Meschede. Der ehemalige Mescheder Ortsheimatpfleger Reinhard Köhne ruft die Ereignisse zum Kriegsende am 8. April 1945 in Erinnerung.

Vor 75 Jahren am 8. April endete der Zweite Weltkrieg für die Mescheder. Der ehemalige Ortsheimatpfleger Reinhard Köhne ruft mit seiner Sammlung von Zeugenaussagen die Ereignisse zum Kriegsende in Erinnerung und präzisiert sie. Er betont: „Diese Aussagen widerlegen die verbreitete Meinung, wonach Meschede nahezu widerstandslos den vorrückenden amerikanischen Truppen übergeben wurde.“ Nur „moderate resistance“, so heißt es in den amerikanischen Quellen, habe es gegeben. Für die Mescheder sah das anders aus.

Zu den Kriegshandlungen zitiert Köhne Alfred Wiesemann. Der Mescheder erlebte den Einmarsch am östlichen Ortseingang, da dort sein Elternhaus an der Reichsstraße in Richtung Wehrstapel lag. Der Einmarsch der amerikanischen Truppen in Wehrstapel aus Richtung Velmede begann am 8. April 1945 morgens gegen 8 Uhr. Gegen 11 Uhr rückten die Amerikaner ohne Widerstand ein und besetzten sofort den Hof Dröge und begannen die Reichsstraße westlich von Heinrichsthal zu beschießen, wo auf dem „Sack“ (Walzenstich) eine Panzersperre errichtet worden war. Volkssturm aus Arnsberg hatte sich oberhalb im Wald eingegraben. Bei den Kämpfen kamen fünf amerikanische Soldaten zu Tode.

Im Schieferstollen in Sicherheit gebracht

Die Zerstörung 1945 am Marktplatz, heutiger Kaiser-Otto-Platz.
Die Zerstörung 1945 am Marktplatz, heutiger Kaiser-Otto-Platz. © Archiv Bernd Schulte

n den Arbeiterhäusern in Heinrichsthal starben unter den Beschuss zwei junge Frauen, die vermutlich zu dem Maidenlager gehörten, in dem Arbeiterinnen untergebracht waren, die in der Firma von Hagen (auf der Walze) mit der Herstellung von Handgranaten beschäftigt waren. Die Bevölkerung von Heinrichsthal hatte sich in den örtlichen Schieferstollen in Sicherheit gebracht. Bei der Durchsuchung von Wehrstapel wurde ein geistig behinderter junger Mann auf dem Gelände der Firma Busch erschossen, weil er der Aufforderung zum Stehenbleiben nicht nachkam. Von Wehrstapel feuerten die Amerikaner fünf Schuss auf Eversberg. Dabei kam laut Bericht von Theo Dolle „Elisabeth Degenhardt in der Küche durch einen Granatsplitter zu Tode“.

Nach Wiesemanns Erinnerungen leistet an der Reichsstraße eine deutsche Einheit Widerstand. Diese hatte sich in einem Wäldchen östlich der Zwangsarbeiterbaracken am sogenannten „Walzenstich“ und an der Hecke des evangelischen Friedhofs verschanzt. Die Verteidigungslinie erstreckte sich von der Briloner Straße über den Friedhof bis zum Brennrodt. Wiesemann erinnert sich: „Von der Einmündung der Schützenstraße wurde einen Tag und eine Nacht in Richtung Bestwig mit Granatwerfern geschossen.“ Amerikanern hätten dabei das etwa 300 Meter östlich des Evangelischen Friedhofs liegende Lager für russische Frauen in Brand geschossen.

Haus Wiesemann wurde beschlagnahmt

Walburga Wiesemann bestätigte Köhne, dass etwa sechs deutsche Soldaten am östlichen Ortseingang gefallen seien. Sie seien erst auf dem Südfriedhof begraben und später zum Ehrenfriedhof Eversberg umgebettet worden. Das Haus Wiesemann wurde beschlagnahmt und diente zwei Tage als amerikanisches Offizierslazarett. Mannschaften wurden in Zeltlagern auf dem jetzigen Gelände Knipschild und dem alten Evangelischem Friedhof versorgt.

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Dieter Wiethoff erlebte den Einmarsch der Amerikaner im Stollen der Honselwerke, am Parkplatz südlich der Schützenhalle. Er berichtete Köhne, der u-förmige Stollen sei in einem Teil den Angestellten der Firma Honsel vorbehalten und mit eisernen Bettgestellen und Matratzen eingerichtet worden. Am Morgen des 8. April hätten die deutschen Truppen den östlichen Ortseingang von Meschede in Erwartung eines Angriffs eingenebelt. Während der Kampfhandlungen seid dann vor dem Stolleneingang ein deutscher Zivilist von den Amerikanern erschossen worden, weil er der Aufforderung zum Stehenbleiben nicht sofort nachgekommen sei. Zuvor hätten die Amerikaner die Vorräte der Beerenkelterei Hoff geplündert.

Heftiger Widerstand

Die Buchdruckerei Wullenweber, an der Steinstraße, lag in Trümmern.
Die Buchdruckerei Wullenweber, an der Steinstraße, lag in Trümmern. © Archiv Bernd Schulte

Wiesemanns zogen zu Verwandten nach Berghausen, nachdem ihr Haus von den Amerikanern beschlagnahmt worden war. Auch dort kamen weitere Soldaten - Alfred Wiesemann schätzt etwa vier - zu Tode, die in einer doppelten Verteidigungslinie vom Stadtpark - Langelohweg - Klausenberg und Hainberg - Birkenallee - Windhäuser - Berghausen gekämpft hatten. Auch von der Kreisleitung der NSDAP aus in der Steinstraße sei heftiger Widerstand geleistet worden. „Am Langelohweg lag am 9. April ein toter Soldat in seinem Schützenloch. Dessen Einheit noch Widerstand geleistet und sich dann nach Westen zurückgezogen hatte“, erinnert sich beispielsweise Hans Hennecke im Gespräch mit Köhne.

Bei den Kämpfen am Ortseingang von Berghausen wurde zudem Karl Völker aus Meschede schwer verwundet und verlor ein Auge. Auf dem Buchholz bei Schloss Laer hatte sich ein Artillerie-Beobachter auf dem Turm verschanzt - so beschreibt es Förster Udo Lücke - und sei vom Langenberg und von Norden, von der B 7, unter Feuer genommen worden.

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Junge Soldaten

Auch Pastor Franz-Josef Grumpe erinnert sich an Kämpfe, so habe man junge Soldaten aus dem Krankenhaus in Meschede, die gerade „gesundgeschrieben“ waren, wenige Tage später nach Kämpfen bei Warstein beerdigen müssen.