Meschede. Ein Mescheder Unternehmer, ein Arzt, ein Gastronom und ein Pfarrer blicken in die Zukunft: Was muss nach Ostern passieren?

Wir haben einen Mescheder Unternehmer, einen Gastronom, einen Arzt und einen Pfarrer gefragt, welche Erkenntnisse sie mit aus der Corona-Krise nehmen, was jetzt dringend passieren muss und warum sie trotz allem positiv nach vorn gucken.

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Der Unternehmer: Meinolf Ewers

„Die derzeitige Epidemie belastet natürlich nicht nur unser Gesundheitssystem, sondern auch unsere Wirtschaft. In dieser Situation können wir aber im Vergleich zu anderen Ländern wirklich froh sein, in Deutschland zu leben. Welches Land schafft es beispielsweise, 200.000 gestrandete Urlauber in kurzer Zeit wieder zurück nach Hause zu holen? Oder welches Land hat eine öffentliche Verwaltung, der es gelingt, über das Wochenende ein riesiges wirtschaftliches Unterstützungssystem für Klein- und Kleinstunternehmen zu starten und schon kurz danach Auszahlungen vorzunehmen?

Meinolf Ewers – Karosseriebau Ewers in Meschede   Foto:
Meinolf Ewers – Karosseriebau Ewers in Meschede   Foto: © Jürgen Kortmann

Ich finde es auch sehr angenehm, dass sich die große Koalition in Berlin nicht im Klein-Klein verliert, sondern unser SPD-Finanzminister und unser CDU-Wirtschaftsminister gemeinsam an einem Strang ziehen und in kurzer Zeit Hilfsprogramme umsetzen. Ich bin überzeugt, wir werden die Corona-Krise überwinden. Unser Staat ist in der Vergangenheit sorgsam mit unseren Finanzen umgegangen, so dass nun die finanziellen Reserven zur Verfügung stehen, um uns mit einem Kraftakt aus diesem Loch zu befreien.

Sorgen mache ich mir um die Betriebe, denen nicht nachholbarer Umsatz wegbricht. Bekannte Beispiele sind die Gastronomie, Touristik und persönliche Dienstleister wie Friseure oder Fitnesstrainer. Betriebe bis 50 Mitarbeiter haben bei Bedarf schon eine nicht rückzahlbare Unterstützung bekommen. Wenn der Shutdown für bestimmte Branchen wie z. B. Kultur-, Event- oder Festveranstalter aber länger als zwei Monate dauert, wird die erste Hilfswelle nicht reichen. Es muss zumindest für die Betriebe, die vor der Krise wirtschaftlich gesund da standen, eine zweite Unterstützung geben. Wo wir aber eine Förderlücke haben, das sind die betroffenen Unternehmen mit 50 bis 250 Mitarbeiter – der klassische deutsche Mittelstand. Diese Firmen bekommen nur Liquiditätshilfen, aber keine Zuschüsse. Ich bin normalerweise kein Freund von Subventionen. Nur: Diese Unternehmen haben die Krise ja nicht selbst verschuldet und die haben auch nicht schlecht gewirtschaftet. Auch denen müssen wir helfen.“
Meinolf Ewers (Fahrzeugbau Ewers) ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft Mescheder Wirtschaft IMW

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Der Gastronom und IMW-Vorsitzender: Andre Wiese

„Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Bei dem blauen Himmel jetzt blutet mir als Gastronom schon das Herz, dass ich nicht öffnen darf. Und nach Ostern kommen schließlich schon die nächsten Feiertage am 1. Mai, an Christi Himmelfahrt, Pfingsten und an Fronleichnam. Das sind alles wichtige Bausteine für jeden Gastronom und jeden Einzelhändler.

Andre Wiese am H1 am Hennesee.
Andre Wiese am H1 am Hennesee. © Jürgen Kortmann

Für einen Aufbruch wäre es wichtig, einen ungefähren Zeithorizont zu haben, wie es weitergehen soll: Das wäre dann ein Weckruf! Die Menschen benötigen eine Perspektive. Diese Perspektive brauche ich auch zum Beispiel meinen 17 Mitarbeitern gegenüber. Klar, sind die Einschränkungen kurz auszuhalten, auch ein, zwei, vielleicht drei Monate. Aber dann? Deshalb ist es wichtig, eine Zeitschiene zu entwickeln.

Wenn die Menschen gerade jetzt Einkaufs- oder Geschenkgutscheine kaufen, dann ist das eine gute Zwischenlösung. Jetzt zeigt sich gerade umso mehr, dass die Leute die Finger von Amazon und Co. Lassen sollten: Wichtiger als der Klick im Internet ist es, den lokalen Einzelhandel und die Gastronomie zu stärken.

