Einhaltung aller aktuellen geltenden Hygienevorschriften versteht sich. Selbst Motorradstunden, bei denen Frese im Auto sitzt, seinem Motorradfahrschüler folgt und nur über Funk kommuniziert, durften wochenlang nicht mehr stattfinden.
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Einen wirklichen Grund gab es dafür eigentlich nicht, denn die Fahrschüler hätten ihren eigenen Helm mitbringen können und die notwendige Kommunikationstechnik wird auch ohne Corona ohnehin nach jedem Gebrauch ordentlich desinfiziert - wie übrigens auch das Lenkrad und der Schaltknauf nach jeder Fahrstunde im Auto.
Ihren geplanten Sommerurlaub haben Marcus und Michaela Frese bereits abgesagt - weil sie die Hoffnung nie aufgeben haben. Die Hoffnung darauf, dass es nach dem ganzen Hickhack endlich wieder losgehen kann - und sie dann auch im Sommer voll und ganz für ihre Fahrschüler da sein wollen.
Die ersehnte Mail
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Und das können sie: Am vergangenen Freitag kam endlich die ersehnte Mail des Fahrlehrerverbandes, weitergeleitet vom Ministerium. Erneut machten sich die Freses daran, sämtliche Fahrschüler abzutelefonieren um mit ihnen Termine abzusprechen – genau wie 14 Tage zuvor, als sie anschließend ebenso lange brauchten, um alles wieder abzublasen. Das war diesmal glücklicherweise nicht nötig. Seit Montag wird wieder unterrichtet. In Theorie und Praxis.
- Marcus Frese betreibt gemeinsam mit seiner Frau Michaela Fahrschulen in Bestwig, Nuttlar und Bigge.
- Weil die Bestwiger Fahrschule die mit den größten Räumlichkeiten ist, wird ausschließlich dort bis auf Weiteres der Theorie-Unterricht stattfinden, um die Sicherheitsabstände wahren zu können. Statt bislang 20 Fahrschülern (theoretisch wäre sogar Platz für rund 50) können aber auch dort derzeit maximal sieben unterrichtet werden.
- Elf Fahrschüler, die im März ihre Prüfung hätten absolvieren sollen, werden sich wohl weiter gedulden müssen. Laut TÜV werden - Stand heute - bis zum 1. Juni keine Prüfungen stattfinden.
- Theoretischer Unterricht wäre zwischenzeitlich als E-Learning erlaubt gewesen. Allerdings auch nur für eine befristeten Zeitraum. Das notwendige Equipment dafür hatten sich die Freses auch besorgt, auch wenn der E-Unterricht aus ihrer Sicht pädagogisch bei Weitem nicht so wertvoll sei, wie der Unterricht in den Räumen der Fahrschule.