Bestwig. Das Bestwiger Ordnungsamt muss in Corona-Zeiten viele unpopuläre Entscheidungen treffen. Eine ist besonders schwer gefallen.
Vor dem Hintergrund der Corona-Krise müssen in den Rathäusern derzeit viele unpopuläre Entscheidungen getroffen werden. Wir haben mit Claudia Schmitten gesprochen. Sie ist Leiterin des Bestwiger Bürgeramtes.
Corona wirbelt allerorten den Alltag durcheinander. Wie sieht derzeit der Alltag im Bestwiger Bürgeramt aus, das ja für den Bereich Sicherheit und Ordnung zuständig ist?
Claudia Schmitten Das Thema „Corona“ ist für uns zu einer Daueraufgabe geworden - seit Mitte März beschäftigt es uns ununterbrochen. Eine besondere Herausforderung war es dabei, dass sich die so genannte „Erlasslage“ - also quasi die Vorgaben, die das Land NRW macht - nahezu täglich geändert hat. Das führt bei allen Betroffenen - Bürgerinnen und Bürgern, aber auch Gewerbetreibenden - natürlich zu einer großen Unsicherheit und zu einem riesigen Informationsbedürfnis. Hinzu kommt, dass vieles, was das Land vorgegeben hat, in der konkreten Situation vor Ort gar nicht mal so eindeutig war.
Wie werden denn die offenen Fragen geklärt?
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Es gab regelmäßig Telefonkonferenzen mit dem Hochsauerlandkreis und allen örtlichen Ordnungsämtern im HSK, um ein einheitliches Vorgehen abzustimmen. Dazu mussten wir mit so genannten Ordnungsverfügungen - unter anderem - die Absage von Veranstaltungen, Schließungen von Einrichtungen und einiges mehr veranlassen. Seitdem das Land NRW am 22. März die Corona-Schutz-Verordnung erlassen hat, sind die Regelungen klarer. Trotzdem gilt es auch weiter Fragen zu beantworten sowie die Rechtslage auszulegen - und eben umzusetzen.
Stoßen die Mitarbeiter wegen der Krise an ihre Grenzen?
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Sagen wir so: Es ist eine Herausforderung. Zwei weitere Kollegen und ich sind als Vertreter der Ordnungsbehörde mit dem Thema betraut. Wir stimmen uns sehr gut ab und arbeiten Hand in Hand - das geht übrigens auch mit zwei Meter Abstand. Wir erledigen Aufgaben im Büro und kontrollieren auch im Außendienst. Sogar Bürgermeister Ralf Péus unterstützt uns bei den Kontrollfahrten zum Beispiel am Wochenende. Das ist keine Selbstverständlichkeit - in einer kleinen Behörde ist das aber eine tolle Hilfe. Man muss sich aber klar darüber sein, dass das Thema „Corona“ nicht nur das Ordnungsamt betrifft. Ganz bestimmt wird die Krise auch erhebliche Auswirkungen auf meine Kolleginnen und Kollegen im Sozialbereich haben. In den nächsten Tagen und Wochen müssen wir leider mit steigenden Antragszahlen rechnen - unser Ziel ist es natürlich, das dann zügig zu bearbeiten.
Wie viele und welche Verstöße gegen die Erlasse haben Sie bereits verzeichnet und wie gehen Sie als Behörde damit um? Hat es schon Sanktionen gegeben?
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Um es ganz klar zu sagen: Wer hier nur auf die Sanktionen schaut, liegt falsch. Es geht vor allem anderen um Information - das Bedürfnis nach klaren Aussagen ist sowohl bei Bürgern wie auch Gewerbetreibenden riesig. Natürlich können auch wir immer nur das weitergeben, was gerade rechtlich gültig ist. Wie schon gesagt: Seit dem 22. März haben wir in vielen Angelegenheiten klarere Regelungen. Anfangs mussten wir beispielsweise das eine oder andere Geschäft auf erforderliche Schließungen hinweisen. Auch Unklarheiten bei den Gastronomen mussten beseitigt werden. Wenn Verstöße festgestellt werden, gibt es zunächst eine deutliche Verwarnung. Erst beim zweiten Mal würden wir ein Bußgeld verhängen. Hierzu musste es bis jetzt noch nicht kommen. Die Betroffenen agieren bislang sehr diszipliniert.
