Meschede. Alle fahren in die großen Discounter, dabei lassen sich in denkleinen Läden Abstandsregeln leichter einhalten.

Es ist ein kleine Einkaufszentrum jenseits von Ruhr und Bahn. Während es die Käuferströme zu normalen Zeiten in Meschede vor allem in die Fußgängerzone und an den Henne-Ruhr-Markt zieht, sind es jetzt in die Geschäfte rund um die Post, die in der Innenstadt noch die Türen offen halten. Aber auch rund um die Fußgängerzone gibt es Bewegung bei den geöffneten Läden.

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Kleine Läden zu öffnen, das deutet sich zurzeit auch in den Überlegungen der Landesregierung an. Eine Entwicklung, die auch Jo Menke unterstützen würde. „Der Vorteil ist doch, dass hier im Einzelhandel viel weniger Gedränge herrscht als in den großen Discountern“, sagt der Inhaber des gleichnamigen Weinhandels. Er ist einer der Geschäftsleute an der Warsteiner Straße, die öffnen. Von Bäcker Becker auf der einen Seite über die Nord-Apotheke und die Fleischerei Brüggemann bis zum Hörgeräteakustiker Joachim Stappert auf der anderen Seite. Überall kann man sehen, dass die Abstandsregeln eingehalten werden. Vor der Post zieht sich daher die Schlange schon mal bis in die Unterführung.

Tabakladen und Weinhandlung Jo Menke hat geöffnet. Doch viele wissen das nicht. 
Tabakladen und Weinhandlung Jo Menke hat geöffnet. Doch viele wissen das nicht.  © Ute Tolksdorf | Ute Tolksdorf

Weinhandel Menke

Menke darf öffnen, nicht nur wegen seines Weinhandels, sondern vor allem wegen des Verkaufs von Zeitschriften, Tabak, der Lotto-Annahmestelle und der UPS-Paketannahmestelle. Er macht das auch – jeden Tag von 8 bis 18 Uhr. „Auch wenn es manchmal nachmittags schon sehr ruhig ist.“ Ein Kunde kommt, fragt, ob er reinkommen darf, bleibt an der Bodenmarkierung stehen, Menke greift die Schachtel Zigaretten, legt sie hin und geht wieder zwei Schritte zurück. Tabak Gerstgarben in der Ruhrstraße hat geschlossen. Dort verweist ein Zettel auf Menkes Geschäft. Ein kollegialer Hinweis in der Krise. Ursprünglich hatte man dort auf die Filiale im Hit verwiesen. „Aber da ist es sowieso schon so eng, dass ich gebeten habe, die Warsteiner Straße zu nennen“, erklärt Menke. Seine Haupteinnahme zu normalen Zeiten ist der Verkauf von Wein- und Feinkost. „Das ist komplett eingebrochen“, sagt er. „Es wird nicht gefeiert, die Menschen sind nicht eingeladen. Sie gehen nicht raus und brauchen auch keine Geschenke.“

Bäcker Becker

Bäckereien sind systemrelevant, Cafés nicht. Bäcker Becker hat deshalb beide Cafés, an der Warsteiner Straße und an der Le-Puy-Straße, geschlossen. Auch das Snack-Geschäft ist fast komplett eingebrochen. „Es sind ja kaum noch Menschen in der Stadt“, sagt Angelika Becker, deren Geschäft zuletzt noch unter dem Brand in der Le-Puy-Straße gelitten hatte. Vor allem fehlen die Schüler und die Angestellten, die sich schnell „was auf die Hand“ oder einen Salat für die Mittagspause holen. Stammkunden halten das Geschäft am Leben. Einen Spuckschutz und eine Zahlstelle hat sie einbauen lassen. Ihre Mitarbeiter überbrücken die fehlende Arbeit erstmal mit Urlaub, bevor auch sie in Kurzarbeit gehen. Angelika Becker denkt auch an die kleinen Geschenk- und Modeläden in der Innenstadt. „Hoffentlich dauert das nicht zu lange. Die Großen stecken sowas doch ganz anders weg.“

