Meschede. In Meschede können sich die Mitarbeiter von Fahrzeugbau Ewers sicher sein, dass sie durch Corona nicht in Kurzarbeit geraten werden.
Wie gehen Unternehmen durch die Corona-Krise? Wird Arbeit gerade anders organisiert? Wie gehen die Firmen mit den Sorgen ihrer Belegschaft um? Ist Kurzarbeit angesagt? Meinolf Ewers von Fahrzeugbau Ewers gibt Auskunft für seinen Betrieb. Er ist auch Vorsitzender der Interessengemeinschaft Mescheder Wirtschaft IMW.
Das unkalkulierbare Problem mit der Lieferkette
Wie ist die Situation für Ihr Unternehmen?
Wir sind ausgelastet mit Aufträgen, die arbeiten wir ab. Uns bricht nichts weg, das ist positiv für uns. Wir haben zum Beispiel auch einen langfristigen Auftrag für Fahrzeuge im Katastrophenschutz, mit dem wir 2021 beginnen. Wir hätten für 2020 gar keine Kapazitäten, mehr Fahrzeuge zu produzieren.
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Also kann Sie die Krise gar nicht treffen?
Es gibt zwei Probleme für viele Unternehmen. Zum einen: Der Absatz bricht weg, zum Beispiel gerade in der Gastronomie oder bei Messebauern. Das ist das Schlimmste, was passieren kann. Bei uns ist das nicht der Fall. Das zweite ist das Problem mit der Lieferkette. MAN, Mercedes und Iveco haben ihre Werke geschlossen. Mindestens vier Wochen gibt es keinen Nachschub an Fahrgestellen. Wir sind davon noch nicht betroffen, weil wir noch genügend Fahrgestelle bekommen haben, bevor die Werke geschlossen wurden. Davon werden wir lange genug leben können, bis die Werke wieder öffnen.
Problematischer wäre es, wenn uns zum Beispiel ein Hersteller kleiner Teile wegbricht – irgendein Scharnier oder ein Schloss, wofür es keinen Ersatz gibt. Dann können wir nicht ausliefern. Davor habe ich Angst: Dass etwas mit der Lieferkette passiert. Das kann ein unbedeutendes Teil sein, das in China, Italien oder Frankreich gefertigt wird. Gerade im Fahrzeugbau gibt es viele Lieferanten aus Italien. Wir haben ja keinen Jahresbedarf für diese Teile hier liegen. Vielleicht ist es irgendein Teil, an das wir gerade nicht denken…
Kein Zugang mehr für Fremde
Wie organisieren Sie im Moment Arbeit?
Zunächst haben wir uns geschützt, soweit es möglich ist. Überall sind jetzt Spender mit Desinfektionsmitteln aufgestellt. Es darf kein Fremder mehr in unsere Werke hinein. Deshalb machen wir im Moment auch für Kunden keinen Firmenrundgang. Es läuft aber auch kein Lieferant mehr herum. Früher lief hier jeder kreuz und quer durch. Das ist vorbei. Jetzt haben wir in jedem Werk nur eine offene Tür als Zugang: Da ist wieder Desinfektionsmittel, da ist ein Tisch für den nötigen Abstand – dort muss man sich melden. Da bekommen die Lkw-Fahrer dann Bescheid, dass sie in ihrem Fahrzeug warten sollen, bis unser Gabelstaplerfahrer kommt.
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Sie haben die besondere Situation, dass Ihre Werke im Gewerbegebiet Im Schwarzen Bruch voneinander entfernt sind. Ergeben sich daraus andere Anforderungen?
Ja, das ist so. Unser Werk 3 liegt 500 Meter entfernt: Das haben wir abgeschottet von Werk 1 und 2. Wer da oben arbeitet, der darf nicht hier unten arbeiten. Der Verkehr dazwischen ist auf ein Minimum beschränkt. Wenn früher ein Lkw vom Werk 3 zum Werk 2 zur Lackiererei gebracht wurde, dann wäre der Lkw noch in die Lackiererei gefahren und der Schlüssel persönlich übergeben worden. Jetzt wird der Lkw vor der Werkshalle abgestellt. Dann kommt jemand heraus und fährt den Lkw in die Halle herein.
Die Mitarbeiter, die früher in beiden Werken arbeiteten, arbeiten jetzt nur noch in einem. In der Fertigung haben die Mitarbeiter sowieso durch die Größe eines Lkw genügend Abstand: Das ist also kein Problem. Wir wiederholen immer wieder die Mahnung: Haltet Abstand! Für die Pause.m Werk 1 und 2 nutzen wir jetzt zusätzlich einen großen Versammlungsraum mit, damit auch dort Abstand ist. Im Werk 3 fehlt uns so ein zusätzlicher Raum: Deshalb wird dort in zwei Schichten gegessen.
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Keine Einbußen durch Kurzarbeit
Haben Ihre Maßnahmen Erfolg?
Ja, bisher ist niemand infiziert. Mehrere hatten eine normale leichte Grippe. Jeden Morgen haben wir ein Treffen, wo wir besprechen, wer ist krank oder - bis Mitte März - wer ist aus dem Skiurlaub zurückgekommen? Ich könnte auch später noch im Protokoll nachsehen, wer sich wann mit welchen Symptomen krank gemeldet hat: Würde sich das dann noch als Corona erweisen, könnten wir notfalls seine Gruppe in Quarantäne schicken – und nicht ein ganzes Werk.
Ist Kurzarbeit für Sie ein Thema?
Nein, wir würden das gegebenenfalls anders lösen. Wir haben mit dem Betriebsrat eine bis zum Jahresende gültige Vereinbarung geschlossen, dass Überstunden oberhalb unserer normalen Grenzen nicht ausbezahlt werden, sondern zusätzlich auf unseren flexiblen Arbeitszeitkonten gespeichert werden. Wenn wir nun wegen der Epidemie einen Produktionsstopp haben, werden die Flexistunden abgebaut bzw. negative Flexistunden aufgebaut, die später nachgeholt werden. So haben unsere Mitarbeiter im Falle eines Produktionsstopps nicht die finanziellen Einbußen, die sie bei Kurzarbeit hätten.
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Das ist beruhigend für die Mitarbeiter, oder?
Ja, natürlich, wir konnten unseren Mitarbeitern auch sagen: Macht euch keine Sorgen, wir haben genug Aufträge und auch genügend Liquidität bei den Banken.
Wie lange können Sie das durchhalten?
Sehr lange – eben weil unsere Auftragsbücher voll sind und wir keine Stornierungen haben.
>>>HINTERGRUND<<<
Fahrzeugbau Ewers hat sich auf fünf große Produktgruppen spezialisiert: Getränke-Transportaufbauten, fahrbare Getränkeverkaufspavillons, Fahrzeuge und Container für den Katastrophenschutz und die Feuerwehr sowie Spezialaufbauten für die Bundeswehr.
Fertigungsschwerpunkte sind die Spezialfahrzeuge für die Getränkeindustrie und den Katastrophenschutz.
Das Unternehmen hat 100 Beschäftigte.
Geleitet wird es von den Ingenieuren Meinolf Ewers und Christoph Ewers in der dritten bzw. vierten Generation.