Meschede. Joachim Stappert ist Hörgeräteakustiker. Das war nicht immer so. Hier im Seegespräch erzählt der Mescheder seine Geschichte.
Sommerzeit - die Menschen zieht es an den See. Uns auch. Wir treffen uns dort mit Interviewpartnern in entspannter Atmosphäre und sprechen mit ihnen über ihr Leben, die Stadt und die Zukunft. Dieses Mal haben wir uns mit Joachim Stappert getroffen - einem Ur-Mescheder.
Vor sieben Wochen haben Sie den Vogel bei St. Georg erlegt: Hat sich seitdem etwas verändert?
Stappert: Also, ich bringe noch immer den Müll selbst herunter (lacht). Aber im Ernst: Ich freue mich, dass ich weiterhin Gratulationen bekomme. Es ist zu spüren, dass der Titel des Königs einen hohen Stellenwert hat, vor allem bei der älteren Generation. Und ich hatte seitdem viele schöne Termine, zum Beispiel auf den Schützenfesten in Meschede-Nord und Freienohl.
Eine Veränderung hat es in Ihrem Leben beim Beruf gegeben: Sie waren früher Dachdeckermeister?
...bis zu einer schweren Operation. Die Bandscheiben! Der Arzt sagte zur mir: „Stehen Sie mal auf“ - und das funktionierte. „Das ist die gute Nachricht“, sagte er. „Die schlechte: Sie werden nicht mehr als Dachdecker arbeiten können.“ Zehn Jahre hatte ich da mit meinem inzwischen verstorbenen Bruder Heribert den elterlichen Betrieb geführt. Für mich brach eine Welt zusammen.
Wie sind Sie darauf gekommen, als Hörgeräteakustiker zu arbeiten?
Ich bin technisch begabt und handwerklich geschickt. Irgendwann sagte mein Freund Franz Herrmann, der Augenoptikermeister aus Meschede, zu mir: „Wäre Hörgeräteakustikmeister nichts für dich?“ Bis dahin war mir dieser Beruf unbekannt. Als Jugendlicher wollte ich Goldschmied werden, doch es gab keine Lehrstelle. Daraufhin habe ich das Fachabitur abgeschlossen und war als Dachdecker tätig. Nach der Operation war ich in einer Berufsorientierungsmaßnahme: Ich haben nebenbei den Güterverkehrskaufmann bestanden und bin dann letztlich zur Umschulung erstmalig aus Meschede weggegangen: nach Hamm bis zur Gesellenprüfung und nach Lübeck auf die Meisterschule. Dort habe ich auch meine Diplom-Arbeit geschrieben. Sie ist Voraussetzung dafür, sollte ich auch in Frankreich oder der Schweiz selbstständig als Hörgeräteakustikmeister arbeiten wollen, dort wird ein Studium vorausgesetzt.
Braucht fast jeder Mensch irgendwann im Alter ein Hörgerät? Und lässt sich das verhindern?
Ruhe hilft. Lärm schädigt das Gehör. Daher ist es wichtig, es zu schützen, zum Beispiel auf dem Bau. Früher galten Männer als „das Mädchen“, wenn sie einen Gehörschutz trugen. Sowas rächt sich heute. Inzwischen ist die Dauer-Beschallung durch Musik aus dem Smartphone ein großes Problem. Ich selbst genieße bewusst Ruhe - dann bin ich mit der Familie mit dem Fahrrad unterwegs und höre konzentriert - zum Beispiel Vogelstimmen.
Die Kunden, die ein Hörgerät bekommen, werden jünger?
Ja, das ist so. Schon mit 30 und 40 Jahren kümmern sich Leute inzwischen um ihr Gehör, es ist ja kein Stigma! Die Geräte sind sehr klein geworden - obwohl eine komplette kleine Stereoanlage im Ohr verbaut ist. Männer sind übrigens die eitleren, was natürlich auch an ihren meist kurzen Haaren liegt. Wichtig ist, dass das Hörgerät täglich getragen wird. Für viele ist es ungewohnt, auf einmal Geräusche und Töne wahrzunehmen, die sie über Jahre oder Jahrzehnte nicht mehr gehört haben.
Wie ist es mit dem Standort Meschede: Wie sehen Sie die Entwicklung als Einzelhändler?
Sie macht mir ein bisschen Sorgen! Wenn ich 65 oder 70 Jahre alt bin, möchte ich weiterhin alles hier vor Ort einkaufen können. Und ich möchte nicht bei Monopolisten im Internet bestellen müssen. Was ich mir wünschen würde, wäre ein größerer Mix und dass wir wieder mehr Geschäfte hätten, die nicht von Ketten, sondern von privaten Inhabern betrieben würden. Auch die Mescheder könnten dazu beitragen - allerdings wird bei uns ja oft zuerst über alles gemeckert, statt etwas zu unterstützen oder selbst aktiv zu werden.
Sie sind jetzt König – gibt es noch weitere Träume?
Zunächst einmal bin ich stolz drauf, eine mehr als 500-jährige Tradition bei der Schützenbruderschaft St. Georg fortzuführen. Denn: Wer sich seine eigene Kultur nicht erhält, der wird sie verlieren. Ein Wunsch wäre es, mehr Zeit für Reisen zu haben: Mit dem Wohnmobil an der Küste entlang von Dänemark bis nach Portugal - das wäre ein Traum.
Haben Sie einen Lieblingsplatz in Meschede?
Unseren Freisitz daheim! Dort kann man wunderschöne Sonnenaufgänge erleben und abends bei einem Glas Wein den Tag beenden. Aber im Sauerland ist es doch eigentlich überall schön: Wir haben so tolle Natur!
Zur Person
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Joachim Stappert ist gebürtiger Mescheder. Er ist 52 Jahre alt, verheiratet und hat einen Sohn.
Nach der Emhildis-Grundschule besuchte er die Städtische Hauptschule und die Städtische Realschule, dann die Fachhochschule in Olsberg, ehe er auf die Dachdeckerschule in Eslohe ging und im elterlichen Betrieb begann.
Seit zehn Jahren ist er in Meschede selbstständig als Hörgeräteakustikmeister. Sein Geschäft befindet sich an der Warsteiner Straße.
Eingetreten in die Bruderschaft St. Georg ist Stappert im Alter von 16 Jahren - damals brauchte er laut Satzung noch einen Bürgen.