Velmede. Der Schulleiter aus Velmede bei Bestwig ist gerade dabei, auf YouTube Kultstatus zu erreichen. In der Corona-Krise geht er täglich auf Sendung.

Eigentlich war das so gar nicht geplant, aber in Zeiten von Corona ist diese Geschichte umso schöner: Der Leiter der Velmeder Andreas-Grundschule ist gerade auf dem besten Weg, mit seinem YouTube-Kanal Kultstatus zu erreichen. Bei seinen Schülerinnen und Schülern hat er den ganz sicher schon. Seit der verordneten Schulschließung machen die täglichen Videos von Matthias Risse nicht nur gute Laune. Sie vermitteln den Jungen und Mädchen ein großes Wir-Gefühl - und genau das war der Plan in dieser schwierigen Zeit.

Schon mehr als 200 Abonnenten

Matthias Risse, Leiter der Grundschule Velmede, singt mit seinen Schülern oder gibt Basteltipps.
Matthias Risse, Leiter der Grundschule Velmede, singt mit seinen Schülern oder gibt Basteltipps. © WP Meschede | Frank Selter

168 Kinder werden an der Schule unterrichtet - wenn sie nicht wegen Corona geschlossen ist. Dass der Kanal inzwischen aber bereits mehr als 200 Abonnenten hat und die Videos zum Teil 400 Mal angeklickt worden sind, zeigt: Das Interesse an „ Andys Online Schule “ geht deutlich über die Grenzen des Schulhofs hinaus. Unter anderem sitzen inzwischen auch Mütter von Risses Kolleginnen und Großeltern der Schüler begeistert vor dem Rechner, um sich anzuschauen, was der Grundschulleiter sich diesmal wieder hat einfallen lassen.

Basteltipps

Da wird gemeinsam gesungen und gerätselt. Es gibt Basteltipps. Es geht um die Ansprache der Kanzlerin und es gibt Aufrufe zum Mitmachen. Sogar die Eltern beteiligen sich inzwischen mit Beiträgen: So hat ein Vater mit seinen Kindern als Darstellern einen drolligen Film gedreht, den Risse ebenfalls schon in seiner Sendung gezeigt hat - ebenso wie die Fotos, die ihm Eltern und Kinder aus den Corona-Ferien geschickt haben. Auch kleine Lerndiktate gibt es zwischendurch - mit 230 Klicks. „Das erreiche ich in der Schule nicht“, sagt Risse und lacht. Aber viel wichtiger als das Lernen, sei in dieser Zeit eben das „Wir-Gefühl“. Und es gehe darum, dem Tag seiner Schülerinnen und Schüler trotz der Schulschließung eine gewisse Struktur zu geben. „Nichts ist beruhigender als das“, sagt Risse.

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Genau deshalb geht er jeden Morgen um Punkt 9 Uhr auf Sendung - live und mit durchaus technischem Aufwand. Zwei Kameras, vier Scheinwerfer und ein Keyboard sind nur ein Teil dessen, was Risse für jede seiner Sendungen auffährt. Mit der technischen Vorbereitung über eine Software am Vorabend steckt hinter den Videos richtig Arbeit. Dazu gehört auch das Aussperren der Sonne mit Hilfe einer großen Pappe am Fenster. „Ich sitze ein bisschen hier, wie ein Vampir, der das Tageslicht scheut“, sagt Risse und lacht. Inzwischen habe er vor Beleuchtern riesigen Respekt.

Die positiven Rückmeldungen der Eltern sind Risse fast peinlich. Denn: „Letztlich machen wir Lehrer im Moment ja nur das, was das Ministerium vorgegeben hat: Wir erfüllen unsere Aufgaben von Zuhause aus“. Und das machten auch all seine Kolleginnen und Kollegen mit großer Brillanz. All die mühevoll gebastelten Collagen und Geschichten seien ja nicht nur Arbeitsblätter, die man mal eben über den Kopierer geschoben habe.

Überraschung in den Ferien

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Bis zu den Ferien wird Risse von montags bis freitags pünktlich um 9 Uhr gemeinsam mit den Kindern in den Tag starten. Aber auch in den Ferien soll „Andys Online Schule“ auf Sendung gehen. Denn auch dann laufe für viele Familien das Leben ja nicht wieder normal. „Man darf nicht verreisen, man sollte nicht Oma und Opa besuchen.“ Deswegen hat sich Risse vorgenommen, auch in den Osterferien ab und an - möglicherweise alle zwei Tage - mal etwas Besonders einzustellen.

Dann allerdings nicht live um 9 Uhr, sondern als vorbereitete Videos. Was das sein könnte? Auch hier hat Risse schon bezaubernde und herzerfrischende Ideen, die die Kinder über den möglicherweise ausgefallenen Osterurlaub hinweg trösten sollen. Viel mehr will er aber noch nicht verraten. Ein bisschen Überraschung und Spannung muss ja schließlich sein!

Wie sollten Eltern gegenüber ihren Kindern mit dem Thema Corona umgehen?

Auch das wollten wir von Schulleiter Mattias Risse wissen. Er empfiehlt eine „Doppelstrategie“. „Kinder haben eine sehr feine Antenne dafür, ob man ihnen irgendetwas erzählt, um sie zu beruhigen oder ob man tatsächlich hinter dem steht, was man sagt“, weiß Risse. Ein offener Umgang mit der Situation sei wichtig. Dazu gehörten auch mal Antworten wie „Das weiß ich nicht, aber das kriegen wir noch raus“, wenn es um die Frage gehe, wie es nun mit dem geplanten Sommerurlaub aussehe. Außerdem sei es wichtig, bei Kindern den permanenten Ausnahmezustand zu unterbrechen und zu signalisieren, dass man der aktuelle Lage durchaus auch positive Seiten abgewinnen könne - etwa, die Tatsache dass man jetzt zum Beispiel auch mal an einem Mittwochmorgen gemeinsam „Mensch ärgere dich nicht spielen“ könne.

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„Außerdem würde ich empfehlen, das Kind auch mal nach seiner eigenen Befindlichkeit und seiner eigenen Meinung zu fragen“, so Risse. „Kinder haben ein sehr reiches Gefühlsleben und die außerordentliche Eigenart, Dinge auf den Punkt zu bringen.“ Wer eine ernsthafte Rückmeldung haben wolle, ob er abnehmen sollte, müsse nur mal einen Grundschüler fragen. „Dann gibt es eine Expertise, die sich gewaschen hat“, sagt Risse und lacht.

Kurzum: Es sei wichtig, mit Offenheit an die Dinge heranzugehen, aber eben nichts zu dramatisieren, Normalität zu spiegeln und die Kinder mit einzubinden. Das sei eine Kombi, die sich immer empfehle - nicht nur in Zeiten von Corona.