Das Hilfspaket für kleine Unternehmen war schön und gut. Aber letztlich ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer garantiert mir denn, dass nach einer Aufhebung der Corona-Beschränkungen die Leute nicht doch noch eine Scheu haben, rauszugehen und eine Gaststätte oder ein Geschäft zu besuchen? Was wir nach den Hilfspaketen künftig brauchen, das wird ein Konjunkturpaket sein. Wenn darin zum Beispiel die Absenkung der Mehrwertsteuer enthalten wäre, dann würde das für Gastronomie und Einzelhandel eine schnelle Liquiditätsgewinnung bedeuten. Das würde bei einem Neustart dann sofort helfen.“
Andre Wiese, Gastronom und Vorsitzender der Werbegemeinschaft „Meschede aktiv“

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Der Pfarrer und Dechant: Georg Schröder

„Die Probleme, die wir als katholische Kirche haben, sind in keiner Weise mit den existenziellen Problemen der Wirtschaft zu vergleichen. Das möchte ich betonen. Aber natürlich merken wir, dass vielen Menschen, auch mir als Priester, jetzt die Heimat fehlt, die wir sonst in der Gemeinschaft eines Gottesdienstes finden. Das ist traurig, aber dem müssen wir uns stellen.

Dechant Georg Schröder   
Dechant Georg Schröder    © Privat

Die Kirche steht nicht außerhalb des Rechtsstaates, weswegen ich es auch verurteile, wenn trotz des Versammlungsverbotes öffentliche Gottesdienste abgehalten werden, wie man es im Internet erfahren kann. Vielleicht hilft diese Zeit uns aber auch zu sehen, dass es viele Menschen gibt, die auf der Suche sind und die wir sonst nicht erreichen. Allen versuchen wir übers Internet entgegenzukommen. Das ist für Ältere schwierig. Sie suchen zurzeit eher Angebote in der Presse und im Fernsehen. Auch ich werde mir die Gottesdienste im Fernsehen anschauen, anstatt die Oster-Feierlichkeiten ohne Gemeinde zu begehen. Das möchte ich nicht. Jeder Priester kann das ja für sich entscheiden. Was ich mir aber nicht nehmen lasse, sind die persönlichen Trauerbesuche, wenn sie gewünscht werden - im kleinen Kreis natürlich und mit dem gebotenen Abstand.

Was nach Ostern passieren muss? Ich denke nicht, dass wir schon bald wieder Sonntagsgottesdienste im großen, gewohnten Kreis feiern dürfen. Aber vielleicht in kleinen Gemeinschaften. Und das ist es ja auch, was wir aus der Krise lernen können: Wie wichtig die kleinen Einheiten sind. Das sieht man doch schon an den Nachbarschaftshilfen, die jetzt überall geleistet werden. Das ist auch eine wichtige Erkenntnis für die Zukunft der Kirche: Wir müssen den Glauben in kleinen Gruppen stärken. Und vielleicht können wir uns auch von der ein oder anderen Konferenz verabschieden.“
Dechant Georg Schröder, Leiter des Dekanats Hochsauerland-Mitte

Der Mediziner und Ärztliche Direktor des Klinikums Hochsauerland: Uwe Zorn

„Wenn wir etwas Positives aus dieser Krise ziehen, so ist es, dass alle Beteiligten im Klinikum Hochsauerland und wir hier in Meschede besser zusammenarbeiten. Das wird auch nach der Krise weiter Bestand haben, davon bin ich überzeugt. Wir arbeiten alle hier sehr konzentriert und geordnet.

Trotzdem werden auch wir jeden Tag vor neue Herausforderungen gestellt. Wenn zum Beispiel ein Patient eigentlich wegen einer anderen Diagnose eingeliefert wird und wir dann plötzlich feststellen, dass er Corona-Patient ist, müssen viele Entscheidungen in kurzer Zeit getroffen werden. Entscheidungen, die sich auch von Tag zu Tag ändern können.

Uwe Zorn, Ärztlicher Direktor des Klinikum Hochsauerland Standortes St. Walburga Krankenhaus Meschede und Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeralchirurgie und Koloproktologie
Uwe Zorn, Ärztlicher Direktor des Klinikum Hochsauerland Standortes St. Walburga Krankenhaus Meschede und Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeralchirurgie und Koloproktologie © Klinikum Hochsauerland

Wir haben im Klinikum alles umgestellt, um einen eigenen zentralen Standort für die Corona-Patienten im Marienhospital in Arnsberg zu schaffen. Viele Patienten scheuen aber trotz medizinischer Notwendigkeit den Weg zum Hausarzt oder das Krankenhaus, weil sie Angst haben, sich zu infizieren.

Und außerdem müssen wir alle meiner Meinung nach aus der Krise auch lernen, dass bei den Krankenhäusern nicht auf jeden Cent geguckt werden darf. Welche Auswirkungen es haben kann, wenn man nicht verhindert, dass die eigene Industrie aus dem Markt gedrängt wird und Medikamente, Schutzausrüstung und Beatmungsgeräte einmal um den Globus zu transportiert werden müssen, sehen wir jetzt. Das ist doch für alle schlecht, nicht zuletzt für die Umwelt.

Unsere Schutzausrüstung in Meschede und die Corona-Bettenkapazität im Hochsauerlandkreis ist zurzeit noch ausreichend. Wir haben auch Mundschutz-Spenden von Privatpersonen und Firmen erhalten. Dafür bin ich dankbar. Aber vieles ist nur möglich, weil wir alle unsere Kräfte gebündelt haben. Dafür erwarte ich von der Bundesregierung klare finanzielle Zusagen in kürzester Zeit, das kann helfen Unruhe aus den unruhigen Zeiten zu nehmen.“

Uwe Zorn, Ärztlicher Direktor im Klinikum Hochsauerland, Abteilung St.-Walburga-Krankenhaus , Meschede