Freienohl. Ungestört im Hotel Luckai: Der Betrieb in Freienohl vermietet seine Hotelzimmer stundenweise als Büro. So schneidet das Angebot im Test ab.

Sie merken es vielleicht nicht, aber dieser Artikel wurde in einem Stundenhotel geschrieben. Ich teste nämlich das Corona-Angebot des Hotel Luckai in Freienohl. Die Gastronomen bieten folgendes an: Wer mag, kann sich in eines der 15 Zimmer einmieten, um dort in Ruhe arbeiten zu können. 200-Mbit-Internet und Kaffee inklusive.

Arbeiten im Hotel Luckai in Freienohl: Redakteurin Ilka Trudewind.
Arbeiten im Hotel Luckai in Freienohl: Redakteurin Ilka Trudewind. © Ilka Trudewind

Klingt gut. Allerdings bin ich die erste Mieterin im Hotel-Office. „Geduld ist in diesen Tagen sehr wichtig. Vielleicht müssen die Leute nur genervt genug sein“, sagt Ute Luckai mit einem Augenzwinkern. Gut möglich, denke ich, und habe sofort das Bild des Kollegen Daniel Berg im Kopf, der seinen Laptop daheim auf Cornflakes-Kartons aufgebaut hat…

Im Vergleich dazu bin ich zu Hause in einer komfortablen Situation: Eigenes Büro, externer Bildschirm, Tastatur, Maus und höhenverstellbarer Schreibtisch… Und die beiden Mitbewohner sind auch ok. Vor allem die Kleine (2,5) sorgt sich vorbildlich um die Mutter im Home-Office. Gestern hörte ich, wie sie ihren Vater mehrfach ermahnte: „Nicht zu Mama ins Büro gehen!“ Außerdem gibt es eine Küsschen- und-Kaffee-Flatrate. So kann man arbeiten.

Gummibärchen als Betthupferl

Frau Luckai öffnet Zimmer Nr. 10. Mein Blick fällt zunächst auf das Bett inklusive Gummibärchen-Betthupferl und dann auf den Fernseher. Schlafen? Frühstücksfernsehen? „Was Sie hier machen, ist Ihnen überlassen“, sagt Ute Luckai und zieht sich diplomatisch zurück.

Natürlich bin ich zum Arbeiten da. Ich stöpsel also meine Technik ein. Laptop, Kopfhörer, Handy (meine Nabelschnur zur Außenwelt in diesen Tagen), Block, Stift. Auf dem Schreibtisch steht noch ein Brett mit festgeklebtem Tacker, Locher und Tesa-Roller, das hat Frau Luckai extra aus einem Lager hervorgezaubert („Früher brauchte man das.“). Ich muss an den Beamten-Dreikampf denken: Tackern, Lochen, Abheften… Darf ich als Beamtentochter diese Witze machen? Nicht, dass es wieder Beschwerden gibt.

Videokonferenz mit den Kollegen

Das Hotelzimmer wird zum Hotel-Office.
Das Hotelzimmer wird zum Hotel-Office. © Ilka Trudewind

Das Handy bimmelt. Videokonferenz mit den Kollegen. Anerkennende Worte für mein terracotta-farbenes Büro auf Zeit. Zusammen mit meinem Blümchenkleid bin ich der Farbtupfer dieses „Calls“ – so sagt man ja heute zu wichtigen Anrufen. Die Ausgabe ist schnell geplant.

Und schon sitze ich in einem Interview mit André Wiese und Franz-Philipp Kersting. Beide erzählen mir von ihrer Aktion „Kochen für Helden“ und die Sorgen der Gastronomen. Ihre Betriebe haben Kurzarbeit angemeldet, ebenso wie meine heutigen Gastgeber im Hotel Luckai. Es ist ungewohnt für einen Reporter, dass Geschäftsleute so offen über das sensible Thema Finanzen sprechen. Wahrscheinlich, weil es derzeit alle trifft. Unverschuldet.

Kersting baut um, Wiese streicht die Terrasse, Luckai schrubbt Fliesenfugen

Das Hotel Luckai hat den staatlichen 15.000-Euro-Zuschuss für kleine Betriebe beantragt und musste 450-Euro-Kräfte entlassen. Vorsorglich, weil niemand weiß, wie lang die Schließung dauern wird, und dieser Lohn weiter gezahlt werden müsste. Dem Schreiben steckte jedoch eine persönliche Notiz bei: Mach dir bitte keine Sorgen. Alles wird gut. In ihrer Einstellung ähneln sich die Gastronomen: Diese anpackende Art, der Humor, keiner klagt.

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„Wir können es doch nicht ändern. Es geht allen gleich“, sagte Gastronomin Ute Luckai. Alle nutzen die Zeit. Kersting baut um, Wiese streicht die Terrasse, Luckai schrubbt Fliesenfugen. Später wird die Hotelchefin mir ein Vorher-Nachher-Bild zeigen. Das Ergebnis ist beeindruckend. Eventuell muss ich mir diese Maschine mal ausleihen. Ich habe ja jetzt Zeit…

Blick auf den Küppel, Wofi-Leuchten und Käferholz

Das Hotel Luckai in Freienohl.
Das Hotel Luckai in Freienohl. © Ilka Trudewind

An Geschäftskunden dürfen Hotels weiter vermieten. Aktuell wohnt nur ein Apotheker im Hotel Luckai. Ansonsten herrscht wirklich gespenstige Ruhe. Von meinem Arbeitszimmer blicke ich auf den Küppel, Wofi-Leuchten und Käferholz. Das Telefon klingelt: „Möchten Sie Kaffee oder Tee?“ Was für ein Service. Fast wie zu Hause. Nur ohne Küsschen.

Ich schreibe konzentriert meinen Block leer, bin im Schreibfluss (Ich liebe diesen Moment!). Keine Ablenkung. Es klingelt. „Ist alles ok bei Ihnen?“, fragt Frau Luckai besorgt. Ich schaue auf die Uhr. Oh. Wir waren vor 30 Minuten zum Interview verabredet. In dieser Ruhe habe ich völlig die Zeit vergessen. Ute Luckai: „Na, das ist doch ein gutes Zeichen.“

Das Fazit fürs Hotel-Office

Mein Fazit: Wer ungestört arbeiten möchte, (oder auch das Bedürfnis hat, mal wieder in Jeans ins Büro gehen zu wollen), ist im Hotel Luckai sehr gut aufgehoben. Weil ich verwöhnt bin (s. oben) würde ich das nächste Mal allerdings meinen Bildschirm und die externe Tastatur mitbringen. Mit der Buchung tut man gleichzeitig einem heimischen Betrieb etwas Gutes. Ute Luckai: „Wir freuen uns momentan wirklich über jeden Euro, der reinkommt.“

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>>> Weitere Informationen:

- Kosten: 4 Stunden kosten 29 Euro, 6 Stunden 39 Euro, Ganztags 49 Euro und eine Woche 219 Euro.

- W-Lan, Kaffee und Wasser inklusive.

- Donnerstag bis Sonntag bietet das Hotel Luckai auch Speisen außer Haus an. Bestellungen unter 0160/91450302. Donnerstag bis Samstag von 16-18 Uhr bestellen, Abholung von 18 bis 20 Uhr. Sonntags bestellen zwischen 10 und 12 Uhr, Abholung von 12 bis 14 Uhr. Lieferung auf Anfrage. Die Speisekarte gibt es online unter www.hotel-luckai.de/