Katharina und Angelika Becker Bäcker: Mittlerweile ist im Laden auch ein Spuckschutz angebracht.
Katharina und Angelika Becker Bäcker: Mittlerweile ist im Laden auch ein Spuckschutz angebracht. © Ute Tolksdorf

Hörgeräte-Akustiker

Joachim Stappert ist Hörgeräteakustiker. Er öffnet jeden Tag von 8.30 bis 18 Uhr mit einer Mittagspause von 13 bis 14 Uhr. Man könne ja kaum einem Akut-Patienten erklären: „Tut mir leid, sie können jetzt leider nichts mehr hören, aber ich darf Ihnen nicht helfen“, erklärt er. Stappert trägt Mundschutz desinfiziert sowieso regelmäßig seine Geräte. Trotzdem sagten viele ihre Termine ab. „Gerade Ältere trauen sich nicht aus dem Haus.“ Dabei ziehe er die Beratungen schon so weit auseinander, dass sich die Kunden nicht begegnen. Aber Abstandsregeln lassen sich beim Anpassen von Hörgeräten eben nur schwer einhalten. „Mittwochnachmittags habe ich zu, dann sind wir in den Altenheimen.“ Dort werden ihm dann in einen separaten Raum die Hörgeräte gebracht, die gereinigt, gepflegt und repariert werden müssen. „Reinigung und Batteriewechsel mache ich als Service kostenfrei“, sagt er. Das mache er immer. Aber in diesen Zeiten sei das besonders wichtig. „Sonst werden solche Dinge auch schon mal von den Familien erledigt. Aber jetzt darf ja sonst niemand mehr in die Seniorenheime.“

Hörgeräteakustiker Joachim Stappert hat geöffnet.
Hörgeräteakustiker Joachim Stappert hat geöffnet. © Ute Tolksdorf

Stappert fürchtet, dass er im Anschluss an die Corona-Krise viele neue Patienten haben wird. Viele Menschen seien zurzeit psychisch und physisch unter Druck: Die, die Kurzarbeit machen müssen und nicht wissen, ob das Geld reicht, das Pflegepersonal, das bis an die Grenze der Belastbarkeit arbeitet oder auch die Menschen, die im Home-Office Kinder und Job unter einen Hut bringen müssen. Das sei ein Hörsturz nicht selten programmiert.

HINTERGRUND

Auch in der Innenstadt haben die Optiker Fielmann, Kordel, Sauer und Schulte, der auch Hörgeräte-Akustiker ist, zum Teil mit reduzierten Zeiten, geöffnet.

Bei den Bäckereien und Fleischereien gibt es keine einheitliche Linie. Bäckerei Sommer ist geschlossen, die Bäcker Polle, Schrage und Franzes haben geöffnet. Metzger Klaus Lehnhäuser hat geöffnet, wie auch Kutsche. Die Fleischerei Brüggemann hatte zwei Wochen geschlossen.

Wieder geöffnet sind die Eisdielen Cortina und Venezia. Sie bieten keinen Café-Betrieb nur einen direkten Verkauf an.

Handyshops dürfen nach einer kurzen Phase der Schließung auch wieder öffnen. Allerdings ist es ihnen nicht erlaubt, Handys oder Zubehör zu verkaufen, wohl aber in Vertragsangelegenheiten zu beraten.

Auch wieder geöffnet hat Blumen Risse, nachdem das Geschäft zu Beginn der Schließung Blumen verschenken musste, kann man sie jetzt dort wieder kaufen.

Alle weiteren Geschäfte, die Online-Handel und telefonische Beratung und Verkauf anbieten findet sich auch unter dem Stichwort Heimatshopper #supportyourlocals auf der Seite des Stadtmarketings und in unserem Text zum Thema, der ständig ergänzt wird.