Schmallenberg. Granateinschläge, Phosphorgeschosse, Brände: Am 7. April 1945 erobern Amerikaner Schmallenberg. Ein Rückblick auf das Kriegsende vor 75 Jahren.

Zu den schrecklichsten Erlebnissen zählt für Schmallenberg die Eroberung der Stadt durch die Amerikaner am 7. April 1945. Der verheerende 2. Weltkrieg (1939 – 1945) begann für Schmallenberg am 30. März durch den grollenden Kanonendonner der amerikanischen Flugzeuge, die im Tiefflug über Schmallenberg auftauchten. Man flehte den kommandierenden General der deutschen Abwehrtruppen an, die Stadt zur offenen Lazarettstadt zu erklären. Er wagte das nicht. Es wäre die Rettung gewesen. Ein Rückblick.

Anfang 1945

Das Jahr 1945 zeigte mit jedem Tage mehr, dass es mit der deutschen Kraft zu Ende ging. Die feindlichen Flugzeuge beherrschten von Ende Januar an die Luft vollständig. Schmallenberg rechnete von nun an mit einem direkten Angriff. Die bis jetzt gewahrte Ruhe war einer ängstlichen Sorge gewichen.

März 1945

Es waren fast immer 300 Offiziere in der Stadt. An diesem Tag wollte der 8-Uhr-Zug von Altenhundem nicht kommen, und es wurde von den am Bahnhof weilenden Reisenden allerlei vermutet. Da zerrissen auf einmal gewaltige Bombeneinschläge die Luft. Vier Flugzeuge hatten den fahrenden Zug zwischen Saalhausen und Lenne angegriffen.

1. April (Ostersonntag)

Ein Panzer der Amerikaner kommt die Straße Unterm Werth rauf und biegt in die Fleckenberger Straße ab. Im Hintergrund das Amtshaus  
Ein Panzer der Amerikaner kommt die Straße Unterm Werth rauf und biegt in die Fleckenberger Straße ab. Im Hintergrund das Amtshaus   © Archiv Voß

Ein Angriff wirkte sich besonders über dem Wormbacher Berg und dem Beerenberg aus. Man vermutete, dass im Steinbruch am Werper Weg auf dort parkende deutsche Panzer gezielt wurde.

Der Nachmittag verlief ruhig, aber von bösesten Gerüchten unheimlich beunruhigt.

Man sprach von Kämpfen um Oberkirchen. Westfeld sei bereits genommen und die Amerikaner ständen in ein oder zwei Tagen in Schmallenberg.

In diesem Tag fielen unterm Hochamt zwischen 10 und 11 Uhr die ersten Bomben in „Ernstes Loch“ am „Wormbacher Berg“.

2. April (Ostermontag)

Ostermontag war es ruhig. Es hatte aber den Anschein, als wenn sich bei Oberkirchen schwere Kämpfe abspielten. Die eingerückte deutsche Truppe setzte sich in Bewegung und nahm am erfolglosen Ausbruchsversuch (Schlacht bei0 Winterberg) aus dem Ruhrkessel teil.

3. April 1945

In der Nacht zum 3. April gab es erste Artillerieeinschläge am Aberg. Menschen flüchteten sich in die Schiefergrube, den Felsenkeller unterm Huckelberg oder ihre Hauskeller. Hinter dem Wilzenberg spielten sich schwere Kämpfe ab. Der feindliche Beschuss wurde stärker.

Der untere Teil der Stadt hatte am meisten zu leiden. Es ließen sich mehrere Granateinschläge (Grafschafter Brücke, am Hange des Abergs) beobachten. Das Feldlazarett Sokolow aus Polen wurde mit 7 Ärzten, 30 Schwestern und etwa 40 Sanitätern nach Schmallenberg verlegt. In der Volksschule, dem Kinosaal Habbel und dem Hotel Schulte wurde ein Feldlazarett eingerichtet.

4. April

ZBlick vom Aberg auf die Bahnhofstraße, Wormbacher Berg nach einem Luftangriff der Amerikaner am 7.4.  
ZBlick vom Aberg auf die Bahnhofstraße, Wormbacher Berg nach einem Luftangriff der Amerikaner am 7.4.   © Archiv Voß

Der Mittwoch war ruhig. Doch lief abends ein unendlich langer Militärzug mit Abwehrwaffen ein, der in der Nacht entladen wurde. Mit ihm kam eine Kampfgruppe von vier Kompanien.

5. April

Die Aufstellung von Panzerwagen und Artilleriestellungen hatte den feindlichen Beschuss auf die Stadt gelenkt. Granaten pfiffen durch die Luft. Der Kinosaal Habbel erhielt einen Artillerievolltreffer. Eine Panzerjäger-Abteilung bezog mit Sturmgeschützen zwischen Häusern Stellung. Der Beschuss wurde stärker.