Wie reagieren die Menschen, wenn sie auf ihre Verstöße angesprochen werden.
Sie reagieren überwiegend verständnisvoll. Persönlich freut mich das. Schließlich geht es uns nicht um Sanktionen, sondern darum, dass hier Regeln eingehalten werden, die letzten Endes allen Menschen nutzen.
Sind die Mitarbeiter des Bürgeramtes allein dafür zuständig, Verstöße zu ahnden?
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Wir arbeiten hier intensiv mit der Polizei zusammen. Das Thema Infektionsschutz, das im Moment so stark in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, fällt in die Zuständigkeit der örtlichen Ordnungsbehörden. Dazu gehört dann die Kontrolle von Schutzmaßnahmen - und eben auch, Verstöße zu ahnden. Darüber hinaus überwacht ebenfalls die Polizei das Kontaktverbot und schickt uns Anzeigen, die wir dann umsetzen.
Gibt es Entscheidungen, die Ihnen besonders schwergefallen sind?
Natürlich! Die Gemeinde Bestwig ist ein recht kleiner Ort; wir arbeiten nicht anonym, sondern kennen die Menschen, mit denen wir zu tun haben. Zu Anfang - also, als es noch Ermessensspielraum gab - waren es Absagen von Veranstaltungen mit unter 1000 Teilnehmern, die nicht einfach waren. Die Schließung der Mutter-Kind-Einrichtung St. Altfrid in Berlar, die an einem Sonntagmorgen auf Empfehlung von Gesundheitsamt und Krisenstab des Hochsauerlandkreises verfügt werden musste, ist uns ebenfalls nicht leicht gefallen.
Wo liegen im Corona-Alltag aktuell die besonderen Herausforderungen?
Der Corona-Alltag mit all seinen Aspekten ist momentan die Herausforderung. Daneben gibt es in einer kleinen Verwaltung wie bei uns in Bestwig noch eine ganze Reihe anderer Tätigkeitsfelder. Da unsere Kapazitäten sehr begrenzt sind, kann so etwas momentan nur nachrangig bearbeitet werden. Dafür muss ich bei den Bürgerinnen und Bürgern um Verständnis bitten.
Wie schützen Sie und Ihre Kollegen sich selbst vor einer möglichen Ansteckung?
Für alle Kolleginnen und Kollegen gibt es im Rathaus strenge Verhaltensregeln. Ferner gibt es im gemeindlichen Krisenstab mittlerweile nur noch Telefonkonferenzen. Selbstverständlich sind alle Kolleginnen und Kollegen auch im privaten Umfeld gehalten, die bekannten Regeln einzuhalten und sich bestmöglich zu schützen.
Ganz ehrlich: Wie oft haben Sie sich seit Beginn der Corona-Krise schon gefragt, warum sie sich damals keinen anderen Job ausgesucht haben?
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Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Natürlich sind wir als örtliche Ordnungsbehörde quasi „das letzte Glied in der Kette“ und müssen vielfach Entscheidungen treffen, die weder beliebt noch populär sind. Dabei muss man sich aber immer klarmachen, dass diese Entscheidungen dazu dienen, die weitere Ausbreitung des Corona-Virus möglichst zu unterbinden - und damit möglicherweise sogar Leben zu retten. In unserer Arbeit und auch privat haben wir immer wieder Kontakt mit Menschen, die in den Geschäften und Gastronomiebetrieben, kleinen und großen Unternehmen arbeiten oder selbstständig sind und nicht wissen, in welcher Form sie aus der Krise kommen. Zum Schluss wünsche ich uns allen, dass wir weiterhin gesund bleiben und möglichst gestärkt aus dieser Krisensituation hervorgehen.