Meschede. Hamsterkäufe, Beleidigungen, so etwas wie Endzeitstimmung – Landrat Dr. Karl Schneider aus Meschede nimmt in der Corona-Krise auch das wahr.

Die Kreisverwaltung in Meschede kümmert sich federführend um die Bewältigung der Corona-Krise im Hochsauerlandkreis. Es gibt auch Schattenseiten und Probleme. Landrat Dr. Karl Schneider nimmt Stellung.

„Die gute Kinderstube nicht vergessen“

Der Leiter des Krisenstabes weist auf Beleidigungen der Mitarbeiter an der Corona-Hotline und in der Verwaltung hin. Schon nach einer Woche liegen die Nerven offenbar blank: Wie soll das weitergehen?

Dr. Karl Schneider: Diese für uns ungewohnte Situation ist für alle Menschen schwierig. Das gilt für mich persönlich, für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die gesamte Bevölkerung.

Landrat Dr. Karl Schneider leitet nicht nur die Kreisverwaltung, sondern auch die Kreispolizeibehörde in Meschede. Er appelliert, über soziale Medien nicht zu polarisieren. Er stellt fest: „Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, mit der viele Menschen nicht umgehen können.“
Landrat Dr. Karl Schneider leitet nicht nur die Kreisverwaltung, sondern auch die Kreispolizeibehörde in Meschede. Er appelliert, über soziale Medien nicht zu polarisieren. Er stellt fest: „Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, mit der viele Menschen nicht umgehen können.“ © Jürgen Kortmann

Wir sollten aber unsere gute Kinderstube nicht vergessen und Verständnis für die momentane Lage von anderen Menschen haben. Beleidigungen helfen niemandem weiter. Die Kreisverwaltung hält den Dienstbetrieb soweit wie möglich aufrecht und ich möchte mich an dieser Stelle auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür herzlich bedanken, die vielfach weit über ihrem Limit arbeiten.

In den sozialen Medien gibt es schon eine Polarisierung: Da werden zum Beispiel Leute angefeindet, die jetzt noch draußen sind. Wie glauben Sie, entwickelt sich jetzt das geistige Klima in der Krise?

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Dazu habe ich deutlich Stellung genommen im Fall der Familie der ersten bestätigten Erkrankung im Hochsauerlandkreis und dem Umgang mit ihr in den sogenannten Sozialen Medien und auch persönlich.

Die vielen positiven Reaktionen auf meinen Appell machen mich aber optimistisch, dass Solidarität bei uns noch großgeschrieben wird. Das zeigen auch die vielen Initiativen, die kreisweit ins Leben gerufen werden, um beispielsweise Erkrankten zu helfen, die sich nicht allein versorgen können. Das ist das, was wir jetzt benötigen: Gemeinschaft, Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt. Anfeindungen jeglicher Art sind fehl am Platze.

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

„Rational nicht erklärbar“

Verstehen Sie die Menschen, die Hamsterkäufe erledigen?

Rational ist das nicht erklärbar, emotional schon eher. Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, mit der viele Menschen nicht umgehen können. Deshalb müssen die verantwortlichen Politiker, aber auch die Medien deutlich machen, dass Supermärkte und Apotheken die Bevölkerung weiterhin versorgen werden. Ich finde es richtig, wenn beispielsweise Supermärkte einzelne Artikel nur noch begrenzt in haushaltsüblichen Mengen verkaufen. Egoismus Einzelner hat hier nichts verloren.

Müsste es Ihrer Meinung nach eine komplette Ausgangssperre geben?

Das ist eine ganz schwierige Entscheidung. Wenn sich die Bevölkerung an die Vorgaben, soziale Kontakte nur noch auf das absolut notwendige Mindestmaß zu beschränken, halten würde, dann wäre eine Ausgangssperre zu vermeiden.

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Welche Sorgen machen Sie sich um die heimische Wirtschaft? Sind Gastronomie und Einzelhandel nicht in ihrer Existenz bedroht?

Natürlich sorge ich mich um die heimische Wirtschaft. Gerade die Gastronomie und der Einzelhandel leiden unter großen Schwierigkeiten. Aber auch die Produktion in unseren mittelständischen Unternehmen ist bedroht. Die HSK-Wirtschaftsförderung steht deshalb im engen Austausch mit den kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaften. Fördermöglichkeiten werden kommuniziert und auch unter www.wfg-hsk.de veröffentlicht.

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„Wir werden die Corona-Krise meistern“

Es kommt gerade ein wenig eine Endzeitstimmung auf: Teilen Sie die?

Nein, das passt nicht zu mir. Das ganze Land und auch der Hochsauerlandkreis werden momentan entschleunigt. Wer weiß, wozu das noch gut sein wird. Wir müssen uns derzeit auf die wirklich wichtigen Dinge des Lebens konzentrieren. Hoffentlich hält das nach der Corona-Krise auch noch lange an. Wir sind eben keine reine Spaßgesellschaft. Schaffen wir Corona – oder schafft Corona uns? Wir werden die Corona-Krise meistern. Auch in dieser Krisensituation werden die Menschen zusammenrücken und für die Zukunft daraus lernen. Das hat die Vergangenheit ja immer wieder gezeigt.

Coronavirus: Richtiges Verhalten bei Infektionsverdacht

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