Erste Häuser in der Unter- und Mittelstadt erhielten Treffer. Auch die Kirche lag unter starkem Beschuss und verzeichnete 12 Treffer (auf dem Kirchturm war eine deutsche Beobachtungsstation, im Heizungskeller ein Befehlsstand eingerichtet). Beim zweiten Artillerie-Einschlag wurde als erstes ziviles Opfer Anton Witte (geb. 1874) durch einen Granatsplitter am Kopf und der Brust getötet.

6. April 1945

Am Morgen war Grafschaft von den Amerikanern besetzt, nachmittags auch der Wilzenberg, ferner Winkhausen, Niedersorpe und Holthausen. Langsam rollten jetzt ringsum Panzer gegen Schmallenberg heran. Gegen 9 Uhr begann starker Beschuss.

Durch den feindlichen Feuerregen stürzten viele Häuser ein. Am Nachmittag wird Ost- und Westrand der Stadt unter heftigen Beschuss gesetzt. Die Soldaten feuerten durch Kellerfenster aus den Häusern zurück. Die Luftschutzkeller konnten die schutzsuchenden Verwundeten nicht mehr aufnehmen. Es kam zu erschütternden Szenen, wenn Soldaten und Schwerverwundete sich vor den Granateneinschlägen nicht retten konnten. Die feindlichen Truppen stießen auf Schmallenberg vor.

7. April 1945

Die Nacht auf Samstag wurde zur schwersten Belastung für Bürger und deutsche Soldaten. Phosphorgeschosse hagelten auf die Stadt nieder. Kaum eine Minute verging, wo keine Einschläge zu vermelden waren. Die amerikanerische Infanterie drang von Grafschaft her Schritt für Schritt auf Schmallenberg vor.

Einnahme Schmallenbergs durch die amerikanischen Truppen. Die Amerikaner stürmen die Weststraße hinauf zur Kirche. (Häuser Willmes-Merte und Schüssler rechts im Bild)
Einnahme Schmallenbergs durch die amerikanischen Truppen. Die Amerikaner stürmen die Weststraße hinauf zur Kirche. (Häuser Willmes-Merte und Schüssler rechts im Bild) © Archiv Voß

Gegen 11 Uhr besetzten die Amerikaner in der Unterstadt die ersten Häuser, der südlichste Teil der Stadt war somit eingenommen. Die feindlichen Geschosse trafen besonders die Gegend um die Kirche. Gegen 1 Uhr wurde von den Amerikanern Luftunterstützung beantragt und gewährt.

Kurze Zeit später tauchten vier Jagdbomber (Jabos) des Geschwaders 404 auf und flogen drei Einsätze. Im Tiefflug beharkten sie mit Bordwaffen, Spreng- und Brandbomben die Innenstadt aus der Luft.

Die Detonationen der Bomben ließen die Häuser der Umgebung bis in die Grundmauern erbeben. Den Amerikanern gelingt es unter dem Schutz dieser Flugzeuge über das Amtshaus vorzustoßen und die Straßen weiter hinauf zu besetzen. Gegen 14. Uhr eroberten die amerikanischen Soldaten dann die Stadt.

Zahlen und Daten:

Reste des ehem. Hauses Stern – heute Stadtsparkasse, Weststraße 30.
Reste des ehem. Hauses Stern – heute Stadtsparkasse, Weststraße 30. © Archiv Voß

33 Wohnhäuser, Jugendherberge, Volksschule, Steckers Fabrik und eine Hühnerfarm (37 Gebäude) wurden zerstört/sind abgebrannt.

151 weitere Gebäude, davon 69 schwer, wurden beschädigt.

66 deutsche Soldaten und 11 Zivilisten kamen bei den Kämpfen um Schmallenberg ums Leben.

350 deutsche Soldaten wurden bei den Kämpfen um Schmallenberg gefangen genommen.

384 Soldaten sind insgesamt bei den Kämpfen auf und um den Wilzenberg gefallen.

Das Aufräumen beginnt

Am 8. April (Weißer Sonntag) ging man in der Stadt erst mal ans Säubern und Aufräumen. Die Stadt bot einen traurigen Anblick. Kein Haus war verschont geblieben, kein Fenster war heile. Die Dächer und beschieferten Wände hatten überall gelitten. Schwer getroffen und beschädigt wurden 151 Gebäude davon 69 schwer. 37 Häuser wurden zerstört. Viele Bewohner hatten Amerikaner im Haus zum Waschen, Rasieren und zum Schlafen. Man hatte aber das Gefühl, als wenn alles wieder aufatmete.

Denn der Krieg war ja für Schmallenberg zu Ende. Die ersten Tage durften die Bewohner nur eine Stunde die Straßen passieren. Die Amerikaner übernahmen die Verpflegung. Aber eine beängstigende Lebensmittelknappheit machte sich bemerkbar. Dass viele Häuser ganz leer gestanden hatten, erwies sich als verhängnisvoll, da die ausbrechenden Brände nicht gelöscht werden konnten. Viel Vieh kam um.

Die politischen Führer des Nazisystems wurden gefangen genommen und abtransportiert. Die meisten wurden später wieder frei gelassen.